Erbrechtliche Regelungen

Was geschieht nach dem Tode? Mag diese Frage philosophisch und je nach Religion oder Weltanschauung vermutlich ungeklärt bleiben, ist sie nach unserer deutschen Rechtsordnung eindeutig zu beantworten.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) trifft in den §§ 1922 bis 2385 Regelungen, wie nach dem Erbfall, dem Tode des Erblassers, zu verfahren ist. Hiernach geht dessen Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen, die Erben, über. Gleichzeitig erben sie durch diese Gesamtrechtsnachfolge nicht nur die Vermögenswerte des Verstorbenen, sondern auch dessen Verbindlichkeiten.

Die gesetzliche Erbfolge

Erbt ein Einziger, ist dieser Allein­erbe. Sofern es mehrere Miterben gibt, bilden diese automatisch eine Erbengemeinschaft, die nur gemeinsam und einstimmig handeln kann und ein gemeinschaftliches Vermögen verwaltet.

Sollte der Verstorbene keine wirksame Verfügung von Todes wegen, wie ein Testament oder einen Erbvertrag, getroffen haben, greift die gesetzliche Erbfolge. Das Bürgerliche Gesetzbuch arbeitet hierbei nach dem Abstammungsprinzip und unterteilt die Verwandten in Ordnungen. Abkömmlinge des Erblassers gehören zur ersten Ordnung, die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge zur zweiten Ordnung und so weiter. Verwandte vorrangiger Ordnung schließen jene Verwandte nachrangiger Ordnungen aus.

Das Rangsystem zieht sich fort, sodass zum einen ein zur Zeit des Erbfalls lebender (oder bereits gezeugter) Abkömmling die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt (Repräsentationsprinzip) und zum anderen an die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge treten (Eintrittsrecht).

Kinder erben zu gleichen Teilen

Die gesetzliche Erbfolge erfährt zwei Ausnahmen, wenn in dem einen Falle der Staat oder – weitaus häufiger – der überlebende Ehegatte, der kein Verwandter des Erblassers ist, erbt.

Der überlebende Ehegatte erbt neben den Verwandten der ersten Ordnung, d.h. neben Kindern des Erblassers, zu einem Viertel bzw. neben Verwandten der zweiten Ordnung (bspw. Eltern) zur Hälfte.
Hierzu gibt es eine Ausnahme, wonach sich der gesetzliche Erbanteil des Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht, sofern er mit dem Erblasser zuvor im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatte. Im Ergebnis bekäme der Ehegatte damit gegenüber Kindern des Erblassers die Hälfte der Erbschaft.

Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen.
Sollten die Erben feststellen, dass sie den durch den Erbfall hervorgerufenen Verpflichtungen nicht gewachsen sind, etwa weil die Verbindlichkeiten höher sind als die vorhandenen Vermögenswerte, können sie das Erbe ausschlagen.

Möglichkeiten zur Regelung der Erbfolge

Das Erbrecht erschöpft sich jedoch nicht allein in der gesetzlich festgelegten Erbfolge, sondern hält auch Möglichkeiten bereit, die Erbfolge nach eigenen Vorstellungen zu bestimmen.

Testament

Der Erblasser kann eine einseitige Verfügung von Todes wegen treffen und hat hierzu u.a. das Instrument des Testaments als geläufigste Form der persönlich geregelten Erbfolge.
Nur wenn das Testament wirksam errichtet wurde, entfaltet es seine bezweckten Rechtsfolgen. Zu seinen Voraussetzungen zählen neben dem Testierwillen und der Testierfähigkeit auch die Höchstpersönlichkeit. Der Erblasser muss die Erklärung selbst erstellen und darf sich hierzu nicht eines Stellvertreters bedienen. In der Regel wird der Erblasser ein ordentliches Testament aufsetzen, welches er entweder zur Niederschrift eines Notars errichtet, oder eigenhändig verfasst. Im letzteren Fall ist eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung entscheidend.

Nicht zwingend erforderlich, aber empfehlenswert, sind auch Angaben zu Zeit und Ort sowie Vor- und Familiennamen des Erblassers.

Neben diesen Voraussetzungen muss auch der erklärte Wille formgerecht und eindeutig zum Ausdruck gebracht werden – je klarer das Geschriebene, desto weniger Unstimmigkeiten treten im Nachhinein auf. Wählt der Erblasser mehrdeutige Formulierungen, bedarf das Testament einer Auslegung, also einer Erforschung des wahren Willens des Erblassers. Um diesem vorzubeugen, formuliert man am besten unmissverständlich.

 

Erbvertrag

Neben dem Testament bietet sich auch ein Erbvertrag an, um die Erbfolge zu regeln, sofern der Erblasser durch Vertrag einen Erben einsetzen, Vermächtnisse und Auflagen anordnen oder das anzuwendende Erbrecht wählen möchte.

Anders als das Testament kann der Erbvertrag nur zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden.

Eine Ausnahme gilt für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder Verlobten, der mit einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden wird. Es genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form.

Inhaltlich trifft der Erbvertrag vertragsmäßige und einseitige Verfügungen von Todes wegen. Im Grundsatz kann der Erblasser danach zu Lebzeiten frei verfügen.

Empfehlungen für niedergelassene Ärzte

Was passiert mit einer Arztpraxis nach dem Tod eines Vertragsarztes?

Grundsätzlich geht auch eine Praxis nach dem Erbfall wie jedes andere Vermögen auf den Alleinerben oder die Miterben über, entweder im Wege der gesetzlichen Erbfolge oder aufgrund eines Testamentes oder Erbvertrages. Sie erben aber nicht dessen Zulassung:

 


Mit dem Tode des Arztes erlischt seine ärztliche Zulassung (§ 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V).


Im Interesse aller – der Erben und auch der Patienten – sollte der Praxisbetrieb aufrechterhalten werden. Dazu kann die Praxis bis zu einer Dauer von zwei Quartalen durch einen Vertreter derselben Fachrichtung weitergeführt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung ist über den Todesfall zu informieren und die Genehmigung formlos zu beantragen.

Zulassungsbeschränkungen

Wer die Praxis nach den zwei Quartalen fortführt, hängt davon ab, ob Zulassungsbeschränkungen bestehen. Besteht keine Zulassungssperre, kann der Erbe nach einem Praxisnachfolger suchen, der dann seine Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung beantragt. Bestehen Zulassungsbeschränkungen, muss das Nachbesetzungsverfahren unverzüglich eingeleitet werden. Dazu bedarf es eines Antrags des Erben.

Nachbesetzungsverfahren

Der Zulassungsausschuss entscheidet, ob die Praxis ausgeschrieben wird. Wird der Antrag auf Nachbesetzung abgelehnt, zahlt die Kassen­ärztliche Vereinigung auf Antrag eine finanzielle Entschädigung für die Praxis an die Erben.  

Wird dem Nachbesetzungsverfahren zugestimmt, wird der Vertragsarztsitz öffentlich ausgeschrieben und interessierte Ärzte können sich als Praxisnachfolger bewerben. Unter mehreren Bewerbern entscheidet der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei die wirtschaftlichen Interessen der Erben zu berücksichtigen sind. Mit dem Arzt, der die Zulassung erhält, ist ein Praxisübernahmevertrag zu schließen. Der Kaufpreis fließt in die Erb­masse.  

Praxisnachfolge regeln

Es empfiehlt sich, bereits frühzeitig die gewünschte Praxisnachfolge zu regeln. In einem Testament kann der Arzt genau festlegen, wer seine Praxis erben soll.  

Da grundsätzlich aber der Zulassungsausschuss entscheidet, wer die Praxis fortführt, kann durch eine Verfügung von Todes wegen nicht festgelegt werden, wer Praxisnachfolger sein soll. Die Chancen des Wunschnachfolgers im Nachbesetzungsverfahren können aber verbessert werden, wenn der Arzt und sein Wunschnachfolger bereits zusammenarbeiten (sog. Job-Sharing). Bei der Auswahl der Bewerber wird die gemeinschaftliche Praxisausübung nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit vom Zulassungsausschuss berücksichtigt. Auch eine Assistenztätigkeit in der Praxis kann die Chancen des Wunschnachfolgers steigern.

Wenn eine Berufsausübungs­gemeinschaft besteht, sind in dem Gesellschaftsvertrag Regelungen zur Übernahme der Zulassung beim Tod eines Mitglieds der Praxis und zur Vertretung enthalten.

Jana Pauls
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht
ehemals Roos Nelskamp
Schumacher & Partner
Rechtsanwälte
Theaterarkaden – Oper
Kapuzinerstraße 11, 53111 Bonn
E-Mail: roos@rnsp.de
www.rnsp.de

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