Komorbiditäten bei Psoriasis

Kira Süßmuth. Psoriasis geht über die Hautveränderungen hinaus oft mit anderen Krankheiten einher. Auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein. Zu den Komorbiditäten zählen u. a. das metabolische Syndrom, Gelenk- und Augenentzündungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und Depressionen. Eine ganzheitliche Behandlungs- und Betreuungsstrategie ist essenziell. Digitale Lösungsansätze können sowohl die Betroffenen als auch die Behandelnden beim Beobachten des Krankheitsverlaufs unterstützen.

Zitierweise: HAUT 2024;35(2):58-60.

Psoriasis ist eine entzündliche Erkrankung, welche neben Hautveränderungen mit einer Reihe von anderen Krankheiten einhergehen und Komplikationen bzw. Folgeerkrankungen verursachen kann. Die Psoriasis kann daher als systemisches Krankheitsbild verstanden werden1,2. Auch Kinder und Jugendliche können von diesen Komorbiditäten und Komplikationen betroffen sein3. Zu den Komorbiditäten gehört das metabolische Syndrom mit Übergewicht, Hypertonie, Hyper­lipidämie, nichtalkoholischer Fett­leber und Hyperglykämie4. Das metabolische Syndrom erhöht das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln.

Außerdem können eine Arthritis, Uveitis, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sowie psychiatrische Erkrankungen mit einer Psoriasis assoziiert sein.

Fallbeispiel zeigt: Interdisziplinäres Vorgehen ist essenziell.

Ein 40-jähriger Patient stellt sich in der Kardiologie mit einem Herzinfarkt vor. Er wird mit einem Stent und Gerinnungshemmern behandelt und soll sich nach seinem Krankenhausaufenthalt bei seinem Hausarzt vorstellen. Er berichtet dem Hausarzt, dass er außerdem aktuell wieder vermehrt Gelenkschmerzen in den Fingergelenken habe. Die Haut sei weiterhin im Rahmen einer bekannten Psoriasis stark schuppend. Er muss besonders im Winter besonders viel cremen. Im Krankenhausbericht wird auf erhöhte Blutfettwerte und einen Bluthochdruck hingewiesen. Der Hausarzt wundert sich über diese Werte, da der Patient zwar groß und kräftig, aber nicht stark übergewichtig ist. Er kontaktiert eine befreundete Dermatologin mit der Bitte, die Haut mitzubehandeln. Die Dermatologin erklärt am Telefon, dass sie einen Zusammenhang der Gelenkbeschwerden, der erhöhten Blutfettwerte und des Herzinfarkts mit der Schuppenflechte sieht. Sie diagnostiziert eine moderate bis schwere Psoriasis und leitet schließlich eine Systemtherapie mit einem Biologikum ein. Dadurch erhofft sich die Dermatologin auch einen Effekt auf die systemische Entzündung, einschließlich einer positiven Wirkung auf die Gelenke. Sie überweist den Patienten außerdem in eine rheumatologische Sprechstunde.

Diese Kasuistik verdeutlicht die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Betreuung von Psoriasispatientinnen und -patienten. Sie zeigt auch, dass diese Patientengruppe eine engmaschige Betreuung und frühzeitige Diagnostik benötigt, um Komplikationen und Komorbiditäten rechtzeitig zu erkennen und bestenfalls vorzubeugen.

Das Screening auf Komorbiditäten bei Psoriasis ist bislang noch nicht in der klinischen Routine voll etabliert. Es sollte aber insbesondere bei Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen erwogen werden. In diesem Fallbeispiel hätte die regelmäßige Kontrolle der Blutfettwerte in Kombination mit körperlicher Aktivität, einer ausgewogenen Ernährung und ggf. Einnahme von Lipidsenkern dem Herzinfarkt vorbeugen können. Außerdem sind Eigenkon­trollen des Blutdrucks für diese Patientinnen und Patienten sinnvoll.

Kasuistik zeigt: Psychische Aspekte und Einschränkungen bei Arbeit und Freizeit nicht vernachlässigen!

Zu den körperlichen kommen psychische Belastungen, unter anderem aufgrund eines starken Schamgefühls der Betroffenen. So leidet eine 42-jährige Friseurin an Psoriasis. Die Hautprobleme hindern sie daran, sich mit ihren Kindern im Schwimmbad zu vergnügen. Sie schämt sich sehr für ihre Haut und wird häufig gefragt, ob sie ansteckend sei. Zuletzt entwickelten sich Hautveränderungen an den Händen, begleitet von Gelenkschmerzen in Fingern und nächtlichem Schmerz im unteren Rücken. Die Beschwerden führen zu wiederholten Krankmeldungen und die Frau befürchtet, ihren Beruf nicht mehr lange ausüben zu können.

Die möglichen physischen und psychischen Belastungen verdeutlichen die notwendige umfassende medizinische und berufliche Unterstützung. Die Lebensqualität von Psoriasispatientinnen und -patienten ist unabhängig von der Lokalisation der Hautveränderungen eingeschränkt5. Die eingeschränkte Lebensqualität wird auch bei der Therapieentscheidung in den Leitlinien berücksichtigt1-3.

Psoriasis

Formen

  • Plaquepsoriasis
  • kleinfleckige Psoriasis (Psoriasis guttata), die häufiger bei Kindern auftritt
  • Psoriasis palmoplantaris
  • Psoriasis pustulosa
  • Psoriasis inversa
  • Nagelpsoriasis 

Prädilektionsstellen

  • Über den Knien und Ellbogen
  • Streckseite von Armen und Beinen
  • Bauchnabel
  • Pofalte 
  • Kopfhaut und hinter den Ohren 

Komorbiditäten

  • Arthritis
  • Uveitis
  • Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen 
  • metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Hypertonie, Hyperlipidämie, nichtalkoholischer ­Fettleber und Hyperglykämie
  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen 
  • psychiatrische Erkrankungen

Therapieoptionen 

  • topisch: Kortikosteroide und Vitamin-D-Analoga
  • Lichttherapie: UV-B (inbesondere Schmalband-UV-B), (PUVA)
  • systemisch: Small Molecules, TNF-alpha-Inhibitoren, Anti-IL-12/ 23p40, Anti-IL-17, Anti-IL-23

Erschwerte Diagnostik bei Kindern

Ähnlich ist die Situation bei Kindern. Die Diagnosestellung kann sehr schwierig sein, da die Psoriasisherde bei Kindern oft anders aussehen als bei Erwachsenen; sie können mit Neurodermitis oder anderen entzündlichen Hauterkrankungen verwechselt werden3. Ist die Diagnose jedoch gestellt, sollten immer auch Komorbiditäten mitbedacht werden. Die nordamerikanische PeDRA (Pediatric Dermatology Research Alliance) und NPF (National Psoriasis Foundation) haben zuletzt eine Empfehlung zum Screening von Komorbiditäten für Kinder und Jugendliche mit Psoriasis formuliert6.

Um ein solches Screening ab dem Kindesalter durchzuführen, benötigt es viel Zeit und Erfahrung im Umgang mit diesem Erkrankungsbild. Die Patientinnen und Patienten und ihre Eltern müssen ausführlich aufgeklärt werden, welche Maßnahmen regelmäßig erfolgen sollten und wie sie ihren Lebensstil optimieren können. Außerdem müssen Fachärztinnen und -ärzte für Dermatologie, Pädiatrie, Ophthalmologie, Rheumatologie, innere Medizin und Psychologie zu den Komorbiditäten und möglichen präventiven Maßnahmen geschult werden.

Fazit

Die Erfahrungen aus dem klinischen Alltag und die Erkenntnisse aus der Forschung zeigen, dass eine ganzheitliche Herangehensweise bei der Behandlung der Psoriasis nötig ist. Die Zeit im Rahmen einer gewöhnlichen dermatologischen Sprechstunde ist oft knapp und wird den zum Teil komplexen Bedürfnissen der Betroffenen oft nicht gerecht. 

Moderne Medikamente können die Therapie der Psoriasis jedoch durch eine gute Wirksamkeit und rasches Ansprechen vereinfachen und Komorbiditäten und Komplikati­onen vorbeugen bzw. mitbehandeln.

Ein weiterer Lösungsansatz sind digitale Helfer. Die Sorea-App von Nia Health bietet eine digitale medizinische Lösung an, sowohl für Menschen mit Psoriasis als auch für Ärztinnen und Ärzte. Durch schriftliche und bildliche Dokumentation können Betroffene und Behandelnde Muster im Krankheitsverlauf über die Zeit hinweg identifizieren. Das erleichtert die Zusammenarbeit und kann zu rascheren Behandlungerfolgen beitragen. Die App nutzt klinisch validierte Metriken wie den DLQI, um subjektive Wahrnehmungen standardisiert und über einen längeren Behandlungszeitraum beobachten zu können.

Literatur

1. Nast A et al. Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm – Teil 1: Therapieziele und Therapieempfehlungen. J Dtsch Dermatol Ges. 2021.
2. Nast A et al. Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm – Teil 2: Therapiemonitoring, besondere klinische Situationen und Komorbidität. J Dtsch Dermatol Ges. 2021.
3. AWMF-S2k-Leitlinie (013-094). Therapie der Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen.
4. Hao Y, Zhu YJ, Zou S et al. Metabolic Syndrome and Psoriasis: Mechanisms and Future Directions. Front Immunol. 2021;12:711060.
5. Nabieva K, Vender R. Quality of Life and Body Region Affected by Psoriasis: A Systematic Review. Actas Dermosifiliogr. 2023;114(1):33-38.
6. Osier E, Wang AS, Tollefson MM et al. Pediatric psoriasis comorbidity screening guidelines. JAMA Dermatol. 2017 Jul 1;153(7):698-704.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Kira Süßmuth
Medical Advisor bei Nia Health;
Oberärztin, Fachärztin, Klinik f. Dermatologie u. Allergol.;
Helios Klinikum Berlin-Buch
via Nia Health GmbH, Nicole Eberhart
E-Mail: nicole.eberhart(ett)nia-medtech.com

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