Leben ohne Menstruation - FDA, EMA, BfArM machen den Weg frei

In den USA gibt es schon seit mehreren Jahren spezielle Pillen, die über einen längeren Zeitraum "ohne Pause" eingenommen werden können. Zudem wird in Großbritannien seid Anfang des Jahres offiziell der Langzeitzyklus bei der Pilleneinnahme empfohlen. Auch in Deutschland läuft eine Umstellungsphase.

Bei Menarche mit 12 Jahren und Menopause mit 52 Jahren kommen in 40 Jahren und 4-wöchigem Zyklus insgesamt bis zu 500 Menstruations-Zyklen zustande. Beträgt der Blutverlust jeweils 40 bis 50 ml, was als „normal“ deklariert wird, so ergeben sich in der fertilen Phase 20-25 l Blutverlust. Dieser Verlust ist ohne rationalen Nutzen für die Frauen. Die Gewissheit im letzten Zyklus nicht schwanger geworden zu sein, könnte zum Menstruations-Nutzen deklariert werden. Das lässt sich durch regelmäßige Pillen-Einnahme leichter und sicherer erreichen.


Damit stellt sich die Frage: Warum können Menstruationen nicht weglassen werden?


Bei Frauen in Naturvölkern gibt es kaum Menstruationen. Entweder sie sind schwanger, stillen voll (Laktationsamenorrhö) oder haben belastende Lebensbedingungen (u.a. anorektische Abmagerung), so dass Menstruationen ausbleiben. Obige 20-25 l Blutverlust in 40 Jahren stellt ein „Luxusphänomen“ heutiger Frauen dar.


Hormonell induzierte Amenorrhö seit langem Standardtherapie

Von der Vielzahl an Indikationen seien nur Endometriose und extreme Dysmenorrhö angeführt. Die Einnahme der Pille ohne Pause für viele Monate oder gar Jahre gibt diesen Frauen in der Regel viel Lebensqualität zurück.

Was ist zu tun, wenn Frauen der Lebensqualität und der physischen Leistung wegen keine Menstruationen mehr haben wollen? Das war bisher „Off-Label“ möglich, z.B. bei jugendlichen Leistungssportlerinnen über viele Jahre - und sie wurden später problemlos schwanger. Diese Beobachtung, in Studien bestätigt, veranlassten FDA (USA), EMA (EU-Staaten) und BfArM (Deutschland) die Pillennutzung ohne Pause „freizugeben“.


Welche Vorteile können Frauen vom Langzeitzyklus erwarten?

Bereits 2014 kommt ein Review-Beitrag zu dem Ergebnis: Höhere Zufriedenheit von Pillen-Nutzerinnen bei Langzeitzyklus von drei Monaten und länger.1 Somatische Unterschiede zur „3-1-Wochen-Nutzung“ der Pille ließen sich in einem Dutzend Studien nicht finden. Das gelte histologisch gesichert auch für das Endometrium. Hormon-bezogene Symptome in den bisherigen 1-Wochen-Pillenpausen sind danach problemlos vermeidbar. Allerdings sind Zwischenblutungen bzw. Spotting in den ersten Monaten des Langzeitzyklus zu „ertragen“. Darüber muss in jedem Falle aufgeklärt werden, um Beunruhigung zu vermeiden. Das trete bei einer von fünf Frauen auf und sei nicht vorhersagbar.2


Ist mehr Lebensqualität in mehreren Lebensbereichen vom Langzeitzyklus zu erwarten?

Dazu eine Studie von 20073, die beim Langzeitzyklus mehr Aktivitäten in verschiedensten Lebensbereichen feststellte. Das ist biologisch plausibel: kein Blutverlust durch stärkere und längere Menstruation kann innerhalb einiger Monate den Hb-Wert und damit die Sauerstoffträger im Blut erhöhen. Diese “latente“ Anämie, die sich auf die Konzentrations-Fähigkeit auswirken kann, könnte so vermieden werden.

Dem Autor berichteten in zwei Hochschulambulanzen mehrere Gymnasiastinnen nach wenigen Monaten Pillennutzung im Langzeitzyklus über bessere Lernfähigkeit, die zuvor wegen starker und längerer Menstruationen beeinträchtigt war.

Der Langzeitzyklus ist mit jeder Kombinations-Pille (EE+LNG) kontinuierlich möglich. In Deutschland sind derzeit nur zwei zugelassene Präparate für den Langzeitzyklus verfügbar.


Fazit

Die Möglichkeit der Pillennutzung im Langzeitzyklus wurde nun „legimitiert“. Es bleibt abzuwarten, wie viele Frauen das nutzen. Das werden am ehesten jene mit biologischen Basiskenntnissen sein und die keine „mystischen“ Vorstellungen zur Menstruation haben.


 

1 Edelman A et al: Continuous or extended cycle vs. cyclic use of combined hormonal contraceptives for contraception. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 7. Art. No.: CD004695.

2 Jensen  JT et al: Evaluation of a continuous regimen of levonorgestrel/ethinyl estradiol for contraception and control of menstrual symptoms, Expert Opinion on Pharmacotherapy,(2006) 9:2, 319-327

3Sulek P et al: Headaches and Oral Contraceptives: Impact of Eliminating the Standard 7-Day Placebo Interval. Headache 2007;47:27-37

Prof. Dr. med. Dipl. Psych. J-.M. Wenderlein  
wenderlein@gmx.de

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