Abrechnung von höheren Faktoren

Hat man in der Rechnung zum höheren Faktor eine Begründung angeführt, wird oft noch eine „nähere Erläuterung“ gefordert. Wie weit muss man darauf eingehen?

Beim Ansatz eines Faktors über den  „Schwellenwerten“ der GOÄ (z. B. 2,3-fach) muss man dafür in der Rechnung eine Begründung angeben. § 12 GOÄ sagt dazu, dass diese „verständlich und nachvollziehbar“ sein muss. Trotzdem kann der Zahlungspflichtige (in der Regel der Patient, von dem sein Kostenträger das verlangt) eine „nähere Erläuterung“ verlangen (auch das sagt § 12 GOÄ). Manche Kostenträger machen das „routinemäßig“. Sie spekulieren darauf, dass entweder der Patient die Differenz aus eigener Tasche zahlt oder der Arzt aus Freundlichkeit die Rechnung „nachlässt“. Wie weit muss die Erläuterung gehen?

 

Wichtig
  • Begründung und Erläuterung sollten auf Besonderheiten bei dem Patienten oder seiner Erkrankung abstellen.

  • Wird nachgefordert, kann man sich knapp fassen und ggf. den Patienten mit Hinweisen auf Gerichtsurteile unterstützen.

Ein oder wenige Sätze reichen. Die sollten auf die individuellen Besonderheiten abstellen, nicht auf z. B. eine besondere Methodik. Entweder also auf die Person des Patienten oder die Art seiner Erkrankung. War der überdurchschnittliche Aufwand bei der Leistungserbringung durch die Anwendung einer besonderen Methodik gegeben, gab es ja zu deren Anwendung eine Indikation. Ein Beispiel: Man hat eine Biopsie mit aufwendiger Intracutannaht 3,5-fach abgerechnet wegen „Eingriff in exponierter Region“. Die „nähere Erläuterung“ könnte lauten: „Bei Eingriff im Gesichtsbereich erfolgte der Wundverschluss nicht mit wenigen Einzelknopfnähten, sondern mit zeitaufwendiger Intracutannaht“. Im Normalfall ist es damit getan. Was aber, wenn der Kostenträger nochmals „nachfordert“? Ist das Verlangen einsichtig (auch das kommt vor), könnte man z. B. einen Literaturhinweis zu einer Operationslehre geben. Es ist dann Sache des Kostenträgers, sich zu informieren. Beihilfen können sich dazu auch Amtshilfe beim Amtsarzt einholen.

Auf Urteile hinweisen

Entspringt aber (wie oft) der Wunsch nach nochmaliger Erläuterung einer bekannten „Nickligkeit“ des Kostenträgers, sollte der Patient ihn fragen, warum er die Erläuterung bezweifelt. Zum Nachdruck kann er auf Gerichtsurteile hinweisen, die vom ­Kostenträger ein korrektes Verhalten fordern. Meist bringt das den Mitarbeiter des Kostenträgers zur Einsicht.

Zum Beispiel hat das AG Langenfeld im Urteil vom 17.12.1998 (AZ.: 23 C 315/98) gesagt: „Mehr als das würde das Maß allen Zumutbaren sprengen und kann... schlechterdings nicht verlangt werden, wobei hinlänglich bekannt ist, dass die für die... für die ­Beihilfe zuständigen Behörden... eine ausgesprochen restriktive Haltung einnehmen... kann aber nicht Beurteilungsgrundlage sein... Bei anderweitiger Betrachtung würde nämlich kaum ein Arzt seine Hauptaufgabe, d. h. die Behandlung von Kranken, erfüllen können, weil er nahezu pausenlos mit der Erläuterung seiner Rechnungen beschäftigt wäre.“

Das OVG Lüneburg am 12.08.2008 (AZ.: 5 LA 368/08): „Einer ausführlichen ärztlichen Stellungnahme, deren Anfertigung möglicherweise mehr Zeit in Anspruch nimmt als die abzurechnende Behandlung, bedarf es allerdings nicht.“

Das VG Köln am 18.03.2013 (AZ.: 19 K 6612/11): „... sind keine überzogenen Ansprüche an eine ausreichende Begründung zu stellen... Begründung muss aber geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen... mit individuellen patientenbezogenen Besonderheiten...“.

Nicht zuletzt muss der Kostenträger ggf. dem Versicherten die ihm entstandenen Kosten erstatten. Der BGH am 13.10.2001 (AZ.: III ZR 231/10): „Wird bei der Festsetzung der Beihilfe die Überschreitung des Schwellenwertes (2,3-facher Gebührensatz) in einer Zahnarztrechnung rechtswidrig und schuldhaft nicht anerkannt, und lässt sich daraufhin der den Antrag stellende Beamte wegen der bei ihm durch diese Entscheidung hervorgerufenen begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Rechnungsstellung auf einen Zivilrechtsstreit mit dem behandelnden Arzt ein, so sind ihm die im Falle des Unterliegens entstehenden Kosten zu ersetzen.“

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