Enzymschere von Darm-Mikroben entschlüsselt

Flavonoide & Co.: Mikroorganismen im menschlichen Darm nutzen die sogenannte Beta-Eliminierung, um sekundäre Pflanzenstoffe aufzuspalten und so für den Menschen verfügbar zu machen.

 

Obst und Gemüse enthalten eine Vielzahl sekundärer Pflanzenstoffe wie etwa Flavonoide, die Früchten ihre Farbe geben und denen gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Die meisten sekundären Pflanzenstoffe kommen in der Natur als Glykoside vor, also als chemische Verbindungen mit Zuckern. Damit der Mensch die Pflanzenstoffe aufnehmen kann, muss der Zucker im Darm abgespalten werden. Behilflich dabei sind Mikroorganismen der Darmflora, die den Prozess beschleunigen. Sogenannte C-Glykoside, also Pflanzenstoffe mit kohlenstoffbasierter Verbindung zu einem Zucker, wären ohne die Darmmikroben sogar praktisch unverdaulich (z. B. Nothofagin in Roibuschtee). 
Ein Forschungsteam um Johannes Bitter, Martin Pfeiffer und Bernd Nidetzky vom Institut für Biotechnologie und Bioprozesstechnik der TU Graz hat nun bestimmen können, welches Werkzeug die Darmbakterien zum Spalten von Glykosiden nutzen und wie es funktioniert. Die Mikroben wenden eine „enzymatische Schere“ an, deren katalytische Wirkung auf der sogenannten Beta-Eliminierung beruht: einem speziellen Reaktionstyp zur flexiblen Spaltung chemischer Bindungen, einschließlich jener von C-Glykosiden. Den Forschenden gelang es, die Wirkweise des Enzyms auf atomarer Ebene zu entschlüsseln und die hocheffiziente Spaltung von diversen Glykosiden zu demonstrieren. 
„Diese enzymatische Schere ist ein universell-katalytisches Prinzip, das die Aufspaltung der Naturstoffglykoside unabhängig vom Typ der Verknüpfung des Zuckers erlaubt“, erläutert Bernd Nidetzky.
Die Ergebnisse entstanden im Rahmen des vom FWF geförderten „doc.funds“-Projekts CATALOX und in Kooperation mit Forschungsgruppen der Medizinischen Universität Graz und der Universität Graz. „Bakterien der Darmflora besitzen diese Enzymschere ebenso wie eine große Gruppe von pflanzenassoziierten Bakterien in der Natur“, sagt Nidetzky.

Bitter J et al. Nat Commun 14, 7123 (2023). DOI: 10.1038/s41467-023-42750-0
Quelle: Technische Universität Graz

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