Europäischer Gesundheitskongress: Mut zu großen Reformen gefordert

Vom 30. September bis zum 1. Oktober hat der Europäische Gesundheitskongress München unter dem Motto „Der Beginn einer neuen Ära im Gesundheitswesen: robust, digital, patientendemokratisch“ stattgefunden. Ob Krankenhausstrukturen, Digitalisierung oder Pflege: Über alle Themen hinweg wurden grundlegende Reformen gefordert. Ein „Weiter so“ ist keine Option mehr. Von der nächsten Regierung wurde mehr Mut zu großen Reformen gefordert.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek appellierte in seiner Eröffnungsrede, das Gesundheitswesen neu zu justieren. Die Politik dürfe nicht weiter in Trippelschritten vorangehen, so der CSU-Politiker. 

Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung

So sei etwa bei der Digitalisierung eine fundamentale Diskussion nötig, u. a. über den Umgang mit den Gesundheitsdaten. Holetschek plädierte für eine neue Balance zwischen dem Datenschutz und der Nutzung der Gesundheitsdaten. Es müsse klar sein, dass „diese Daten ein ganz wichtiger Bestandteil sind, wenn wir vorne dabei sein wollen.“

Prof. Dr. Jörg Debatin, Leiter des Health Innovation Hub des Bundesgesundheitsministeriums, mahnte an, den deutschen Datenschutz nicht zu bereitwillig „auf dem Altar der Technologie“ zu opfern. Vielmehr sollte man Lösungen finden, wie man moderne Technologien nutzen und modifizieren kann, um diese Werte, die unserem Datenschutzverständnis zugrundeliegen, zu erhalten.
Anderseits warnte Debatin davor, große Player wie Amazon und Google zu verteufeln. „Wenn wir nicht eine unternehmerische Infrastruktur in Deutschland zur Verfügung stellen, die unseren Werten und unserem Rechtsverständnis entspricht, werden wir in ganz vielen Bereichen den Anschluss an die Welt verlieren“, sagte er.

Stellenwert beim Datenschutz variiert

Doch auch innerhalb Europas hat der Datenschutz unterschiedlichen Stellenwert. So berichtete Dr. Nils Anders Tegnell, Staatsepidemiologe der schwedischen Behörde für öffentliche Gesundheit, von einer großen Zustimmung der Bevölkerung bezüglich der Erfassung von Gesundheitsdaten, etwa beim Impfregister. Schwedens Impfregister ist zentral organisiert, zum großen Teil digitalisiert und erlaubt, Nebenwirkungen und Wirksamkeit von Impfungen zu erforschen. Außerdem können Daten von verschiedenen Stellen zusammengeführt werden. 

ePA mit Opt-Out-Modell

Auch wenn Österreich ein ähnliches Datenschutzverständnis pflegt wie Deutschland, entschied man sich jedoch etwa bei der elektronischen Patientenakte (ePA) – anders als hierzulande – für ein Opt-Out-Modell, wie Dr. Winfried Pinggera, Generaldirektor der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt berichtete. „Ich glaube, Patienten sind mündig genug für ein Opt-Out-Modell“, betonte er. Das Ergebnis: Während in Deutschland gerade einmal 0,2 % der gesetzlichen Versicherten die ePA nutzen, haben nach Angaben von Pinggera nur rund 3 % der Österreicher die Opt-Out-Karte gezogen.

Strukturreformen im Krankenhausbereich

Auch im Krankenhausbereich seien grundlegende strukturelle Reformen notwendig, darüber herrschte unter den Diskutanten große Einigkeit. Darüber, wie die Krankenhauslandschaft künftig aussehen sollte, gingen die Meinungen naturgemäß auseinander. Prof. Dr. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands e. V., plädierte etwa für eine Auflösung der Sektorengrenzen. Angesichts des Ärztemangels, der besonders den ländlichen Raum treffe, seien „Krankenhäuser gefragt“. Es brauche bundeseinheitliche Vorgaben für eine gestufte Krankenhausplanung. „Deswegen brauchen wir Leitplanken, die zu einer gestuften Krankenhausplanung führen, klare Rollen und Aufgabenzuordnung für Krankenhäuser in einer Region.“ Unikliniken sieht er dabei in einer Dirigentenfunktion.

Quelle: WISO S.E. Consulting GmbH

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung