Gut gepflegte Haut bei Kompressionstherapie

Patienten schildern oft, dass unter ihrer Kompressionsversorgung Hautirritationen auftreten. Durch eine regelmäßige Hautpflege der Beine erhöht sich die Elastizität der Haut, und Reizungen werden gemindert.

Eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI) führt bei Betroffenen zu gestauten, ödematösen Unterschenkeln. Typische begleitende Symptome sind eine Dermatoliposklerose und eine hohe Exsudation. Zudem treten oft Hauttrockenheit, Rötungen, Schuppungen (Abb.1) und Juckreiz (Abb. 2) auf. Solche Reizungen entstehen durch Hautveränderungen aufgrund der CVI, die bis zur Ausbildung eines Ulcus cruris venosum (UCV) führen kann. Durch Reibung der Kompressionsmaterialien auf der Haut können sich diese Effekte verstärken. Daher ist eine individuell angepasste Hautpflege mit hypoallergenen Produkten eine wichtige begleitende Maßnahme bei der Kompressionstherapie.

Manchmal tritt als Begleiterscheinung des UCV ein Ekzem auf, das meist auf den Bereich der Kompressionsversorgung begrenzt ist. Dieses sollte per allergologischer Testung von einem allergischen Kontakt­ekzem abgegrenzt werden. Bei Verdacht auf eine Pilzinfektion sind Schuppen abzukratzen und zur Schuppendiagnostik ins Labor zu senden. Bei anhaltenden Hautproblemen ist eine dermatologische Untersuchung angeraten. Diese beugt der Ausbildung eines generalisierten Ekzems auf den gesamten Körper vor.

Tägliche Routine sichert den Erfolg

Die Kompressionstherapie hat auf den Alltag des Betroffenen erhebliche Auswirkungen und begleitet ihn oft ein Leben lang. Ebenso sollte die Hautpflege zum Teil der täglichen Routine werden. Sie erfolgt ein- bis zweimal täglich und begleitet das An- und Ablegen der Kompressionsmaterialien. Für die Auswahl von Hautpflegeprodukten gilt die Faustregel „feucht auf feucht und fett auf trocken“. Somit sind auf einer trockenen Haut eher fettige, hydrophobe Pflegeprodukte und auf einer feuchten Haut eher hydrophile Produkte wie Lotionen anzuwenden. Hydrophobe Produkte können zudem einen Schutz vor Feuchtigkeit bieten, z. B. gegenüber Mazeration. Bei nässenden Ekzemen sind eher flüssige Zubereitungen wie Cremes oder Lotionen zu nutzen. Cremes bestehen hauptsächlich aus Wasser mit einer fettigen Grundlage. Zudem enthalten sie Konservierungsstoffe und Emulgatoren. Alkoholische Zusätze können die Haut weiter austrocknen. Zudem sind mögliche Allergene zu vermeiden (Tab. 1).

Tab. 1: Übersicht möglicher Allergene, auf die als Zusätze bei Hautpflegeprodukten unterhalb der Kompressionstherapie zu verzichten ist

Konservierungsstoffe, z. B. Parabene

Antibiotika

Melkfett

Perubalsam

Waffenöl, z. B. Ballistol

Wollwachsalkohole

Analgetika, z. B. Diclofenac

Phytotherapeutika, z. B. Rosskastanien, Ringelblüten, Weinlaub

Bienenwachs

 

Insbesondere bei trockener, juckender Haut sind Feuchthaltefaktoren wie Urea und Glyzerin sowie fetthaltige Salbengrundlagen, d. h. auf Wasser-in-Öl-Basis, zu bevorzugen. So sind beispielsweise Basissalben mit 5 % Harnstoff gut zum Einsatz unterhalb der Kompressionsversorgung geeignet. Zudem sind lockere Hautschuppen regelmäßig zu entfernen, da sie eine Eintrittspforte für Bakterien und somit ein Infektrisiko bedeuten. Es ist darauf zu achten, dass die Hautpflege vor dem Anlegen der Kompressionsversorgung eingezogen ist, da das Strumpfmaterial nicht gut darauf gleitet. Optimal wäre es, die Beine abends vor dem Zubettgehen einzucremen. Diese regelmäßige Pflege steigert die Elastizität der Haut und mindert den Juckreiz. Bei der Entscheidung für ein Pflegeprodukt sind Vorlieben und Abneigungen des Betroffenen zu berücksichtigen, insbesondere da solche Produkte weder verordnungs- noch erstattungsfähig und vom Patienten selbst zu zahlen sind. Durch die Berücksichtigung seiner Präferenzen wird seine Akzeptanz gegenüber dieser Maßnahme gestärkt.

Kompressionsmaterialien

Die Steigerung der Patientenadhärenz und des Tragekomforts stehen auch im Fokus neuerer Produktentwicklungen bei den Kompressionsmaterialien. Neben der Hautpflege kann ein Baumwollschlauchverband, der unterhalb der Bandagierung angelegt wird, Unverträglichkeiten gegenüber Bindenmaterialien vorbeugen. Zudem sollte grundsätzlich eine Unter- und Aufpolsterung der Kompressionsbandagierung erfolgen. Diese minimiert das Risiko von Druckschäden, die zu Hautverletzungen führen können.

Bei Unverträglichkeiten gegenüber medizinischen Kompressionsstrümpfen (MKS) sind z. B. Modelle mit erhöhtem Baumwollanteil zu bevorzugen. Zudem gibt es MKS mit eingearbeiteten Keramikkapseln, die während des Tragens pflegende Stoffe abgeben sollen, oder MKS, deren Fasern bereits mit pflegenden Stoffen angereichert sind. Manche MKS bestehen aus mit Silber ummantelten Fäden, die eine Besiedlung der Haut mit Bakterien reduzieren sollen.

Mögliche Hautreaktionen werden oft nicht durch das Material ausgelöst, sondern durch Inhaltsstoffe der Haftränder oder Bestandteile der Färbung. Die Nutzung von An- und Ausziehhilfen dient zusätzlich dem Erhalt des Strumpfmaterials, erleichtert das An- und Ausziehen und schont die Haut. Sie sind wie MKS in der Regel als Hilfsmittel verordnungs- und erstattungsfähig.

Die Wundversorgung im Blick

Bei einem UCV ist zudem eine Wundversorgung erforderlich. Durch Wundauflagen, insbeson­dere deren Beschichtungen oder Klebeflächen, kann die Haut zusätzlich gereizt werden. Daher sind Produkte ohne Kleberand oder mit hautfreundlichen Silikonbeschichtungen zu bevorzugen. Die initiale Entstauungsphase geht meist mit einem hohen Exsudataufkommen einher. Daher sollten Wundauflagen genutzt werden, die viel Exsudat aufnehmen können und unter dem Druck der Kompressionsbandagierung eine gute Retention haben, z. B. Vlieskompressen mit Superabsorber. In der Erhaltungsphase, wenn die Exsudation abnimmt, kommen z. B. feinporige Polyurethanschaumverbände zum Einsatz. Feuchte, durch Mazeration gefährdete Umgebungshaut wird durch geeignete Hautschutz­produkte wie etwa transparente Produkte auf Acrylat-Copolymer-­Basis vor weiteren
Schäden geschützt.

 


Buchtipp: Moderne Wundversorgung

Kerstin Protz, 9. Auflage, 296 Seiten, 122 farbige Abb., Elsevier 2019, ISBN 978-3-437-27886-0, Preis: 26 €

Die moderne, hydroaktive Wundversorgung bietet individuell angepasste Versorgungsmöglichkeiten. Dieses Buch enthält u. a. Informationen zu folgenden Themen: Grundlagen über Haut, Hautpflege und Wundarten, Möglichkeiten und Methoden der Wundreinigung und -spülung, phasengerechte Wundversorgung, Versorgung von Dekubitus, Feuchtigkeitsläsion, Ulcus cruris und diabetischem Fußsyndrom sowie Verordnung, Erstattung, Kosten und rechtliche Aspekte. Auf beiliegender CD und online zu finden sind z. B. eine Übersicht über Produktgruppen mit Angabe der Hersteller, erhältlichen Größen und Pharmazentralnummern (PZN), Assessmentinstrumente, Standards, Wunddokumentationsformulare, Patienten- und Angehörigenbroschüren. Quelle: Elsevier


 

1 Rabe E, Földi E, Gerlach H et al. AWMF S2k-Leitlinie Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). AWMF-Leitlinien-­Register Nr. 037/005, 2019.
2 Machet L, Couhé C, Perrinaud A et al. A high prevalence of sensitization still persists in leg ulcer patients: a retrospective series of 106 patients tested between 2001 and 2002 and a meta-analysis of 1975-2003 data. Br J Dermatol 2004;150(5):929-935.
3 Protz K. Moderne Wundversorgung, 9. Aufl. Elsevier Verlag, München 2019.
4 Protz K, Dissemond J, Kröger K (Hrsg.). Kompressionstherapie – Ein Überblick für die Praxis. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2016.
5 Reich-Schupke S, Stücker M. Moderne Kompres­sionstherapie. Viavital Verlag, Köln 2013.
6 Standards Wundzentrum Hamburg e. V.: www.wundzentrum-hamburg.de

Kerstin Protz
Bachstraße 75
22083 Hamburg
kerstin.protz@gmx.de

Kerstin Protz ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Projektmanagerin Wundforschung im Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) am Universitätsklinikum Hamburg-­Eppendorf, Referentin für Wundversorgungs­konzepte, Vorstandsmitglied des Wund­zentrum Hamburg e. V.

Fragen an die Autorin

Haben Sie Fragen an die Autorin dieses Beitrages Kerstin Protz? Gerne können Sie diese per E-Mail (info@wpv-verlag.de) unter dem Stichwort „Kompressionstherapie“ an uns schicken.

 

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung