39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie: Neue Therapieverfahren vor Anwendung sorgfältig prüfen

Vom 27.-30. September fand in Osnabrück die 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) statt. Das Motto der Veranstaltung lautete „Holistic Vascular Care“, denn die komplexe Natur vaskulärer Erkrankungen erfordert eine interdisziplinäre und ganzheitliche Herangehensweise, die die verschiedenen Versorgungsstrukturen miteinander verknüpft.

ZITIERWEISE: VASOMED 2023; 35(5): 207

Prof. Jörg Heckenkamp (Osnabrück), Präsident der DGG und Kongresspräsident 2023, rechnet mit maßgeblichen Veränderungen in Medizin und Forschung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sich wandelnde sozio-ökonomische Rahmenbedingungen wie den Fachkräftemangel, aber auch durch die digitale Transformation. „Wir erleben, dass Robotik, Künstliche Intelligenz und virtuelle Realität im Gesundheitswesen immer mehr Einzug halten. Das Thema Patientensicherheit bleibt dabei aber im Fokus“, betont er. 

In Deutschland werden mehr als eine Million Menschen wegen einer chronischen Wunde behandelt. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der steten Zunahme von Zivilisationserkrankungen wie Diabetes mellitus und Adipositas ist von einer steigenden Prävalenz auszugehen. „In mehr als zwei Dritteln der Fälle liegt einer chronischen Wunde eine Erkrankung des venösen, arteriellen oder lymphatischen Gefäßsystems zugrunde, sodass Gefäßmedizinern eine entscheidende Rolle in der Behandlung dieser Patienten zukommt“ sagte Dr. Thomas Karl, Bad Friedrichshall/Heilbronn. 

Häufig werde die ursächliche Erkrankung bei einer chronischen Wunde jedoch nicht erkannt, was das Leiden der Patienten verlängere. Wesentlich sei die Therapie der Grunderkrankungen, wie eine Revaskularisation bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK)), eine Kompression beim Ulcus cruris venosum (UCV) oder eine Druckentlastung beim diabetischen Fußsyndrom. Die Wirksamkeit dieser Therapien beruhe auf ausreichender wissenschaftlicher Evidenz, im Gegensatz zu Methoden der Lokaltherapie wie Fischhaut, Kaltplasma, Wachstumsfaktoren oder Hämoglobinspray. „Diese Methoden werden häufig eingesetzt, um die Wundheilung zu unterstützen“, so Dr. Karl. „Die Wirksamkeit hinsichtlich einer beschleunigten Wundheilung ist bei den meisten jedoch nicht bewiesen.“

Weiter und länger laufen mit Gehtraining

 Gute Evidenz gebe es bei schonenden, holistischen Therapieverfahren der PAVK wie dem Gehtraining, so PD Dr. Barbara Rantner, München. Die Therapie der PAVK erfolge medikamentös durch eine leitliniengerechte Einstellung des Bluthochdrucks und der erhöhten Blutfette (best medical treatment, BMT). „Für den Erfolg der medikamentösen Behandlung entscheidend sind auch Änderungen in der Lebensstilführung“, betont Dr. Rantner. „Für Betroffene empfiehlt sich eine Nikotin­entwöhnung sowie ein angeleitetes Gehtraining.“ Dass das Training die Mobilität der Patienten verbessert, sei durch groß angelegte Studien belegt. Patienten könnten so  länger und weiter laufen, ohne dass Schmerzen auftreten. Lässt sich die Mobilität der Erkrankten durch das Gehtraining nicht verbessern, stünden noch invasive Verfahren wie eine katheter-gestützte Gefäßdehnung oder offen-chirurgische Methoden zur Verfügung.

Auswirkungen des Klimawandels

Durch die steigenden Temperaturen in Folge des Klimawandels werden Gefäßerkrankungen in Zukunft wahrscheinlich häufiger auftreten und einen schwereren Verlauf nehmen. Besonders älteren Gefäßpatienten drohen infolgedessen Beeinträchtigungen des Bewusstseins, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe oder ein Kollaps. Es müssten deshalb Hitzeschutzpläne für Praxen und Kliniken etabliert werden, so 
PD Dr. Rolf Weidenhagen, München. Wichtig sei hier z. B. das Erkennen von Risikopatienten, das Überwachen der Trinkmengen, eine kontrollierte Flüssigkeitszufuhr, die regelmäßige Anpassung der Medikation sowie die Beratung der Patienten und Angehörigen. Ebenso müssten u. a. bauliche Veränderungen zur Abkühlung der Räume vorgenommen werden.

Quelle: Online-Pressekonferenz der DGG anlässlich der 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. am 27.09.2023.

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