Wie Sport die Durchblutung von Muskeln fördert

ETH-Professorin Katrien De Bock und ihr Team haben in Muskeln einen bestimmten Typ von Blutgefäßzellen gefunden, der sich bei sportlicher Betätigung besonders schnell vermehrt und so neue Blutgefäße bildet. Damit können die Forschenden nun Durchblutungsstörungen von Muskeln auf den Grund gehen.

Der häufigste Grund, warum Chirurginnen und Chirurgen in Industrieländern jemandem einen Fuß oder ein Bein amputieren müssen, sei eine mangelhafte Blutzufuhr in Muskeln bei Diabetespatientinnen und -patienten, erklärt Katrien De Bock. Sie ist Professorin für Bewegung und Gesundheit an der ETH Zürich und untersucht mit ihrem Team, wie sich solche Durchblutungsstörungen von Muskeln behandeln lassen und wie sich Blutgefäße neu bilden. Dass Bewegung und Sport die Gefäßbildung anregen, ist bekannt. Schlecht untersucht sind hingegen die molekularen und zellulären Mechanismen, über welche dies geschieht. „Verstehen wir diese Mechanismen, können wir darauf hinarbeiten, die Blutzufuhr von Muskeln in Patienten gezielt zu fördern“, sagt die ETH-Professorin.

Zwei Typen von Endothelzellen

In Mäusen und in Zellkultur von menschlichen Zellen haben De Bock und ihre Kollegen nun untersucht, wie die feinen Blutgefäßkapillaren in Muskeln von Gesunden gebildet werden. Sie haben dabei die Gefäßwandzellen (Endothelzellen) ins Visier genommen und entdeckt, dass es davon zwei Typen gibt, die sich hinsichtlich eines molekularen Markers namens ATF4 unterscheiden. Zellen, in denen wenig ATF4 vorhanden ist, sind vor allem in den Kapillargefäßen vorhanden, die sogenannte weiße Muskelfasern versorgen. Und Zellen mit viel ATF4 sind vor allem Teil der Blutgefäße in der Nähe von roten Muskelfasern, wie die Forschenden herausfanden.

Ready to go

Weiter zeigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Durch körperliche Bewegung werden vor allem die Endothelzellen mit viel ATF4 (also jene bei roten Muskelfasern) zur Zellteilung angeregt, wodurch sich neue Blutgefäßkapillaren bilden. Zellen mit wenig ATF4 reagieren hingegen nicht direkt auf körper­liche Bewegung. „Die Endothelzellen mit viel ATF4 sind ­quasi im Bereitschaftsdienst“, sagt De Bock.

ATF4 ist ein Regulationsprotein im Zellinnern. Zellen mit ATF4 sind bereit, schnell auf den entsprechenden Stimulus zu reagieren: Sobald eine Person – im geprüften Fall eine Maus – Sport treibt, nehmen diese Zellen vermehrt Aminosäuren auf und investieren in eine erhöhte Bildung von DNA und Proteinen und in die schnelle Vermehrung von Zellen. Dies führt letztlich zur Bildung neuer Gefäße.

 

Warum sich diese „Ready to go“-­Gefäßwandzellen vor allem in der Nähe der roten Muskelfasern befinden, ist noch nicht bekannt. Dem möchten die Forschenden als nächstes nachgehen. Außerdem möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erkenntnisse nutzen, um Therapien zu entwickeln, um bei Diabetikerinnen und Diabetikern, Patientinnen und Patienten mit arteriellen Verschlusskrankheiten oder mit transplantierten Organen das Wachstum von muskulären Blut­gefäßen zu stimulieren.



Fan Z et al. Cell Metabolism 2021.DOI: 10.1016/j.cmet.2021.07.015

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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