Wissenschaftspreis für Studie: Frauen mit pAVK unzureichend versorgt

Besonders Frauen mit der Durchblutungsstörung periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) sind unterversorgt. Das zeigt eine Analyse von AOK-Patientendaten, für die Dr. Lena Makowski, Forscherin am Uniklinikum Münster, von der Deutschen Herzstiftung mit dem Preis der Josef-Freitag-Stiftung ausgezeichnet wurde.

Wer an einer pAVK leidet, wird in Deutschland häufig nicht leitliniengerecht versorgt. Besonders für Frauen mit einer pAVK im Stadium der „kritischen Ex­tremitätenischämie“ treffe dies zu, so das Ergebnis einer Untersuchung von AOK-Krankenkassendaten zu rund 200.000 stationär an pAVK behandelten Menschen. „Wir konnten in unserer Analyse zeigen, dass die Mangelversorgung von Männern und Frauen mit pAVK sowohl die Diagnose als auch Therapie und Nachsorge umfasst. Allerdings ist das bei Frauen noch deutlicher ausgeprägt als bei Männern“, berichtet Makowski (im Bild neben Prof. Armin Welz (l.), Deutsche Stiftung für Herzforschung, und Prof. Thomas Voigtländer (r.), Deutsche Herzstiftung). Ihre Arbeit hat diese Defizite in der Versorgung von Menschen mit pAVK offengelegt und wurde von der Deutschen Herzstiftung und dem DGK-Zentrum für Kardiologische Versorgungsforschung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) mit dem Wissenschaftspreis der Josef-Freitag-Stiftung (Dotation 10.000 Euro) ausgezeichnet.

Die Analyse liefere ein genaues Bild der Versorgungssituation bei Männern und Frauen mit pAVK über einen Zeitraum von neun Jahren und trage zu einer besseren leitliniengerechteren Versorgung von Menschen mit pAVK bei, betont der Kardiologe Prof. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. So sollen die Ergebnisse der Arbeit in den neuen Leitlinien zur Versorgung bei pAVK implementiert werden.

Frauen erhalten seltener Gefäßdiagnostik und -therapie

Der Ausgang für die Versorgungsanalyse war einer Mitteilung der Deutschen Herzstiftung zufolge die Erkenntnis, dass wissenschaftliche Arbeiten in den vergangenen Jahrzehnten zwar geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Erkrankungshäufigkeit und im Krankheitsverlauf von Menschen mit pAVK zeigten, Frauen aber in randomisiert kontrollierten Studien deutlich unterrepräsentiert seien. Bedenke man, dass pAVK im Stadium der kritischen Extremitätenischämie meist mit Bluthochdruck und bei etwa der Hälfte der Betroffenen mit weiteren Risikokrankheiten wie Diabetes, Fettstoffwechselstörung oder Begleiterkrankungen wie Koronare Herzkrankheit, chronische Herzinsuffizienz oder Niereninsuffizienz einhergehe, sei eine weitreichende Mangelversorgung dieser Patientengruppe alarmierend. So ergab die Analyse der AOK-Patientendaten von Anfang 2010 bis Ende 2017 und einer Nachverfolgung bis 2018, dass Frauen in diesem pAVK-Stadium im Durchschnitt zwar fast acht Jahre älter waren als Männer, dafür aber häufiger an einer kritischen Extremitäten­ischämie litten und insgesamt jedoch seltener im Krankenhaus behandelt wurden. Bei ihrem ersten Krankenhausaufenthalt wegen pAVK erhielten Frauen seltener eine diagnostische Angiographie oder eine Revaskularisierung katheterbasiert über die Leistenarterie oder offen chirurgisch.

„Die Studie legt auch nahe, dass bei der medikamentösen Therapie ein Versorgungsdefizit zulasten der Frauen besteht“, betont die Deutsche Herzstiftung. Untersucht haben Makowski und ihr Team die Verschreibungsrate der in den Leitlinien empfohlenen Lipidsenker und oralen Blutverdünner zur Verhinderung schwerwiegender Komplikationen wie Herzinfarkt sowie Gefäßkomplikationen in den Beinen. Für beide Geschlechter sei die Verschreibungsrate nach der Behandlung im Krankenhaus zu niedrig gewesen, heißt es. Doch bei den Frauen sei sie nochmals deutlich niedriger als bei Männern gewesen.

Besseres Langzeitüberleben und weniger Amputationen bei Frauen

In der neunjährigen Nachbeobachtungszeit der Studie war bei den Frauen mit pAVK trotz der schlechteren Versorgung die Überlebensrate höher und die Amputations­rate geringer im Vergleich zu den Männern. „Allerdings zeigt unsere Versorgungs­analyse auch, dass die pAVK von ärztlicher Seite unterschätzt und oft zu spät oder gar nicht diagnostiziert und häufig nicht leitliniengerecht behandelt wird“, so Makowski. Dadurch verschlechtere sich „dramatisch“ die Prognose der Betroffenen. Als Gründe nennt die Deutsche Herzstiftung insbesondere die Multimorbidität von Menschen mit pAVK, die mehrere Organ- und Gefäßerkrankungen zugleich aufweisen, und etwa die Medikamententherapie besonders herausfordernd gestalteten. Frauen wiesen zudem häufig längere asymptomatische Krankheitsverläufe oder atypische Symp­tome auf.

Literatur:

Makowski L et al. European Heart Journal 2022;43(18): 1759–1770. DOI: 10.1093/eurheartj/ehac016

Quelle: Deutsche Herzstiftung / Deutsche Stiftung für Herzforschung

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