Abrechnung von IGeL über den Höchstsatz der GOÄ
Auch bei Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten stellt sich – wenn auch nicht so häufig wie bei anderen Arztgruppen – die Frage, ob, wann und wie der nach der GOÄ höchstmögliche Steigerungsfaktor überschritten werden kann.

Insbesondere wenn IGeL mit hohen Endpreisen erbracht werden, die über den Steigerungsrahmen der GOÄ hinausgehen, werden häufig Pauschalliquidationen vereinbart, meist bei IGeL für Behandlungsverfahren unter Einsatz kostspieliger Geräte. Fakt ist: Auch IGeL müssen immer nach der GOÄ berechnet werden, auch wenn der nach der GOÄ höchstmögliche Steigerungsfaktor überschritten werden soll. Zumeist bereiten Pauschalliquidationen von IGeL-Leistungen keine Probleme nach dem Motto „wo kein Kläger, da kein Richter“. Solange die Patientinnen und Patienten bzw. die Eltern oder Bezugspersonen mit dem Ergebnis von IGeL zufrieden sind, gibt es in der Regel keine Beanstandungen bei Pauschalliquidationen. Ist das Ergebnis nach der Erbringung von Wunschleistungen nicht zufriedenstellend, entdecken die Patientinnen und Patienten häufig, dass die Ärztin oder der Arzt eine Rechnung nach der GOÄ hätte ausstellen müssen. Mit der Aussicht, nicht den hohen Pauschalpreis, sondern nur eine niedrige nach der GOÄ erstellte Rechnung bezahlen zu müssen, wird dann häufig gegen Pauschalliquidation angegangen.
Rechtsprechung
Wichtig
Soll bei der Liquidation von IGeL der nach der GOÄ höchstmögliche Steigerungsfaktor überschritten werden, ist auch bei IGeL eine schriftliche Vereinbarung (Abdingung) erforderlich.
Bei einer Abdingung ist keine Begründung für das Überschreiten des nach der GOÄ höchstmöglichen Steigerungsfaktors anzugeben.
Bei einer Abdingung darf lediglich der Steigerungsfaktor geändert werden, der Punktwert und die Punktzahl der einzelnen Positionen müssen unverändert bleiben.
Bei einer Abdingung muss bei jeder der zur Abrechnung gelangenden Positionen der Steigerungsfaktor und Endbetrag angegeben werden.
Bereits 2006 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Unzulässigkeit der pauschalen Liquidation von IGeL bestätigt (AZ. III ZR223/05). In einer Privatklinik war ein unaufgeschlüsselter Gesamtbetrag von 18.500 DM (9.458,90€) pauschal berechnet und bezahlt worden. Später stellte sich bei der Patientin eine Unzufriedenheit wegen des Behandlungsergebnisses ein. Sie verlangte eine Rechnung nach der GOÄ. Nach erstinstanzlichem Amtsgerichtsurteil erstellte der Arzt eine neue Rechnung mit einer Endsumme von 15.095,49 DM (7.718,2 €) Der Streit ging in die nächsten Instanzen und schließlich musste der Arzt aufgrund einer zuvor vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten Rechnung nach der GOÄ etwa 5.700 DM von seiner ersten Liquidation erstatten. Der BGH machte auch eine Aussage dazu, was der Arzt hätte tun sollen und sagte mit dem Urteil: „Dem Arzt steht es frei, im Rahmen des § 2 der GOÄ eine abweichende Vereinbarung mit den an seinen Leistungen Interessierten über die Gebührenhöhe zu treffen. Das erlaubt zwar keinen Pauschalpreis, lässt aber Raum für eine von § 5 der GOÄ abweichende Vervielfachung des Gebührensatzes zu.“
Nach § 2 der GOÄ ist lediglich die Vereinbarung eines höheren Faktors (z.B. 10-fach) zu den entsprechenden Gebührenpositionen erlaubt. Die Vereinbarung von Pauschalen, von unzutreffenden Abrechnungspositionen oder das Außerkraftsetzen von Abrechnungsbestimmungen ist nicht zulässig.
Faktor höher als 3,5-fach: Abdingung erforderlich!
Die Abdingung muss schriftlich vor Erbringung der Leistung persönlich zwischen Ärztin oder Arzt und dem Zahlungspflichtigen im Rahmen eines direkten Gesprächs getroffen werden. In der Abdingung müssen die GOÄ-Positionen, deren Leistungsbezeichnung, der jeweils zu jeder Position vereinbarte Steigerungssatz und der daraus resultierende Betrag aufgeführt sein. Die Abdingung muss außerdem den Hinweis enthalten, dass die Erstattung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht oder nicht vollständig gewährleistet ist.
Ort, Datum und eigenhändige Unterschrift beider Beteiligten dürfen nicht fehlen, dem Zahlungspflichtigen muss ein Exemplar ausgehändigt werden, ein weiteres verbleibt bei der Ärztin oder beim Arzt. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten, auch keine Begründungen für das Überschreiten des nach der GOÄ höchstmöglichen Steigerungsfaktors, weil es sich um eine freie Honorarvereinbarung handelt.
Willkür ist allerdings auch bei einer Abdingung nicht zulässig. Der vereinbarte Faktor und der Betrag muss der Leistung und ihren Kosten angemessen sein und sich am Grundsatz der Marktüblichkeit ausrichten. Zu empfehlen sind zwei Schriftstücke: Der Behandlungsvertrag für IGeL mit Hinweis auf die Abdingung und zusätzlich die Abdingung.