BÄK-Empfehlung „Hygienezuschlag“ zur GOÄ

Es steht außer Frage, dass es ein zulässiger Grund für einen höheren Steigerungsfaktor ist, wenn die Leistungserbringung wegen besonderer Hygienemaßnahmen aufwendiger wird. Nun gibt es eine Vereinbarung der Bundesärztekammer (BÄK) mit der PKV und Beihilfe, die ihrerseits viele Fragen aufwirft.

Eigentlich braucht es durch die Möglichkeit der Faktorerhöhung und der Berücksichtigung eines erheblichen Teils der entstandenen Kosten bei der Auslagenberechnung nach § 10 gar keine explizite „Corona-Vereinbarung“. Die BÄK hat es am 07.05.2020 trotzdem gemacht. Die Vereinbarung und Erläuterungen dazu finden Sie auf der Webseite der BÄK.

Die Empfehlung der Bundesärztekammer lautet (Stand: Juni 2020):

„Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie, je Sitzung;
– analog Nr. 245 GOÄ, erhöhte Hygienemaßnahmen, zum 2,3fachen Satz“
„… gilt zunächst … bis zum 31.07.2020* und ist nur bei unmittelbarem, persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt anwendbar. Bei Berechnung der Analoggebühr nach Nr. 245 GOÄ kann ein erhöhter Hygieneaufwand nicht zeitgleich durch ein Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes für die in der Sitzung erbrachten ärztlichen Leistungen berechnet werden. … stationäre Behandlung … ausgenommen …“.

wichtigEs besteht keine Verpflichtung, der Empfehlung zum Ansatz des „Hygienezuschlags“ zu folgen. Alternativ wegen des Umstands „erhöhter Hygienemaßnahmen (Corona)“ Faktor­erhöhungen und die Berechnung von Auslagen vorzunehmen – was häufig zu höheren Beträgen führt – ist erlaubt

Wenn man den Zuschlag ansetzt, ist das laut BÄK für seit dem 09.04.* erfolgte Behandlungen möglich – einmal je Sitzung

Weitere Fragen, auch zu den anderen Inhalten der Vereinbarung werden wir in Folgebeiträgen aufgreifen

1. Ist die Vereinbarung verbindlich?

Nein. Verbindlich ist die GOÄ. Sie sind also nicht gezwungen, den „Hygienezuschlag“ zu berechnen und dafür auf die Faktorsteigerung wegen der besonderen Umstände der Leistungserbringung zu verzichten. Darauf weist auch die BÄK in ihren „Erläuterungen“ unter Punkt 6 hin. In der Regel übersteigt der Betrag durch die Steigerung den des „Hygienezuschlags“ (14,75 €) sehr erheblich. Die Einschränkung auf den „unmittelbarem, persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt“ ist sachlich gerechtfertigt. Erhöht man den Faktor z. B. auf 3,5-fach, beträgt die Differenz zum 2,3-Fachen 16,79 € allein schon bei den Nrn. 1 und 7. „Unterm Strich“ resultieren bei ambulanten Behandlungen oft Beträge von 80 € und weit mehr. Möglicherweise war es die Sorge der BÄK vor erheblichen Ausgabensteigerungen der PKV, die zu der Vereinbarung führte.

Sie müssen aber damit rechnen, dass Kostenträger Steigerungen ablehnen und auf die BÄK-Vereinbarung verweisen. Es wird Aufwand bedeuten, den Patientinnen die Rechtmäßigkeit Ihres Honoraranspruchs und ggf. den weiteren Umgang damit zu erklären.

2. Darf ich den Zuschlag berechnen und trotzdem steigern?

Ja. Nach der Vereinbarung und den Erläuterungen dazu soll mit der Berechnung des Zuschlags „Keine gleichzeitige Steigerung … mit der Begründung z. B. „erhöhter Hygieneaufwand“ etc. auf Grund der COVID-19-Pandemie“ erlaubt sein. Damit steht außer Frage, dass trotz des Zuschlags aus anderen Gründen zusätzlich gesteigert werden darf. Den Zuschlag zu berechnen und z. B. eine Beratung wegen „erhöhten Zeitaufwands bei Erläuterung Therapie­umstellung“ zu steigern, ist zulässig.

Mit der Formulierung „Erfüllung aufwendiger Hygienemaßnahmen“ in der Abrechnungsempfehlung und dass der Zuschlag stationär nicht wegen der bereits nach Krankenhausentgelt-Gesetz „finanzierten Kosten für Schutzausrüstungen etc.“ berechnet werden darf, ist ersichtlich, dass sich der Zuschlag auf die äußeren, allgemein anfallenden Maßnahmen bezieht. Begründungen allgemeiner Art, die sich auf „erhöhten Hygieneaufwand etc.“ beziehen, sind somit neben dem Zuschlag ausgeschlossen. Der Grund und damit die Formulierung in der Rechnung müssen sich auf patienten- oder erkrankungsindividuelle Gegebenheiten beziehen. 

3. Darf ich Auslagen nach § 10 berechnen?

Ohne jeden Zweifel ja, wenn das Material nicht Hygienemaßnahmen dient. Wenn die Auslagen dafür den Betrag von 14,75 € übersteigen, sollte man auf die Analogberechnung des Zuschlags verzichten und stattdessen die tatsächlichen Kosten in Rechnung stellen. Dabei zählt der für das Material tatsächlich gezahlte Preis, nicht ein „allgemeiner Marktpreis“. Bei den zurzeit teils überhöhten Preisen für Einmal-Schutzkleidung und selbst Mundschutze sind die 14,75 € relativ häufig überschritten. Ggf. entsteht hier aber wieder Erläuterungsbedarf gegenüber der Patientin.

4. Ab wann darf ich den Zuschlag ansetzen?

Dem Sinn des Zuschlags nach wäre er ansetzbar ab dem Zeitpunkt, zu dem aufwendigere Hygienemaßnahmen notwendig wurden (etwa Mitte März). Die BÄK jedoch schrieb am 08.05. „vom 09.04. an“*

Die BÄK schrieb im Juni in den „Erläuterungen“ auf ihrer Webseite unter Punkt 9, dass die Vereinbarung (Ansetzbarkeit des Zuschlags) vom 05.05.2020 bis zum 31.07.2020*gelte. Der „coronabedingt“ erhöhte Aufwand bei Leistungserbringung war aber auch bereits vor dem 05.05. gegeben (etwa ab Mitte März) und möglicherweise wird er auch noch nach dem 31.07. notwendig sein. Die Einschränkung des Zeitraums gilt nur für die Vereinbarung (den Ansatz des „Hygienezuschlags“), nicht für die alternative Faktorerhöhung.

Stand: Juni 2020

► *Anm. d. Red.:  Nach Redaktionsschluss der Juni-Ausgabe von der niedergelassene arzt in der der Abrechnungstipp erschienen ist, hat es zwischenzeitlich Verwirrung gegeben, da die Bundesärztekammer (BÄK) in ihren Schreiben unterschiedliche Angaben zum Geltungszeitraum des "Hygienezuschlags" gemacht hat, die PKV hat wiederum einen anderen Zeitpunkt genannt. Die BÄK schreibt nun (Stand: 06.07.2020) in den „Erläuterungen“ unter Punkt 9, dass die Vereinbarung (Ansetzbarkeit des Zuschlags) rückwirkend vom 09.04.2020 bis zum 30.09.2020 gelte. Wir empfehlen sich an das, was die BÄK auf ihrer Webseite veröffentlicht hat, zu halten, also den Ansatz des Zuschlags ab 09.04.2020.

Infolge der vereinbarten Rückwirkung sind Ärzte berechtigt, bereits erbrachte, aber bisher nicht berechnungsfähige aufwändige Hygienemaßnahmen auch für den Zeitraum vom 09.04.2020 bis zum 04.05.2020 (nachträglich) in Rechnung zu stellen, wie die BÄK auf Anfrage mitteilt.

Quelle: https://www.bundesaerztekammer.de/index.php?id=8666&no_cache=1 

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