Werbung für ärztliche Leistungen: Wettbewerbsrecht beachten!

Christiane Köber. Werbung für ärztliche Leistungen ist sinnvoll und nützlich. Mediziner* haben die Möglichkeit, sich und ihre Qualifikationen darzustellen, Patienten können sich informieren. Die (Werbe-) Freiheit ist aber nicht grenzenlos: Wer wirbt, hat bestimmte Spielregeln zu beachten. Bei Verstößen droht Ärger mit Mitbewerbern oder Verbänden.

Zitierweise: HAUT 2023;34(4):179-180.

Zwischen sachlicher Information und Werbung

* Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das generische Maskulinum verwendet werden. Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

… gibt es rechtlich keinen Unterschied. Werbung ist jede Handlung, die den Absatz der Ware oder Dienstleistung fördert, mag die Werbemaßnahme sachlich oder reklame­mäßig gestaltet sein. Die „Hauptspiel­regel“, die für alle Gewerbe­treibenden gilt (und dazu zählen rechtlich auch Ärztinnen und Ärzte), ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Es enthält sozusagen die zehn Gebote für Fairness im Wettbewerb, etwa das Verbot irreführender Werbung oder herabsetzender Äußerungen, Vorgaben für transparente Werbung oder Regeln zum Umgang mit Werbung per E-Mail oder Telefon. 

Für den Gesundheitsbereich hat der Gesetzgeber im Heilmittelwerbegesetz (HWG) noch strengere Regeln vorgesehen – und Werbemethoden, wie sie etwa im Einzelhandel üblich sind, für den Gesundheitsbereich untersagt. Vorschriften, die den Wettbewerb regeln, sind darüber hinaus in vielen anderen Rechtsnormen enthalten, so zum Beispiel in den Berufs- oder den Gebührenordnungen. Die Regeln gelten für jegliche Werbemedien; Instagram, Facebook etc. sind kein rechtsfreier Raum!

Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit

… verlangen die Regeln des Wettbewerbsrechts, so könnte man die komplexen Vorschriften zu den Irreführungsverboten im UWG und HWG (§ 5 UWG, § 3 HWG) zusammenfassen. Wie in jeder Branche geht es auch im Gesundheitsbereich in vielen Fällen um Fragen der Verbrauchertäuschung und damit letztlich um eine Verzerrung des Wettbewerbs. Die Bandbreite reicht von unzutreffenden Facharztbezeichnungen und „geschönten“ Ausstattungsmerkmalen bis hin zur umstrittenen Frage, wann Praxen sich als „Zentrum“ bezeichnen dürfen.

Bei der Prüfung, ob eine Aussage ­irreführend ist, ist es unerheblich, was die oder der Werbende bezweckte. Vielmehr kommt es darauf an, wie die angesprochene Zielgruppe die Werbe­aussage auffasst und welche Erwartungen die Aussage dort weckt. 
Das Argument „So habe ich es aber nicht gemeint!“ ist rechtlich voll­kommen unerheblich. 

Zumal es im Wettbewerbsrecht nicht darauf ankommt, ob jemand vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Maßgeblich ist allein das objektive Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes. Auch Mehrdeutigkeiten („Man könnte es aber auch anders verstehen…“) gehen zulasten des Werbenden. Wer wesentliche Informationen nicht nennt, handelt ebenfalls wettbewerbswidrig, denn der Gesetzgeber hat auch eine irreführende Werbung durch Unterlassen untersagt.

Vorher-nachher-Bilder

… sind, so könnte man meinen, nur bei „echten“ Operationen unzulässig. Denn die entsprechende Vorschrift in § 11 Absatz 1 Satz 3 HWG spricht von „operativen plastisch-chirurgischen Eingriffen“. Die Vorschrift ist das Verbot, mit visualisierten Erfolgszusagen zu werben. Aber fallen auch Faltenunterspritzungen unter das Verbot? Mit der Frage, ob es sich bei diesen Verfahren um operative plastisch-chirurgische Eingriffe handelt, beschäftigen sich derzeit einige Gerichte. Bisher geht die Tendenz dahin, auch Faltenunterspritzungen als Eingriffe mit geringerer Intensität unter das Verbot zu fassen. So meint zum Beispiel das Landgericht Frankfurt, dass auch die Veränderung des Körpers durch eine unter die Haut gespritzte Substanz einen solchen plastisch-operativen Eingriff darstelle (LG Frankfurt, Urteil vom 3.8.2021, Az. 3-06 O 16/21). Das Oberlandesgericht Frankfurt ließ in der mündlichen Verhandlung erkennen, dass es die Auffassung des Landgerichts bestätigen werde, sodass die Beklagten die Berufung zurücknahmen. Die Wett­bewerbszentrale beabsichtigt, ein Verfahren bis zum Bundesgerichtshof zu führen, denn nur ein Grundsatzurteil kann zur Rechts­sicherheit für Ärztinnen und Ärzte führen. 

Bis dahin geht jeder Werbende das Risiko ein, dass seine Werbung mit vergleichenden Fotos für Faltenunterspritzungen beanstandet wird. Das gilt im Übrigen auch für Umgehungen aller Art, etwa versetzt angebrachte Abbildungen, der pauschal angebrachte Hinweis auf eine medizinische Indikation, die Anmerkung, dass die Fotos nur für Patienten nach einer Beratung bestimmt seien etc.

Verstöße gegen die Spielregeln ahnden

… können Mitbewerber, Ärztekammern, Berufsverbände oder zum Beispiel die Wettbewerbszentrale. Das geschieht zunächst im Wege einer sogenannten Abmahnung, in der das kritisierte Verhalten geschildert und der Werbende zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert wird. Erst wenn diese nicht abgegeben wird, kommt es zu einem teuren Gerichtsverfahren. Bei Abmahnungen wird häufig vorgetragen, es handele sich um ein einmaliges Versehen. Das ist allerdings unerheblich, denn bereits ein einmaliger, vielleicht sogar versehentlich begangener Wettbewerbsverstoß löst einen Unterlassungsanspruch aus. Ebensowenig reicht es aus, nur den Wettbewerbsverstoß zu beseitigen oder zu versprechen, die Werbung zu ändern. Zwingend erforderlich ist die Abgabe einer Unterlassungserklärung, die für den Fall eines zukünftigen Verstoßes eine Vertragsstrafenregelung enthalten muss.

Fazit

Im Zweifel empfiehlt es sich, sowohl vor Werbemaßnahmen als auch im Falle der Abmahnung rechtlichen Rat einzuholen.

Korrespondenzadresse

Christiane Köber
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren ­Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V.
Tannenwaldallee 6
61348 Bad Homburg v.d.H.
E-Mail: koeber(ett)wettbewerbszentrale.de

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