Fehlumbau des Herzens aufhalten

Im Gewebe von Babys mit einer schweren Form der Fallot-Tetralogie, einem angeborenen Herzfehler, ist das Protein BBLN stark erhöht. Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) konnten in Versuchen bei Mäusen zeigen, wie sie die biochemischen Signalwege rund um dieses Protein verändern müssen, um die für die Fallot-Tetralogie typische Herzumbildung zu stoppen. Von diesen Erkenntnissen könnten Betroffene profitieren, wenn es gelingt, darauf basierende Wirkstoffe zu finden.

Die Fallot-Tetralogie gehört zu den häufigsten angeborenen Herz­fehlern. Ungeklärterweise bilden sich die Herzen der Betroffenen in vier Bereichen fehlerhaft aus: Die Trennwand zwischen den beiden Herzkammern hat ein Loch, der Ausfluss zur Lungenarterie ist verengt, die Aorta nach rechts verschoben und der Herzmuskel verdickt sich auf der rechten Seite.

Bläuliche Verfärbung bei Sauerstoffmangel

Die Fehlbildungen können dazu führen, dass der Lungenkreislauf kurzgeschlossen wird: Dann pumpt das Herz das aus dem Körper einströmende Blut gleich wieder in die Aorta statt in die Lungenarterie. Doch wenn das Blut in den Lungen keinen frischen Sauerstoff tanken kann, verfärbt sich der eigentlich rote Blutfarbstoff Hämoglobin ins Bläulich-Violette.

Ursula Quitterer, Professorin für molekulare Pharmakologie an der ETH Zürich, und ihr Team erforschen schon seit 15 Jahren die pathologischen Mechanismen der Fallot-Te­tralogie. Nun ist es ihnen mit Versuchen an genetisch veränderten Mäusen gelungen, sich ein genaueres Bild des komplexen Geschehens im missgebildeten Herzen zu machen.

Weißer Fleck auf der Proteinlandkarte

Im Zentrum der Untersuchungen steht ein kleines Protein, das in Quitterers Worten „einen weißen Fleck auf der Proteinlandkarte“ darstellte – und bis vor Kurzem nicht mal einen eigenen Namen hatte. Seit zwei Jahren heißt es BBLN (Bublin ­Coiled-Coil Protein), weil Fadenwürmer ohne dieses Protein winzige Blasen im Darm bilden.

Auf das wenig erforschte Protein stieß das Team in Herzgewebeproben von Kleinkindern, die mit der Fallot-Tetralogie geboren wurden. Im Vergleich mit Gewebeproben von nicht verfärbten jungen Fallot-Tetralogie-Patientinnen und -Patienten fanden die Forschenden im Herzgewebe von blauen Babys sechsfach erhöhte Konzentrationen von BBLN vor.

Krankhaft vergrößerte Nagetierherzen

Das Team schuf genetisch veränderte Mäuse, die in ihren Herzen menschliches BBLN herstellten. Je mehr dieses Protein vorhanden war, desto stärker vergrößerten sich die Herzen der Mäuse – und desto öfter versagte ihr Herz. Weitere Untersuchungen zeigten die molekularen Wechselwirkungen, die die rechtsseitige Verdickung des Herzmuskels orchestrieren.

„Dieser ungünstige Umbau, der das schlechte Herz noch schlechter macht, findet auch im Menschen statt“, erklärt Quitterer. In reichen Ländern werden die Betroffenen heute zwar oft schon im Säuglingsalter operiert. Und dank moderner Operationstechnik lassen sich mit dem herzchirurgischen Eingriff auch alle vier Defekte früh beheben.

Suche nach hemmenden Wirkstoffen

Dadurch konnte die Medizin die Lebenserwartung der Betroffenen zwar erheblich verbessern. Aber in den Herzzellen wirken die pathologischen Mechanismen auch nach der Operation noch weiter. „Deshalb haben Patientinnen und Patienten mit reparierten Fallot-Herzen ein erhöhtes Risiko für langfristige Komplikationen wie etwa Herzinsuffizienz“, so Quitterer.

In den Versuchen mit den genetisch veränderten Mäusen hat ihr Team aufgezeigt, welche molekularen Schaltstellen man wie umlegen muss, um den schädlichen Umbau des Herzens aufzuhalten. Davon könnten Betroffene profitieren, wenn es gelingt, Wirkstoffe zu ­finden, die gezielt BBLN – oder seine Wechselwirkungen mit anderen ­Proteinen – hemmen.

Originalpublikation:

Abd Alla J et al. Nat Cardiovasc Res 2023;2: 1044–1059. DOI: 10.1038/s44161-023-00351-6

Quelle: ETH Zürich

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