PAVK-Studie - Bypass verhindert bei unter 80-Jährigen mehr Beinamputationen als Stent

Von Gefäßschäden und Durchblutungsstörungen in den Beinen sind in Deutschland mehr als zwei Millionen Menschen betroffen. Jedes Jahr entwickeln 50.000 bis 80.000 von ihnen eine kritische Mangeldurchblutung, die ohne rasche und geeignete Therapie eine Amputation im Bereich des Fußes oder des Beines notwendig machen kann. Durch die Wiederherstellung der Blutversorgung kann die betroffene Extremität oft gerettet werden – allerdings ist unter Experten strittig, wann hierfür ein minimalinvasiver Eingriff mithilfe einer Intervention in Form eines Stents ausreicht und wann eine offen-chirurgische Bypass-Operation erfolgen sollte. Eine aktuelle Studie (1) zeigt nun, dass die Bypassoperation mit einer körpereigenen Vene bei einem großen Teil der Patienten bessere Ergebnisse erzielt.

ZITIERWEISE: VASOMED 2023; 35 (3): 81

Die Wiederherstellung des Blutflusses in unterversorgten Bein- und Fußregionen lässt sich prinzipiell auf zwei Wegen erreichen: mit Hilfe einer Bypass-Operation, die über längere Hautschnitte erfolgt und bei der ein vom Patienten selbst stammendes, gesundes Gefäß – eine körpereigene Vene – so eingesetzt wird, dass die Engstelle umgangen wird, oder durch einen endovaskulären Eingriff, bei dem ein Katheter bis in das betroffene Gefäß vorgeschoben, dieses von innen aufgedehnt und mit einem Stent abgestützt wird.

Studie zeigt, dass Operation nicht mit größeren Risiken und höheren Komplikationsraten verbunden ist

Verbreitet herrscht die Annahme, die Operation sei mit größeren Risiken und höheren Komplikationsraten verbunden als der Kathetereingriff“, sagt Prof. Markus Steinbauer, Regensburg. Dem widerspreche die NEJM-Studie nun deutlich (1). „Hier waren die Komplikationsraten bei beiden Verfahren vergleichbar. Jedoch konnte mithilfe einer Bypass-Operation eine wesentlich größere Zahl von Re-eingriffen und Amputationen verhindert werden“, berichtet der DGG*-Experte.

Für die Studie, an der insgesamt 1.830 Menschen mit kritischen Durchblutungsstörungen der Beine teilnahmen, wurden die Betroffenen nach einer eingehenden Voruntersuchung in zwei Gruppen eingeteilt: diejenigen, bei denen das am häufigsten als Bypass genutzte Beingefäß, die körpereigene Vena saphena magna (VSM), geeignet für diesen Eingriff war (bei fast drei Vierteln der Patienten), und diejenigen, bei denen auf Kunststoffprothesen oder zusammengesetzte Venenbypässe zurückgegriffen werden musste. In beiden Gruppen wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip für einen Stent-Einsatz oder einen Bypass ausgewählt. Die Analyse erfolgte jedoch für beide Gruppen getrennt.

Dabei erwies sich das operative Verfahren in der großen Gruppe mit intakter VSM als deutlich überlegen. „In der durchschnittlich 2,7 Jahre währenden Nachbeobachtungszeit lag die Rate der Major-Amputationen nach Bypass-Operation in dieser Gruppe um mehr als ein Viertel niedriger als nach endovaskulärem Eingriff“, so Steinbauer. Das Risiko dafür, dass ein anderer größerer Nachsorge-Eingriff notwendig wurde, war sogar um mehr als die Hälfte geringer.

Mit einem Stent versorgtes Gefäß neigt häufiger zu Wiederverschlüssen

Damit bestätigte sich die bereits in früheren Studien gemachte Erfahrung, dass ein mit einem Stent versorgtes Gefäß häufiger zu Wiederverschlüssen neigt und mehr Folgebehandlungen erforderlich macht als ein Bypass. Besonders wichtig: Auch in puncto Sicherheit war der Bypass dem vermeintlich schonenderen Stenteinsatz nicht unterlegen. „Bei beiden Verfahren bestand ein vergleichbares Risiko, während oder kurz nach dem Eingriff zu sterben“, berichtet Steinbauer.

In der Studie erwies sich das operative Verfahren somit bei der Mehrzahl der Patienten als überlegen – nicht jedoch bei den Untergruppen der über 80-Jährigen, der Menschen mit Nierenversagen, bei höhergradigen Geschwüren oder wenn bereits zuvor eine Revaskularisierung an demselben Bein stattgefunden hatte. Auch bei der zweiten Patientengruppe, bei der die VSM als Eigentransplantat ausfiel, bot die Operation keinen zusätzlichen Vorteil.

Literatur

1. Farber A et al. Surgery or Endovascular Therapy for Chronic Limb-Threatening Ischemia. N Engl J Med 2022;387:2305-2316. DOI: 10.1056/NEJMoa2207899.

Quelle: *Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG)

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