Positive Beispiele für die Weiterarbeit schwangerer Ärztinnen: Es gibt sie!

Beschäftigungsverbote für schwangere Ärztinnen sind leider Usus: Der Deutsche Ärztinnenbund wollte wissen, ob es auch anders geht und hat einen Aufruf gestartet, Kliniken, Krankenhaus-Abteilungen und ärztliche Praxen zu melden, die den Mutterschutz im Sinne der schwangeren Frauen umsetzen. Wir haben erfreulicherweise einige gefunden, von denen sich lernen lässt.

Seit 2018 ist das novellierte Mutterschutzgesetz in Kraft. Es sollte eine diskriminierungsfreie Teilhabe von schwangeren, stillenden und jüngst entbundenen Frauen an ihrem Arbeitsplatz bewirken. In der Realität sind medizinische Einrichtungen jedoch noch einmal zurückhaltender geworden, was die Weiterbeschäftigung von schwangeren Ärztinnen angeht.

Uneinheitliches Vorgehen

Nun hat der Deutsche Ärztinnenbund eine Positivliste mit derzeit über 20 Beispielen für einen gelungenen Mutterschutz erstellt, die wir auf unserer Website veröffentlichen. Dabei ist uns aufgefallen: In den Fällen, in denen Schwangere weiterhin patientennah arbeiten und sogar operieren dürfen, war die beaufsichtigende Behörde aufgeschlossen – etwa das Regierungspräsidium oder das Gesundheitsamt. Deren Mitarbeitende haben sich zum Beispiel die Verhältnisse und Konzepte vor Ort angesehen.

Was wir auch feststellen mussten: Meist hängt es individuell von den in der Behörde tätigen Personen ab, wie die Beurteilung ausfällt. Das dürfte aber eigentlich nicht sein, denn der novellierte Mutterschutz soll Benachteiligungen verhindern. Die Situation verunsichert viele Arbeitgeber. Sie fürchten, juristisch belangt zu werden, falls doch etwas passiert – und das, obwohl die Aufsichtsbehörde nur eine beratende Funktion hat.

Praxen besonders betroffen

Die Mutterschutz-Problematik trifft ärztliche Praxen sogar noch härter als Krankenhäuser. In einer Klinik­abteilung lässt sich der Ausfall einer Schwangeren leichter durch das übrige Team auffangen. In einer Praxis ist das meist schwieriger, weil es oft weniger Personal gibt. Und für Praxen im ländlichen Raum ist die Herausforderung noch größer.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, mit nachvollziehbaren und bekannten Maßnahmen die Gefährdung für Schwangere im Medizinbereich zu minimieren. Notfall-Operationen sollten schwangere Ärztinnen natürlich nicht durchführen. Aber elektive Eingriffe sind machbar. Man kann die Patientin oder den Patienten vorher auf HIV und Hepatitis C testen. Dann kann man mit der Anästhesie abklären, dass keine Gas-Narkose verwendet wird, sondern eine intravenöse Narkose. Es braucht Sitzmöglichkeiten während der OP. Außerdem sollte gewährleistet sein, dass eine schwangere Kollegin nie ohne Assistenz operiert und keine Eingriffe macht, die sehr lange dauern. Und man sollte Schwangere noch stärker schützen, zum Beispiel durch doppelte Handschuhe, Indikatorhandschuhe oder eine Schutzbrille.

Überschaubarer Aufwand

Wir können Arbeitgebern darum Mut machen. Eine Weiterbeschäftigung von schwangeren Ärztinnen ist mit überschaubarem Aufwand machbar. Sogar unter Corona-Bedingungen haben es einige geschafft. Das übergeordnete Ziel ist eine bundeseinheitliche Regelung, um die Verunsicherung endlich zu beenden. In einer Zeit des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen ist es nicht hinnehmbar, dass hochmotivierte und gut ausgebildete Beschäftigte nicht weiterarbeiten dürfen, obwohl die Risikolage verantwortbar ist. Ein Nullrisiko existiert nirgendwo für Schwangere, folglich kann das nicht das Argument für eine Weiterbeschäftigung sein. Frauen aus der Retraditionalisierungsfalle holt nur, wer den Mutterschutz konsequent in den betrieblichen Arbeitsschutz integriert und Lösungen sucht.

PD Dr. med.
Barbara Puhahn-Schmeiser


PD Dr. med. Barbara Puhahn-Schmeiser ist Vizepräsidentin des DÄB und im Vorstand zuständig für das Thema Mutterschutz. Die Fachärztin für Neurochirurgie hält es für notwendig, Rahmenbedingungen für Ärztinnen zu schaffen, die eine gleichberechtigte Teilhabe am Berufsleben allgemein und das Erreichen von Führungspositionen ermöglichen.


 

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