Mit körperlicher Aktivität gegen die Psoriasis?

Merle Twesten. Psoriasis schränkt die Betroffenen auf verschiedene Weisen ein. Dazu zählen neben den physischen Auswirkungen wie rieselnde Schuppen, Juckreiz und Brennen meistens auch eine verminderte Lebensqualität sowie die soziale Stigmatisierung. Aber auch die Fitness der Betroffenen leidet. Bekannt ist bereits, dass eine geringe körperliche Fitness ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und/ oder Stoffwechselstörungen birgt. Bisher wenig untersucht ist jedoch der Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und Psoriasis. Beeinflusst Bewegungsmangel vielleicht sogar das Auftreten einer Psoriasis? Ein Blick in aktuelle Studien.

Zitierweise: HAUT 2022;33(2):82-83.

Die kardiorespiratorische Fitness (CRF), auch Herz-Lungen-Fitness genannt, gibt an, wie gut das Herz-Kreislauf-System die Muskeln mit Sauerstoff versorgt, beispielsweise bei einer kontinuierlichen körperlichen Aktivität wie dem Laufen. Gemessen werden kann der Wert auf unterschiedliche Weisen, er umfasst dabei die Werte von Puls, Blutdruck und Laktat­gehalt. Angegeben wird der Wert meistens in Prozent oder als Milliliter Sauerstoff, der in einer Minute pro Kilogramm Körpergewicht verbraucht wird (VO2max-Wert). Wichtig dabei: Die CRF sollte nicht mit körperlicher Aktivität oder Sport selbst verwechselt werden, wenngleich jegliches Training den VO2max-Wert verbessern kann. Ein hoher CRF-Wert hat – abhängig von Dauer und Intensität der Aktivität – positive Auswirkungen auf verschiedene Gesundheits­aspekte, wohingegen niedrige Werte das Risiko erhöhen, an koronarer Herzkrankheit, Darmkrebs oder Diabetes zu erkranken. 

Die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen CRF-Wert und dem Auftreten von Psoriasis gibt, stellten sich auch schwedische Forschende und führten eine retrospektive Kohortenstudie durch. Die untersuchten Daten bezogen sich auf 1,2 Millionen junge schwedische Männer, die zwischen 1968 und 2005 zum Militärdienst eingezogen wurden. Anhand der Körperwerte ihrer Eignungs­untersuchung bestimmten die Forschenden die CRF: 3,9 % der Teilnehmer hatten eine niedrige, 54,0 % ein mittlere und 42,0 % eine hohe CRF. Ein jeweils 13 Jahre später errechneter CRF-Wert wurde anschließend herangezogen, mit dem Wert der Eignungsuntersuchung verglichen und geschaut, ob die Männer in der Zeit eine Psoriasis entwickelt haben. Im erwähnten Nachbeobachtungszeitraum von 13 Jahren trat bei 1,9 % der untersuchten Personen erstmalig Psoriasis auf. Dieser Wert liegt zwar deutlich unter der Gesamtprävalenz in Schweden von 2,9 bis 3,4 %, doch muss beachtet werden, dass in der Studie lediglich Daten von jungen Männern betrachtet wurden. Hauptsächlich von Psoriasis betroffen waren diejenigen, die einen niedrigen CRF-Wert hatten; pro 100.000 Personen wurde bei 52,8 Personen mit hoher CRF eine Psoriasis diagnostiziert, bei 59,7 mit mittlerer CRF und bei 76,9 mit niedriger CRF. Aus Sicht der schwedischen Forschenden scheinen niedrige CRF-Werte also tatsächlich einen Risikofaktor darzustellen, an Psoriasis zu erkranken. 

Ähnliche Ergebnisse konnte eine US-amerikanische Studie mit 32.910 älteren (55 bis 69 Jahre alt) weißen Frauen ermitteln: Von den Frauen, die nicht unter einer Psoriasis litten (97,8 %), gaben 42,1 % an, sich regelmäßig körperlich zu betätigen; wohingegen nur 36,3 % der Frauen, die an einer Psoriasis erkrankt waren (2,2 %), angaben, sich regelmäßig körperlich zu betätigen. Leider wurde in der Studie nicht verraten, was oder wie viel eine regelmäßige sportliche Betätigung umfasst. 

Auch eine weitere US-amerikanische, interviewgestützte Vergleichsstudie mit 1.095 Teilnehmern (beide Geschlechter zwischen 20 und 59 Jahren vertreten) kann diese Ergebnisse untermauern: Im Mittel weisen Menschen mit Psoriasis eine niedrigere kardio­respiratorische Fitness auf als Menschen ohne Psoriasis (VO2max: 36,2 vs. 39,1), sind also körperlich weniger fit. 

 

Niedrige CRF führt zu Psoriasis? 

Von Bedeutung beim Vergleich der drei Studien ist, dass sie zum gleichen Ergebnis kommen: CRF-Werte und Psoriasis stehen im Zusammenhang. Dieser besteht in einem vermehrten Auftreten von Psoriasis und gleichzeitig nied­rigen CRF-Werten. Man darf an dieser Stelle jedoch nicht außer Acht lassen, dass die Studien vom Aufbau her sehr unterschiedlich sind und sich somit nur schwer vergleichen lassen; sie gingen methodisch unterschiedlich vor und fokussierten sich auf unterschiedliche Altersgruppen und Geschlechter. 

Im Fall der schwedischen Studie sollte auch beachtet werden, dass es schwerer ist, eine eindeutige Psoriasisdiagnose zu stellen, wenn der Patient nur unter einer leichten Erkrankung leidet und beispielsweise gerade die typischen äußerlichen Merkmale nicht unbedingt in Erscheinung treten. Somit ist es wahrscheinlicher, dass eine niedrige CRF bei Patienten mit nicht diagnostizierter Psoriasis auf die Erkrankung zurückzuführen sein könnte. Der Prozentanteil der Psoriatiker, die eine niedrige CRF haben, wäre damit noch etwas höher. Ebenfalls berücksichtigt werden muss, dass sich innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes von 13 Jahren nicht nur Mess- und Diagnosemethoden, sondern auch Lebensumstände und Gesundheitsversorgung geändert haben können. Denn das Spektrum des Beobachtungszeitraums reicht von den späten 1960er- bis in die frühen 2000er-Jahre. Ein Quantensprung für jede technologische Entwicklung, gerade auch in der Medizin. 

Zudem gibt es zahlreiche Faktoren, die die CRF auf andere Weise hätten beeinflussen können. Hierzu zählen zum Beispiel Stress, Rauchen, Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum oder die Einnahme von Medikamenten: Ein gänzlich ungesunder Lebensstil führt unweigerlich zu einer schlechteren körperlichen Leistungsfähigkeit – und muss natürlich nicht zwangsläufig auf eine Psoriasis zurückgeführt werden. Unklar bleibt auch, welche positiven Auswirkungen ein hoher CRF-Wert hat oder ab welchem Schwellenwert diese eintreten. In der Diskussion stehen dabei eine veränderte Fettverteilung, eine geringere Entzündungslast und ein niedrigerer Blutdruck sowie vorteilhafte Veränderungen der Blutfette und des Blutzuckerspiegels. 

Gerade die geringere Entzündungslast könnte bei einer Autoimmunkrankheit wie Psoriasis eine entscheidende Rolle im Krankheitsverlauf spielen und sich positiv auswirken. Aber wo ist hier die Grenze? Und wie viel muss man dafür tun? 

Fazit

Ob mehr körperliche Aktivität das Auftreten von Psoriasis gänzlich verhindert, kann zwar nicht bestätigt werden, aber die erwähnten Studien deuten darauf hin. Wer sich sportlich betätigt und einen gesunden Lebenswandel pflegt, verringert sein Risiko, an Psoriasis zu erkranken. Übrigens auch an anderen Erkrankungen. In diesem Sinne: Gehen Sie mal wieder raus an die frische Luft! 

Merle Twesten, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Mit freundlicher Genehmigung  des PsoNet-Magazins.

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Mehr Versorgungsqualität durch Vernetzung: Immer mehr regionale Psoriasis-Netzwerke schließen sich bundesweit mit Unterstützung von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) unter dem Namen PsoNet zusammen. 

In den regionalen Netzen arbeiten dermatologische Praxen und Kliniken bei der Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis zusammen. Das Netz steht allen Dermatologen und ihren Kooperationspartnern offen. Der kontinuierliche fachliche Austausch, die einheitliche Implementierung der S3-Leitlinie und ein kontinuierliches Qualitätsmanagement sichern eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. 

Fachärzte für Dermatologie gründen regionale Psoriasisnetze eigenständig; sie verwalten und koordinieren Maßnahmen wie regionale Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen. Für Gründung und Gestaltung der Praxisnetzwerke hat die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) in Zusammenarbeit mit dem Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) einen Katalog von Qualitätskriterien erarbeitet. Das CVderm unterstützt die beteiligten Praxen und Kliniken durch koordinierende, moderierende und evaluierende Maßnahmen auf regionaler und bundesweiter Ebene. 

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