GKV-Finanzreform: Rücknahme der Neupatienten-Regelung im TSVG

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Ende Juni die Eckpunkte eines Gesetzes zur GKV-Finanzreform vorgestellt, um das 17-Milliarden-Euro-Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung zu decken. Die darin enthaltene Ankündigung, die Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) streichen zu wollen, stößt in der Ärzteschaft auf Empörung.

Die Eckpunkte eines Gesetzes zur GKV-Finanzreform sehen laut Ankündigung des Bundesgesundheitsministers unter anderem vor, dass die 2019 im TSVG vorgesehenen höheren Vergütungen ersatzlos gestrichen werden, mit denen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Termine für neue Patientinnen und Patienten schaffen sollten. Mit dem eingeführten Gesetz wurde das geltende Honorar für die neu in einer Praxis aufgenommenen Patientinnen und Patienten in Gänze ausgezahlt. Details zu dem Vorhaben nannte der Minister nicht. 

Die Vertragsärzteschaft reagiert mit Unverständnis: „Es kann und darf nicht sein, dass am Ende das enorme Engagement der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bestraft wird, Neupatienten zusätz­liche Termine anzubieten, so wie es die Politik auch gewollt hatte. Das Vorhaben stellt sich für die Versicherten, die einen Termin erhalten wollen, auch als echte Leistungskürzung dar. Das Vertrauen der Ärzteschaft in die Politik wird damit ein weiteres Mal erschüttert“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundes­vereinigung (KBV). Das Vorhaben erschüttere das Vertrauen in die Zuverlässigkeit politischer Zusagen. 

Kürzung um 400 Millionen Euro

Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung beziffert die drohenden Kürzungen des Budgets auf 400 Millionen Euro. „Nach unseren Berechnungen laufen die gestern vorgestellten Pläne des Ministers auf eine Kürzung des Budgets für die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten um 400 Millionen Euro hinaus“, sagt Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentral­instituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). „Das entspricht dem vollständigen Leistungsbudget von rund 1.650 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bzw. Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Für die vielen Patientinnen und Patienten, die sich oftmals händeringend um Termine bei Haus- und Fachärzten bemühen, ist es eine echte Leistungskürzung. Es dürfte in der Folge nicht einfacher werden, mit einem akuten Behandlungsanliegen schnell einen Termin in einer Praxis zu erhalten, in der man bisher nicht schon in Behandlung war.“ 

Pläne konterkarieren Reformziele

Eine Streichung der TSVG-Neupatientenregelung würde auch den Reformplänen der Bundesregierung inhaltlich zuwiderlaufen, so die Auffassung des Zi. Das Ziel, die Notaufnahmen um Akutpatientinnen und -patienten zu entlasten, würde ebenso konterkariert, wie die im Koalitionsvertrag verankerte Absicht, die medizinische Versorgung verstärkt zu ambulantisieren. Es sei vielmehr zu erwarten, dass sich Patientinnen und Patienten wieder vermehrt mit Bagatell-Erkrankungen an Kliniken wenden und dort knappe Ressourcen beanspruchen. Das sei Reformpolitik ad absurdum geführt, so das Fazit des Zi.

Viel Gegenwind

Beim Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) beispielsweise sorgen die Sparpläne Lauterbachs für Kopfschütteln. „Erst müssen Fachärztinnen und Fachärzte aufgrund der Budgetierung von Leistungen auf einen Teil ihrer Honorare verzichten, dann wird ihnen eine Möglichkeit eröffnet, extrabudgetär zu praktizieren und im Nachhinein sollen diese Leistungen dann doch wieder ins Budget fallen. Das ist Betrug an der Fachärzteschaft. So geht es nicht!“, sagt Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa. 

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa)

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung