Fachartikel kommen kostenlos auch in Ihre Praxis: Open Access

Mario Gehoff, Sara Tiedemann. Am Anfang war es eine Lungenentzündung unbekannter Ursache aus Wuhan in China, die sich rasend schnell zu einer Pandemie wandelte – und niemand wusste Bescheid. Es gab keine Daten, keine Verlaufsprognosen, keine Ideen, wie das Virus funktioniert, und natürlich auch keine Impfstoffe oder Medikamente. Die Forschung begann und es geschah das Ungewöhnliche: Viele wissenschaftliche ­Verlage veröffentlichten Artikel, die vermeintlich neue Erkenntnisse über die Corona­-Pandemie präsentierten, völlig kostenlos.

Zitierweise: HAUT 2022;33(5):289-290.

Ungewöhnlich deswegen, weil der Marktplatz der wissenschaftlichen Veröffentlichungen nicht altruistisch geprägt ist, sondern ein Oligopol aus wenigen wissenschaftlichen Verlagen. Teilweise mit absurden Preisen wie 25 Euro für die 48-Stunden-Nutzung eines Artikels in PDF-Form. Doch Corona brachte mit sich, dass wissenschaftliche Verlage ihre Artikel zum Lesen frei­gaben, ohne dass hierfür Geld gezahlt werden musste. Ihr Ziel: Forschungsergebnisse zur Pandemie schnell und unkompliziert zur Verfügung zu stellen. Eine enorme Menge an wissenschaftlichem Wissen war auf einmal für alle mit einem Internetanschluss frei verfügbar.

Mittlerweile sind fast alle Corona-Schutzmaßnahmen wieder abgeräumt und auch die Bezahlschranken der Verlage wieder hochgefahren. Ab jetzt gilt wieder: Nur wer es sich leisten kann und will, der darf auch wissenschaftliche Artikel lesen. Da ist es verständlich, dass selbst Ärzte, besonders wenn sie nicht im wissenschaftlichen Umfeld tätig sind, sich nicht jeden neuen Artikel zu einem Thema anschauen. Dabei gibt es ein Publikationsmodell, das jedem den Zugriff auf wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglicht und das immer häufiger genutzt wird: Open Access (offener Zugang).

Freier, kostenloser Zugang zu Publikationen

Open Access meint, der sogenannten Budapester Erklärung von 2002 folgend, dass derartige Literatur kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein sollte, sodass Interessierte die Volltexte lesen, herunter­laden, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können – ohne finanzielle, gesetzliche oder technische Barrieren jenseits von denen, die mit dem Internetzugang selbst verbunden sind. Oder verkürzt gesagt: Open Access meint den freien Zugang zu wissenschaft­licher Literatur im Internet für jeden.

Die beiden wichtigsten Publikations­wege bei Open Access werden auch als goldener und als grüner Weg bezeichnet: die Erstveröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit und die Zweitveröffentlichung, beispielsweise in Repositorien. Mit blau, gelb, grau, weiß und neuerdings auch Platin/ Diamant gibt es mittlerweile einen ganzen Regenbogen an weiteren Open-Access-Modellen. Da diese Farbpalette vor allem für die Nachverwertung von Artikeln interessant ist, nicht aber für das reine Lesen, wird sie an dieser Stelle auch nicht weiter behandelt. Auch soll nur kurz angerissen werden, dass es natürlich auch in den Zeiten von Open Access nicht ohne Geld geht: Nur fließt dies eben nicht mehr von den Lesern zu den Verlagen, sondern von den Autoren zu den Verlagen. 

In der Folge sind neben der klassischen Fachzeitschrift, bei der man für jeden Artikel zahlen muss, besonders zwei Journal-Modelle entstanden: 

  • Open-Access-Journals: Zeitschriften, die alle Artikel mit Open Access veröffentlichen. Der Zugriff ist allgemein frei. 
  • Hybrid-Journals: Zeitschriften, die ihre Artikel in der Regel nicht mit Open Access zur Verfügung stellen. Jedoch können die Autoren entscheiden, ihren Artikel gegen eine zusätzliche Gebühr mit Open Access zu veröffentlichen. Nur der Zugriff auf diese Artikel ist dann allgemein frei.

Die Übersicht darüber zu behalten, ist nicht einfach und erfordert selbst in einigen dermatologischen Forschungsinstituten mit jährlich vielen Veröffentlichungen mitunter eine eigene Publikationsverwaltung.

Alles für alle!

Veröffentlichungen mit Open Access sind umso sinnvoller, vergegenwärtigt man sich, dass wissenschaftliche Forschung – die Quelle jedes wissenschaftlichen Papers – zum großen Teil öffentlich finanziert ist. Und öffentlich meint hier: mit Steuer­geldern. Nicht wenige Wissenschaftler verstehen dies als Selbstverpflichtung, die Ergebnisse staatlich finanzierter Forschung jedem öffentlich zugänglich zu machen. Denn wissenschaftliche Publikationen sind nicht nur für Forscher an gut ausgestatteten Universitäten in reichen Ländern wichtig, nicht nur für die Forschung zu gerade aktuellen Krankheiten oder Pandemien, sondern für alle Fachgebiete und – noch wichtiger – für alle Inte­ressierten. Eine Open-Access-Publikation, egal ob Artikel oder Buch, beschleunigt die wissenschaftliche Kommunikation und verbessert quasi nebenbei die Forschung. Kein Wunder, dass beispielsweise auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) massiv auf Open Access setzt, um den freien Wissensaustausch und Erkenntnistransfer zu fördern. Dabei knüpft die DFG Fördergelder mittlerweile daran, dass Ergebnisse auf dem goldenen oder dem grünen Weg veröffentlicht werden.

Wichtig noch zu wissen: Open Access bezeichnet eine Art und Weise, wie Wissen bereitgestellt wird. Es sagt aber erst einmal nichts über die Qualität einer Veröffentlichung aus. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen diese selbst prüfen und entscheiden, wie seriös die veröffentli­chende Stelle (Verlag, Zeitschrift, Service-Anbieter) ist. Ein solides Open-Access-­Journal sollte dieselben Qualitätsstandards haben wie ein traditionelles Journal, zum Beispiel ein angemessenes Begutachtungsverfahren (Peer Review). Bleiben Sie also wachsam, was Sie lesen.

Tipp für die Praxis

Viele der großen Verlage wie Wiley oder Springer bieten ebenfalls Open-Access-Artikel an. Ein Blick auf die Internetpräsenz Ihres dermatologischen Lieblingsjournals lohnt sich. Sicherlich werden Sie auch dort interessante wissenschaftliche Artikel finden. For free.

Beispiele    

  • PubMed (Central), größte Datenbank der Biomedizin, über 7 Mio. frei verfügbare medizinische Artikel („free PMC article“): www.ncbi.nlm.nih.gov  
  • DOABooks, Verzeichnis für 50.000 frei zugängliche Bücher unterschiedlicher Fachgebiete, davon 8.000 Bücher auf Deutsch: doabooks.org  
  • OAPEN, Bücher-Volltexte, mehr als 5.000 auf Deutsch, inkl. Bücher der Med. Wiss. Verlagsges. (MWV):  library.oapen.org 
  • DOAJ, Verzeichnis von 17.000 Open-Access-Zeitschriften in 80 Sprachen, darunter 46 dermatologische Journals: doaj.org 

 

Mario Gehoff, Sara Tiedemann, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Mit freundlicher Genehmigung des ­PsoNet-Magazins.

Regionale Psoriasisnetze in Deutschland (PsoNet)

Mehr Versorgungsqualität durch Vernetzung: Immer mehr regionale Psoriasis-Netzwerke schließen sich bundesweit mit Unterstützung von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) unter dem Namen PsoNet zusammen. 

In den regionalen Netzen arbeiten dermatologische Praxen und Kliniken bei der Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis zusammen. Das Netz steht allen Dermatologen und ihren Kooperationspartnern offen. Der kontinuierliche fachliche Austausch, die einheitliche Implementierung der S3-Leitlinie und ein kontinuierliches Qualitätsmanagement sichern eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. 

Fachärzte für Dermatologie gründen regionale Psoriasisnetze eigenständig; sie verwalten und koordinieren Maßnahmen wie regionale Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen. Für Gründung und Gestaltung der Praxisnetzwerke hat die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) in Zusammenarbeit mit dem Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) einen Katalog von Qualitätskriterien erarbeitet. Das CVderm unterstützt die beteiligten Praxen und Kliniken durch koordinierende, moderierende und evaluierende Maßnahmen auf regionaler und bundesweiter Ebene. 

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Informationen finden Sie hier: www.psonet.de 

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