Aktualisierte Leitlinie bakterielle Vaginose empfiehlt erstmals Antiseptika

Im letzten Jahr wurde die AWMF-Leitlinie zur bakteriellen Vaginose aktualisiert, neu strukturiert und von S1 auf S2k-Niveau erhöht.1 Damit wird der hohen Prävalenz der bakteriellen Vaginose Rechnung getragen. Zum ersten Mal wurden nun Antiseptika als Therapieoption aufgenommen.

Bei der bakteriellen Vaginose (BV) handelt es sich um die weltweit häufigste vaginale Erkrankung mit einer Prävalenz zwischen 23 % und 29 % bei sexuell aktiven Frauen.2 Ko-Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten werden durch sie begünstigt, ebenso weisen die Betroffenen ein erhöhtes Risiko für gynäkologische Komplikationen und Komplikationen während der Schwangerschaft auf. Problematisch ist auch, dass die Therapie oft versagt und es zu chronisch rezidivierenden Verläufen kommt.

Bei BV zeigen sich stark erhöhte Bakterienzahlen in Vaginalsekret, insbesondere von Gardnerella-­Spezies, sowie eine hohe bakterielle Diversität an anaeroben und fakultativ anaeroben Bakterienarten. Dadurch kommt es zu einer Verdrängung potenziell protektiver Laktobazillen. Als chronisch-rezidivierend gilt eine BV, wenn es zu mindestens drei Krankheitsepisoden pro Jahr kommt.

Ärztliche Diagnose vor Therapie

Weisen Frauen mit vulvovaginalen Beschwerden einen dünnflüssigen, homogen gräulichen Ausfluss (mit oder ohne Amingeruch) sowie einen alkalischen vaginalen pH-Wert auf, ist bei ihnen eine Untersuchung auf BV durch die Frauenärztin bzw. den Frauenarzt erforderlich. Die orientierende Diagnostik soll hierbei durch Anamnese, Klinik und den mikroskopischen Nachweis von Schlüsselzellen (clue cells) im Nativpräparat durchgeführt werden, ggf. auch mit Beurteilung der Amsel-Kriterien. Als Labordiagnostik empfiehlt die Leitlinie eine Gram-Färbung mit einer quantitativen Gegenüberstellung verschiedener Morphotypen im Sinne des Nugent-Scores.

Nach einer ärztlich gesicherten BV-Diagnose rät die Leitlinie, die Patientinnen mit oralem oder topischem Clindamycin oder Metronidazol zu behandeln. Als Alternative können lokale Antiseptika verordnet werden (s. Tab. 1). Schwangere Frauen mit symptomatischer BV, so die Leitlinie, sollen primär mit vaginalem Clindamycin oder alternativ mit Antiseptika therapiert werden. Bei einer chronisch-rezidivierenden BV wird zu einer Behandlung mit lokalen Antiseptika oder einer suppressiven Erhaltungstherapie mit topischem Metronidazol geraten, gefolgt von vaginalen Probiotika, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs zu reduzieren.

Tab. 1: First-line-Therapie­optionen bei bakterieller Vaginose1

Medikation 

Applikation 

Dosierung 

Dauer 

Clindamycin 

oral

300 mg (2 x täglich) 

7 Tage 

vaginal 

2 % Crème (1 x täglich) 

7 Tage 

vaginal 

100 mg-Ovula (1 x täglich) 

3 Tage 

Metronidazol 

oral 

500 mg (2 x täglich) 

7 Tage 

vaginal 

0,75 % Gel 
(5 g-Applikator, 1 x täglich) 

5–7 Tage 

vaginal 

100 mg Ovula (1 x täglich) 

6 Tage 

vaginal 

1 g Ovula (1 x täglich) 

2 Tage 

Antiseptische Therapiealternativen 

Dequaliniumchlorid 

vaginal 

10 mg (1 x täglich) 

6 Tage 

Octenidin 

vaginal 

an Tag 1 Sprühstoß 2 x, 
dann 1 x täglich 

7 Tage 

Povidon-Jod* 

vaginal 

1 Applikatorfüllung (1 x täglich) 

6–7 Tage

*Eingeschränkte Wirksamkeit. CAVE: Keine Anwendung während der Schwangerschaft 

Rezidivvorbeugung durch Milchsäure und Probiotika

Um Rezidiven vorzubeugen, scheinen Milchsäure und Probiotika geeignet zu sein und können nach der Therapie zur Regeneration der Laktobazillen-­Flora komplementär verwendet werden. Eine Partner­behandlung bei chronisch rezidivierenden Verläufen kann laut Leitlinie ggf. durchgeführt werden. Allerdings läge hierfür nur geringe Evidenz vor.

Die Leitlinie wurde unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften erarbeitet.

Literatur

1 S2k-Leitlinie Bakterielle Vaginose, Stand: 01.06.2023. AWMF-Reg.-Nr. 015-028. register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-028
2 Peebles K et al. Sexually transmitted diseases. 2019;46(5):304–11.

Katrin Breitenborn

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