Kann Digitalis die Kraft des Herzens erhöhen?

In Deutschland leiden bis zu vier Millionen Menschen an einer chronischen Herzinsuffizienz. Trotz beachtlicher Fortschritte in Prävention und Therapie ist die Herzschwäche immer noch einer der Hauptgründe für Krankenhausaufenthalte und eine der häufigsten Todesursachen. Ob Patienten mit Herzinsuffizienz, die zusätzlich zur Standardtherapie das Medikament Digitoxin bekommen, länger und besser leben, wird zurzeit in einer großen klinischen Studie untersucht.

Die DIGIT-HF Studie (DIGitoxin to Improve ouTcomes in patients with advanced chronic Heart Failure) läuft seit 2015 und wird noch bis 2024 weitergeführt, um die notwendige Gesamtzahl von etwa 1.700 Studienpatienten zu erreichen. 

„In der DIGIT-HF-Studie untersuchen wir insbesondere, ob Digitoxin in der Lage ist, die Herzschwäche-Symptome und das Überleben der Patienten merklich zu verbessern und als Option für diejenigen Patienten in Frage kommt, bei denen die Standardtherapie ausgereizt ist“, betont Studienleiter Prof. Dr. med. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Alternative zur Standardtherapie bei zusätzlich eingeschränkter Nierenfunktion

Herzwirksame Glykoside, eine Gruppe von Wirkstoffen, die im Fingerhut (Digitalis) vorkommen, steigern die Schlagkraft des Herzens. Diese Wirkung ist schon seit über 200 Jahren bekannt. Seitdem finden Digitalis-Präparate Anwendung in der Behandlung der Herzschwäche. Allerdings hat die Therapie mit Digitalis an Bedeutung verloren, weil inzwischen wirkungsvolle Medikamente entwickelt wurden wie Betablocker, ACE-Hemmer/Sartane, MRAs (Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonisten), die heute als Standardtherapie bei Herzschwäche gelten. Erst wenn diese Therapien ausgereizt sind, kommen Herzglykoside wie Digoxin oder Digitoxin zum Einsatz. 


„Manche Patienten vertragen die heutige Standardtherapie nicht. Viele Menschen mit schwachem Herzen haben eine deutlich eingeschränkte Nierenfunktion. Bei ihnen ist die Standardtherapie mit ACE-Hemmer/Sartan und MRA häufig nur begrenzt möglich, da sie die Nierenfunktion weiter verschlechtern und es zu hohen Kaliumspiegeln im Blut kommen kann. In diesen Fällen können Herzglykoside eine sinnvolle Alternative sein“

Prof. Dr. med. Udo Bavendiek


 

Digitoxin: In der Therapie bewährt

Obwohl Digitalis-Präparate schon seit Jahrhunderten erfolgreich in der Herzschwächetherapie eingesetzt werden, steht der wissenschaftliche Beweis für ihren Nutzen noch aus. Die DIGIT-HF Studie soll nun klären, ob die Einnahme von Digitoxin zusätzlich zur heute üblichen Behandlung tatsächlich dazu führt, dass die Patienten länger leben und weniger Zeit im Krankenhaus verbringen müssen.

 

Warum wurde Digitoxin als Wirkstoff gewählt?

InformationenInformationen rund um die Volkskrankheit Herzschwäche bieten die bundesweiten Herzwochen unter dem Motto „Das schwache Herz“ mit Aufklärungsaktionen und Ratgeberinfos, abrufbar unter: www.herzstiftung.de/ herzwochen2020​​​​​​​​​​​​​​

„Bisherige Studien wurden mit Digoxin durchgeführt. Der Einsatz von Digoxin ist aber bei einer gestörten Nierenfunktion nur eingeschränkt möglich, da es nahezu ausschließlich über die Niere ausgeschieden wird“, erklärt Bauersachs und fährt fort: „Im Gegensatz dazu wird Digitoxin bei einer gestörten Nierenfunktion vermehrt über den Darm ausgeschieden. Das Medikament Digitoxin ist somit auch für vorbelastete Patienten mit Nierenschwäche verträglich. Das haben Ergebnisse aus bisherigen Untersuchungen bestätigt.“

Auch Patienten mit Vorhofflimmern werden in die Untersuchungen einbezogen, weil derzeit noch wenig über den Nutzen von Digitalis-Glykosiden bei Patienten bekannt ist, die gleichzeitig an Herzschwäche und Vorhofflimmern erkrankt sind.

 

Substudie zur Identifizierung von Biomarkern

In der Substudie „Hochqualifiziertes Biobanking und Biomarker-Analysen in der DIGIT-HF-Studie“ wird eine Datenbank mit Patientenproben erstellt, um Biomarker zu identifizieren, mit denen die weitere Krankheitsentwicklung, beispielsweise eine Verschlechterung, frühzeitig vorhergesagt werden kann.

Geeignete Biomarker würden es möglich machen, im Sinne einer personalisierten Medizin rechtzeitig therapeutisch gegenzusteuern. Ein weiteres Ziel der Studie ist es, mithilfe der Biomarker-Analysen bislang nicht bekannte Wirkmechanismen von Herzglykosiden zu identifizieren.

Quelle: Deutsche Herzstiftung e. V./Deutsche Stiftung für Herzforschung

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