Altbekannt und doch mit Über­raschungen: Der Behandlungsfall

Beim Behandlungsfall in der GOÄ zeigen sich manche Abrechnungsmöglichkeiten erst auf den zweiten Blick.

Wichtig
  • Ein neuer Behandlungsfall beginnt, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „eins“ erhöht hat oder eine neue Erkrankung hinzutritt
  • Bei erneuter Abrechnung betroffener Ziffern wegen neuer Diagnose noch innerhalb der Monatsfrist sollte der neue Behandlungsfall in der Rechnung kenntlich gemacht werden
  • Stehen den Nrn. 1 und 5 in der Abrechenbarkeit nur geringer vergütete Leistungen entgegen, kann man auf deren Berechnung zugunsten der Nrn. 1 und 5 verzichten

Allgemeinen Bestimmung Nr. 1 vor dem Abschnitt B der GOÄ: „Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.“ Das wirkt sich in der Abrechnung besonders bei den Nrn. 1 und 5 aus. Dazu heißt es in der 2. Bestimmung: „Die ... Nrn. 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig.“ (somit ab der Nr. 200 an aufwärts, zur Vereinfachung hier auch „Sonderleistungen“ genannt). Aber z. B. auch Nr. 4 ist betroffen und Nr. 3, welche bei mehr als einmaliger Abrechnung im Behandlungsfall zu begründen ist.
Die Bestimmung ist auf „jeweils ... des Arztes“ bezogen. Dadurch ist unerheblich, ob auch andere Ärzte bei dem Patienten Leistungen abrechnen. Anders ist das in der Gemeinschaftspraxis. Nur, wenn der Gemeinschaftspraxispartner hochspezialisiert ist und nur spezielle Erkrankungen behandelt, entstehen unterschiedliche Behandlungsfälle. Da dies nicht jedem Kostenträger einsichtig ist, sollte der Spezialist eine neue Diagnose stellen (was sachlich ohnehin meist gegeben ist).

Monatsfrist

Der „Zeitraum eines Monats“ ist im BGB definiert. Danach tritt dann ein neuer Behandlungsfall ein, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „1“ erhöht hat. Beispiele: Erster Termin am 22. August – neuer Behandlungsfall am 23. September. Die Behandlung muss sich aber nicht über die gesamte Monatsfrist erstrecken. Auch nur eine Behandlung reicht aus, um den Behandlungsfall auszulösen. Liegen die Abstände der Inanspruchnahme des Arztes weiter als die Monatsfrist, so beginnt erst mit diesem Datum ein neuer Behandlungsfall. Beispiel: Erster Termin am 19. Oktober, neuer Termin erst am 23. November – der neue Behandlungsfall beginnt am 23. November.

Behandlung derselben Erkrankung

Der Bezug auf die „Behandlung derselben Erkrankung“ schafft nach dem Text für jede Diagnose einen eigenen Behandlungsfall. In der Abrechenbarkeit nutzt das aber nicht viel: Die Nrn. 1, 3, 4 und 5 sind je Sitzung nur einmal berechenbar. Es ist realitätsfern, bei Patienten, die mehrere Erkrankungen aufweisen, die Beratungsleistungen und die symptombezogene Untersuchung zunächst nur bezogen auf eine Erkrankung vorzunehmen und für die anderen Erkrankungen einen neuen Termin auszumachen. Seltene Ausnahmen, z. B. bei Notfallbehandlungen, sind möglich.
Anders ist das, wenn innerhalb der Monatsfrist eine neue Erkrankung hinzutritt. Dann beginnt ein neuer Behandlungsfall und die Leistungen werden wieder abrechenbar. Dann gilt aber wieder, dass der Behandlungsfall von da an die vorbestehende und die neue Erkrankung umfasst. Der Hinzutritt der neuen Erkrankung und damit die erneute Berechenbarkeit der betroffenen Ziffern noch innerhalb der Monatsfrist sollte in der Rechnung kenntlich gemacht werden. Beispiel: Nrn. 1, 5, „Sonderleistungen“ am 22.8. bei Coxarthrose und am 26.8. wegen einer Sprunggelenksdistorsion.
Zu den Daten die Diagnosen hinzuschrieben, vermeidet i.d.R. Nachfragen. Mit dem „derselben Erkrankung“ ist ein gewisser Ermessensspielraum verbunden. Eindeutig ist, wenn es sich nach der medizinischen Nomenklatur um eine andere Erkrankung handelt.  Aber auch Verschlimmerungen oder Änderungen der Lokalisation der Erkrankung führen i.d.R. zur erneuten Notwendigkeit der Leistungen und finden sich dann bei genauer Handhabung der Begrifflichkeiten auch entsprechend neue Diagnoseangaben.

1 und/oder 5

Wenn es heißt „neben Leistungen“ gilt im Umkehrschluss: alleine oder nur mit Leistungen unterhalb der Nr. 200 können die Nrn. 1 und 5 auch im selben Behandlungsfall so oft berechnet werden, wie sie erbracht wurden. Besonders bei „Serienbehandlungen“ kann dann lohnen, die der erneuten Berechnung entgegenstehenden Leistungen entfallen zu lassen, wenn deren Honorar niedriger ist als das der Nrn. 1 und 5. Beispiele für solche Leistungen: Verbände oder Schienenwechsel, Fadenziehen (Nr. 2007) oder auch physikalisch-medizinische Leistungen.

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