Psoriasis bei Menschen mit dunkler Haut

Mario Gehoff. Hautkrankheiten auf dunkel pigmentierter Haut zu beurteilen, stellt für viele Dermatologen* eine Herausforderung dar. Die hierzulande oft nur rudimentären Kenntnisse darüber, wie Dermatosen bei Menschen verschiedener ethnischer Herkunft aussehen, ist ein Quell für Unsicherheit und Fehldiagnosen.

Zitierweise: HAUT 2024;35(2):61-63.

* Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das ­generische Maskulinum verwendet werden. ­Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

In Deutschland leben rund 21,5 Millionen ADAC-Mitglieder und angeblich 150.000 Kaninchenzüchter. Doch wie viele Menschen in Deutschland eine eindeutig dunkel pigmentierte Haut haben, ist unbekannt. In etwa 800.000, sagen einige Verbände, vielleicht aber auch eine Million, sagen andere Verbände. Das heißt, es gibt einen bedeutenden Anteil von Menschen mit dunkel pigmentierter Haut in Deutschland und somit auch in dermatologischen Praxen.

Dunkle Haut umfasst in der Regel die Fitzpatrick-Hauttypen V und VI. Diese finden sich bei Menschen mit afrikanischem oder afroamerikanischem, aber auch mit asiatischem oder ozeanischem Hintergrund: People of Color sind die sichtbarste Minderheit in Deutschland. Dennoch sind die Besonderheiten von dunkler Haut in Fach- und Lehrbüchern weitestgehend unberücksichtigt. Eine Studie aus dem Jahr 2021 hat ergeben: Fast 92 % aller Fotografien aus 17 deutschen Lehrbüchern zeigten den Hauttyp I oder II, weitere knapp 7 % konnten als Hauttyp III identifiziert werden. Die Ausbeute beim Hauttyp IV: ein einziges Foto. Die Hauttypen V und VI waren nicht repräsentiert. Zufall? Oder eine unbewusste Verzerrung? Auf jeden Fall ein ernüchterndes Ergebnis!

Manch einer mag argumentieren, dies liege daran, dass Dermatologen in Deutschland überwiegend Patienten mit heller Haut betreuen und es deswegen hierzu deutlich mehr Lehrmaterial gibt. Oder dass die übliche Charakterisierung pathologischer Zeichen über die Farbe und über Primär- und Sekundär­effloreszenzen für das Beschreiben und Einordnen des Beobachteten an pigmentierter Haut nicht einfach sei. Dem muss man entgegenhalten: Stimmt! Aber gerade deswegen müssen Dozenten und Lehrbücher auch aufzeigen, wie die typischen Zeichen von Erkrankungen auf dunkler kranker Haut aussehen. Ein einfacher Rückschluss von Dermatosen bei heller Haut auf dunkle Haut ist mitunter genauso wenig möglich wie von Erwachsenen auf Kinder. Wichtig ist, die Unterschiede zu kennen. 

  • Schuppen wirken auf dunkler Haut mitunter aschfarben und sind nicht immer einfach zu erkennen, auch ein Erythem zeigt sich nicht gewohnt rot. Wesentlich für eine korrekte Diagnose wäre hier also eine seitlich einfallende helle, aber nicht gleißende Beleuchtung. 
  • Atopische Dermatitis kann sich bei Menschen afrikanischer Herkunft auch streckseitig manifestieren und zeigt so ein klinisches Bild, das eher dem einer Psori­asis bei Menschen mit heller Haut ähnelt. 

Letztlich ist also nicht verwunderlich, wenn Dermatologen häufig berichten, wie schwierig für sie das Diagnostizieren von Hautkrank­heiten auf dunkel pigmentierter Haut ist.

Wesentliche Unterschiede in Kürze

In dunkler Haut gibt es nicht einfach mehr Melanozyten, wohl aber größere Melano­somen, die große Mengen an Melanin enthalten, was zu einer dunkleren Haut führt. Auch weisen dunklere Hauttypen im Vergleich zu helleren Hauttypen funktionelle und strukturelle Unterschiede auf: im Stratum corneum, in der Epidermis, in der Dermis sowie bei der Hautpigmentierung. Das Stratum corneum verfügt bei dunkler Haut über mehr Schichten, ist also kompakter. Die Dermis hingegen hat bei weißer Haut einen deutlich geringeren Durchmesser als bei dunkler. Vor allem Anzahl und Größe der Fibroblasten sowie deren Aktivität ist bei dunkler Haut stärker ausgeprägt, was zu stärkeren Bindegewebs­reaktionen führen kann: Dunkle Haut neigt zu Keloidbildung bei Narben. Die Haarfollikel sind in dunkler Haut meist prominenter, vor allem bei Kindern. Und letztlich ist das Kopfhaar bei Menschen verschiedener Hautfarben distinktiv unterschiedlich. Afrikanisches Haar beispielsweise hat einen leicht elliptischen Durchmesser, verlässt die Kopfhaut in einem spitzen Winkel, verfügt über keine einheitliche Dicke und neigt daher dazu, sich zu kräuseln. Ebenfalls wichtig zu beachten: Menschen mit dunkler Haut leiden in der Regel verstärkt unter allem, was mit einer Hypo­pigmentierung einhergeht. Denn gerade eine verminderte Hautpigmentierung ist auf dunkler Haut wesentlich auffälliger als auf heller Haut und kann so zusätzlich stigmatisierend wirken.

Psoriasis bei dunkler Haut

Wissenschaftliche Studien zeigen: Die Psoriasis tritt anscheinend bei Menschen mit Hauttyp V/ VI deutlich seltener auf als bei hellhäutigen Menschen. Wobei schon hier auf die mangelhafte Datenlage beispielsweise in Afrika und damit auf die potenziell verzerrte Repräsentation verwiesen werden muss. Es gibt aber auch eine gute Nachricht, denn klinisch betrachtet unterscheidet sich eine Psoriasis bei verschiedenen Hauttypen nur unwesentlich. Auch auf dunkler Haut sind die Läsionen meist scharf begrenzt. Desgleichen ist das Auspitz-Phänomen, die durch Kratzen hervorgerufene punktförmige Blutung, typisch und auslösbar. Ein Erythem ist oft weniger gut sichtbar; zu achten ist stattdessen auf eine diskrete bräunliche oder auch etwas violett erscheinende Hyperpigmentation. Die Gesichtsregion scheint bei Hauttyp IV etwas öfter betroffen. Immer wieder wird über ­ausgedehnte Formen beim Hauttyp V/ VI berichtet, was aber auch mit einer größeren Latenz bis zum Therapiebeginn aufgrund von Unterversorgung zu tun haben kann. Häufig sind allerdings sowohl postinflam­matorische Hypo- als auch Hyperpigmentierungen zu finden: Neue Daten deuten darauf hin, dass Interleukin (IL) -17 und Tumor­nekrosefaktor (TNF) die Melanogenese hemmen und gleichzeitig zahlreiche Melanozyten-Mitogene induzieren. 

Sehr hilfreich sei deswegen, so Prof. Peter Schmid-Grendelmeier, Zürich, ein Blick auf die Nägel. Sie unterscheiden sich bei heller und dunkler Haut kaum. Auch die Psoriasis der Kopfhaut, mit einer scharf abgegrenzten plaqueförmigen Schuppung vor allem am Haaransatz, hinter dem Ohr und im Nacken, ist wie bei heller Haut häufig deutlich zu erkennen. Ebenfalls beachtenswert: die für eine Psoriasis typischen Streckseiten oder auch gut sichtbare Veränderungen an Hand- und Fußsohlen oder der Gesäßspalte. Differenzialdiagnosen bei einer Psoriasis auf dunkler Haut sind: Lichen ruber verrucosus, Sarkoidose und Lupus erythematodes. Im Zweifelsfall kann eine Haut­biopsie helfen.

Behandlung: weniger medizinische, aber kulturelle Besonderheiten 

Für die Behandlung einer Psoriasis scheint der Hauttyp keine wesentliche Rolle zu spielen. Aber: Aufgrund des dunkleren Hauttyps kann eine Fototherapie möglicherweise zu dunkleren Farbtönen an exponierten Stellen führen. Und da bestimmte Kulturen einen hellen Teint als besonderes Schönheitsideal ansehen, könnte die potenzielle Hyperpigmentierung ein gravierendes Problem darstellen und sollte vorab mit dem Patienten besprochen werden. 

Biologika für die systemische Therapie scheinen bei Patienten mit dunkler Haut vergleichbar sicher und effektiv zu wirken. Zwar gibt es einige ethnische Subanalysen, die zeigen, dass einige Biologika z. B. in einer japanischen Population wirksamer sind. Es wird aber vermutet, dass dies nicht an Ethnie oder Hautfarbe liegt, sondern dass gerade asiatische Studienteilnehmer in diesen klinischen Studien auch andere Einflussfaktoren einbringen, etwa ihr geringeres Körpergewicht, eine kürzere Krankheitsdauer oder einen höheren Ausgangsschweregrad, weshalb das Biologikum besonders gut anschlägt. Insbesondere Studien aus den USA konnten keine Unterschiede in Bezug auf das Ansprechen oder Nebenwirkungen zwischen Patienten mit heller bzw. dunkler Haut oder solchen mit asiatischem, lateinamerikanischem oder afroamerikanischem Hintergrund beobachten. Wobei auch hier angemerkt werden muss: Selbst in diesen Studien nehmen Menschen mit dunkler Haut nur eine Minderheit von 10 % bis 15 % der Teilnehmer ein. 

In jüngerer Zeit werden aber auch immer häufiger vor allem klinische Studien geplant, die ein diverseres Teilnehmerbild beachten. Gerade unter dem Aspekt einer Psoriasis­versorgung, die sich mehr und mehr zu einer differenzierten und patientenorientierten Therapie entwickelt, ist dies wichtig. Denn mitunter können schon minimale genetische oder pathophysiologische Unterschiede eine gewichtige pharmakogenomische Rolle spielen und Sicherheit und Wirksamkeit eines Arzneimittels beeinflussen.

Apropos Patientenorientierung: Gilt es bei Patienten mit dunkler Haut eine Psoriasis der Kopfhaut zu behandeln, sollte zu einer topischen Lösung gegriffen werden, die mit kultureller Haarpflege oder den Patientenpräferenzen vereinbar ist, also z. B. hinsichtlich afrostrukturiertem Haar oder dem Styling (Zöpfe, Flechtfrisuren, Locken, Einsatz chemischer Relaxer). Eine Behandlung, die das tägliche Waschen der Haare erfordert, ist oft nicht geeignet, da trockenes Haar oder Haarbruch das gewohnte Haar­styling mitunter massiv beeinträchtigen. Unzufriedene Patienten und eine mangelnde Therapietreue wären die Konsequenz. Eine angepasste Behandlungsvariante kann vor allem für afroamerikanische Frauen das wöchentliche Waschen mit einem medizinischen Shampoo in Verbindung mit der ein- bis zweimal täglichen Anwendung eines topischen Kortiko­steroids sein. Haarstrukturen oder Frisierpraktiken werden hierbei nicht beeinträchtigt.

Diversität der Gesellschaft nimmt zu

Aufgrund der zunehmenden Diversität der Gesellschaft ist es für Dermatologen wichtig, häufig vorkommende Dermatosen auch auf dunklerer Haut zu erkennen. Denn auch eine Nichtversorgung oder eine falsche Versorgung sind beides nur Varianten einer Stigmatisierung. Und die gilt es immer zu vermeiden, vor allem von Dermatologen in ihrer beruflichen Position als Experten für die Haut jeglicher Couleur.

Mario Gehoff

Mit freundlicher Genehmigung des PsoNet Magazin.

Regionale Psoriasisnetze in Deutschland (PsoNet)

Mehr Versorgungsqualität durch Vernetzung: Immer mehr regionale Psoriasis-Netzwerke schließen sich bundesweit mit Unterstützung von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) unter dem Namen PsoNet zusammen. 

In den regionalen Netzen arbeiten dermatologische Praxen und Kliniken bei der Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis zusammen. Das Netz steht allen Dermatologen und ihren Kooperationspartnern offen. Der kontinuierliche fachliche Austausch, die einheitliche Implementierung der S3-Leitlinie und ein kontinuierliches Qualitätsmanagement sichern eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. 

Fachärzte für Dermatologie gründen regionale Psoriasisnetze eigenständig; sie verwalten und koordinieren Maßnahmen wie regionale Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen. Für Gründung und Gestaltung der Praxisnetzwerke hat die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA) in Zusammenarbeit mit dem Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) einen Katalog von Qualitätskriterien erarbeitet. Das CVderm unterstützt die beteiligten Praxen und Kliniken durch koordinierende, moderierende und evaluierende Maßnahmen auf regionaler und bundesweiter Ebene. 

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Informationen finden Sie hier: www.psonet.de 

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