Weniger Komplikationen durch neue Leitlinie für Krebs-Ops im Magen-Darm-Trakt

In der neuen AWMF-S3-Leitlinie „Perioperatives Management bei gastrointestinalen Tumoren (POMGAT)“ wurden 77 Handlungsempfehlungen rund um Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt ausgearbeitet. Ziel der auf mehreren Bausteinen basierenden Maßnahmen vor, während und nach Operationen ist es, Komplikationen nach operativen Eingriffen zu vermeiden sowie die Immunantwort zu optimieren und den stationären Aufenthalt zu verkürzen.

 

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 112.000 Personen an bösartigen Tumoren des Magen-Darm-Trakts. Der – bis auf sehr wenige Ausnahmen - einzig heilende Ansatz ist eine Operation. „Selbst bei Lebermetastasen kann durch eine Entfernung noch Heilung oder ein Langzeitüberleben erreicht werden. Allerdings handelt es sich bei diesen Operationen oft um ausgedehnte chirurgische Eingriffe im Bauchraum mit signifikanter Komplikationsrate“, sagt Prof. Tim Vilz, Oberarzt der Klinik für Chirurgie am Universitätsklinikum Bonn (UKB).

77 Empfehlungen für gesundheitsfördernde Maßnahmen

Insgesamt 77 Handlungsempfehlungen für die Zeit vor, während und nach Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt erarbeitete die Leitliniengruppe basierend auf dem Konzept der Fast-Track-Chirurgie. „Es zeigte sich bereits, dass damit die Komplikationsrate nach onkologischen Dickdarmeingriffen deutlich gesenkt werden konnte, verbunden mit einer Halbierung der Krankenhausverweildauer. Zudem gibt es Hinweise auf einen Benefit beim Langzeitüberleben onkologischer Patienten“, sagt Prof. Vilz. „Allerdings ist die Umsetzung in deutschen Kliniken laut einer von uns durchgeführten Umfrage sehr schlecht. Hier erhoffen wir uns durch die Leitlinie eine deutliche Verbesserung“

Erreicht wird die Senkung der Komplikationsrate durch verschiedene Interventionen rund um den Eingriff wie beispielsweise eine intensive Patientenaufklärung über das multimodale perioperative Konzept, sogenannte Prähabilitationsmaßnahmen sowie eine rasche Mobilisation nach der Operation. So empfiehlt Prof. Vilz in der neuen S3-Leitlinie eine spezielle Darmvorbereitung mittels Antibiotika vor Dickdarm- und Mastdarmeingriffen zur Reduktion infektiöser Komplikationen. Während der Operation eingelegte Magensonden oder Blasenkatheter sollen frühzeitig, meist noch während der Narkose wieder entfernt werden. Zudem kann auf Drainagen bei den meisten operativen Eingriffen in Gänze verzichtet werden.

Bereits am OP-Tag erfolgen Mobilisation und Kostaufbau. Die postoperative Schmerztherapie mit regionalanästhesiologischen Verfahren oder einem Periduralkatheter erfolgt in enger Absprache mit den anästhesiologischen Kollegen, um Nebenwirkungsreiche Opioide einzusparen. „Die operierten Personen erholen sich viel schneller und erlangen früher ihre Autonomie wieder. Doch es funktioniert nur mit der aktiven Mithilfe und Mitarbeit der Patienten“, sagt Prof. Dr. Kalff, Direktor der chirurgischen Klinik am UKB.

Bestmöglich auf die anstehende Operation vorbereiten

Ein besonderes Augenmerk legte Prof. Vilz in der neuen S3-Leittlinie auf die Zeit vor dem Eingriff. Seine Handlungsempfehlungen beinhalten daher präoperativ beispielsweise die Behandlung einer bei Tumorpatienten oft vorhandenen Unterernährung und Blutarmut, Nikotin- und Alkoholverzicht sowie körperliche Aktivität: „Je besser wir Betroffene auf die Operation vorbereiten, desto rascher ist die Erholung.“ Insgesamt gesehen gibt die S3-Leitlinie Empfehlungen, die bereits an der Klinik für Chirurgie des UKB umgesetzt werden. „Die S3-Leitlinie ist aber auch auf große Operationen in anderen Fachgebieten wie Gynäkologie und Urologie übertragbar“, sagt Prof. Vilz.

Die S3-Leitlinie zum Perioperativen Management bei gastrointestinalen Tumoren wurde erstellt unter Leitung von Prof. Vilz und Prof. Stefan Post, Direktor emeritus der Klinik für Chirurgie der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), mit Unterstützung von Prof. Jörg Kalff, Direktor der Chirurgie, Chirurgin Dr. Maria Willis, Prof. Mark Coburn, Direktor der Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin, und Prof. Martin Söhle, Stellvertretender Direktor der Anästhesiologie aus dem UKB sowie über 50 weiteren Experten aus Deutschland und der Schweiz. Diese Erstellung erfolgte im Rahmen des nationalen onkologischen Leitlinien-Programms, das gemeinsam getragen wird von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe.

Quelle: Universitätsklinikum Bonn

 

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