Ein guter Praxisstandort hat Zugkraft

Beim Praxiskauf oder bei Praxisübernahme spielt die Lokalisation der Immobilie eine zentrale Rolle. Bevölkerungsstruktur und -wachstum sowie eine gute Verkehrsanbindung können entscheidende Standortvorteile sein. Aber auch die Flexibilität der Immobilie gilt es zu beachten – sonst können Nebenkosten teuer werden. Monika Seckler-Fleischer hält bundesweit Ärztehäuser an 13 frequenten Standorten attraktiv. Sie weiß einige Patentrezepte zur Standortwahl einer Arztpraxis.

 

Frau Seckler-Fleischer, was zeichnet ein gutes Umfeld für Arztpraxen aus?

Seckler-Fleischer:

„Eine erstklassige Infrastruktur zieht Patientinnen und Patienten an, gleiches gilt für Personal. Eine gute Lage ist eine belebte Ortsmitte, sofern sie bequem erreichbar ist. Kostenlose Parkplätze sind ideal, für Ärztinnen und Ärzte bevorzugt in abgeschlossener Garage, um jederzeit, im Winter eisfrei, wegfahren zu können. Es soll nicht jeder gleich sehen können, ob die Ärztin oder der Arzt da ist. Auch ÖPNV-Haltestellen in unmittelbarer Nähe, Bäckereien oder ein Metzger mit Mittagstisch zahlen auf das Konto ein. Genauso wie eine Apotheke im Haus. Arzt und Pharmazeutin können von einer passenden Beratungs- und Behandlungskultur profitieren. Das alles kann die Patientenbindung erhöhen, die Fluktuation niedrig halten und Kosten senken.“ 
Was ist bei den Räumlichkeiten zu beachten, wenn man sie als Arztpraxis nutzen möchte?

Seckler-Fleischer:

„Es gilt zu prüfen, ob die Räume baurechtlich überhaupt als Arztpraxis genehmigt sind. Oft denken Medizinerinnen und Mediziner, dass aus jeder Wohnung oder Bürofläche Praxisräume entstehen können. Doch oft muss erst eine Umnutzung genehmigt werden. Das kann je nach Bauamt bis zu zwei Jahre dauern. Dazu muss eine Architektin oder ein Architekt eine Bauvorlage erstellen, das kostet Honorar. Viele Mieterinnen und Mieter scheuen diese Ausgaben. Als Vermieter übernehmen wir die Planungskosten und garantieren Termintreue. Angestrebt werden Mietverträge mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Ideal ist der Neustart zum Abrechnungsquartal der Kassenärztlichen Vereinigung (KV).“

Was ist bei den Eigentumsverhältnissen der Immobilie zu beachten?

Seckler-Fleischer:

„Neue Mieterinnen und Mieter sollten die Eigentümer kennenlernen. Eigentümergemeinschaften oder gar Erbengemeinschaften sind oft unflexibel. So kann es bei kleinen Problemen wie einem tropfenden Wasserhahn schon mal zu langen Wartezeiten kommen. Zudem sind es Spargemeinschaften: die Immobilie soll maximalen Ertrag liefern – bei minimalem Aufwand. Das Verständnis, dass man sich das wirtschaftliche Risiko teilt, fehlt dort.“

Inwieweit sind die Grundrisse einer Immobilie wichtig? 

Seckler-Fleischer:

„Arbeitsökonomische Grundrisse, Sichtschutz beim Wechsel der Behandlungszimmer, Diskretion (Datenschutz) am Empfang, Blickachsen vom Empfang zum Wartebereich sind guter Standard. Getrennte Vorwartezonen für Privat- und Kassenpatienten, Fensterlüftung und Tageslicht in jedem Arbeitsbereich, ausreichend Privat-WCs und Lagerräume zählen zum Komfort. Ideal ist eine Möglichkeit zur Erweiterung des Praxis­betriebs auf derselben Etage, auf etwa 200 bis 400 m2. Tragende Wände müssen bekannt und die Statik sollte geprüft sein, dann ist ein Durchbruch in die Nachbareinheit mach- und später unsichtbar.“ 

Spielt neue Technik eine Rolle bei der Wahl der Praxisräume?

Seckler-Fleischer:

„Immer mehr, ja. Räume sollten parallel für Online-Seminare nutzbar sein. Große Bildschirme oder Leinwände können elegant eingehaust werden und nur bei Bedarf prominent im Raum sichtbar sein. Ärztinnen und Ärzte wollen sich auf der ganzen Welt vernetzen, Seminare für Mitarbeitende können so vor Ort durchgeführt werden. Die Menschen in der Praxis brauchen vor allem genügend Platz, für Vertraulichkeit und einen entspannten Umgang miteinander. Die Abstandsregeln müssen jederzeit eingehalten werden können, zwei getrennte Ein- und Ausgänge sind optimal.“ 

Wie sieht es mit einer Internetanbindung aus, ist das Mietersache?

Seckler-Fleischer:

„Nein, der Hausanschluss ist teuer und Vermietersache, am besten ist Glasfaser. Die EDV hat bei der Eröffnung absolut zuverlässig zu laufen, damit insbesondere die KV-Abrechnung gewährleistet werden kann. Selbstverständlich ist eine stabile, ausreichend dimensionierte Stromversorgung, mit regelmäßiger Überprüfung (sog. E-Check). KFZ-Ladestationen und Photovoltaik gehören heutzutage ebenso zur Ausstattung einer Praxisimmobilie.“  

Viele Praxen erheben einen hohen Standard an die Ausstattung. Empfehlen Sie einen Mietpreiskorridor?

Seckler-Fleischer:

„Unbedingt. Der Qualitätsanspruch der Praxis spiegelt sich in der Güte der Ausstattung: Ambiente und Wertigkeit sind hierbei essenzielle Faktoren. Praxisräume sind im täglichen Gebrauch, benötigen strapazierfähige, hygienetaugliche Oberflächen. Es soll deshalb nicht nach Klinik aussehen. Schallschutztüren, viele Waschbecken etc. haben ihren Preis. Eine Ausbaubeschreibung mit Mengen und Qualitäten, auch eine Schnittstellen-Liste mit Verantwortung und Kostentragung sowie ein Bauzeitenplan sind die Grundlage für einen Mietpreiskorridor von 1-2 € pro Quadratmeter. So kann noch während des Umbaus maßvoll umgeplant werden, für beide Seiten transparent.“

Was wird bei der Raumauswahl meist vergessen?

Seckler-Fleischer:

„Beispielsweise wird bei einer Umnutzung zur Praxis häufig nicht an die baurechtlich notwendigen Parkplätze gedacht. Laut Landesbauverordnung muss eine Praxis je nach Größe über genügend funktionale Stellplätze verfügen. Falls diese nicht vorhanden oder möglich sind, droht der Vermieterin oder dem Vermieter eine Ausgleichszahlung von bis zu 20.000 € pro fehlendem Platz. Damit schafft die Kommune dann andernorts Stellflächen. Mancher Privatvermieter zieht dann schnell zurück.“

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Michael Sudahl, freier Journalist.

Daniel Mudroh und Monika Seckler-Fleischer
Beide Geschäftsführer der Schorndorfer Palm KG
www.palm-firmengruppe.de 

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