Gastbeitrag: Digitale Lösungen wirtschaftlich einsetzen mit Change Management

Um das volle Potenzial digitaler Lösungen auszuschöpfen, kann ein strukturierter Change Management-Prozess in der Arztpraxis hilfreich sein. Die Gründerin des Hausarzt-Zentrums Wiesloch Dr. Rita Bangert-Semb hat das gemacht. Sie berichtet im Beitrag, wie digitale Lösungen betriebswirtschaftlich eingesetzt werden können, um die Koordination einer Praxis mit mehreren Standorten zu vereinfachen.

Patientinnen und Patienten dort zu erreichen, wo sie sich aufhalten, sichert eine flächendeckende Versorgung. Dafür ist eine wohnortnahe Primärversorgung mit niederschwelligem Zugang notwendig. Mit dieser Vision und dem Ziel, ein Angebot zu etablieren, bei dem Patientinnen und Patienten an das System angebunden sind und nicht an die einzelne Ärztin oder den einzelnen Arzt, starteten wir unser Hausarzt-Zentrum. Dabei war es entscheidend, ein klar definiertes und digital standardisiertes System zu schaffen, das unser Personal sowie unsere Patientenschaft an jedem Standort die gleichen Bedingungen und Vorteile bietet.

Change ManagementChange Management oder Veränderungsmanagement meint die laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen, wie z. B. den digitalen Wandel in der Arztpraxis. Zu den bekanntesten Modellen gehören etwa das „Lewins-­Modell“, das „7-S-Modell“ von McKinsey, die „Nudge-Theorie“ sowie „Kotters Veränderungsmanagementtheorie“ aus dem Jahr 2014.

Vorbereitungsphase

Um das volle Potenzial digitaler Lösungen auszuschöpfen, bedarf es eines strukturierten Change-Management-Prozesses. Mit einer vollumfänglichen Systemlösung vor Augen, definierten wir von Anfang an gemeinsam mit den Mitarbeitenden unsere Prozesse neu: 

  • Welche Tools sind wichtig, um die sogenannte „Patient Journey“ zu verbessern? 
  • Wie können wir redundante Abläufe und Aufgaben effizienter abbilden? 
  • Wie schaffen wir es, interne und externe Abläufe mit anderen Fachärztinnen und -ärzten effizient und für alle Beteiligten reibungslos zu managen? 

Das waren Kernfragen, die wir uns vorab stellten. In einer dreimonatigen Vorbereitungsphase wurden Prozesse wie Blutentnahmen, das Schreiben von EKG’s, Impfungen sowie verschiedenste Sprechstundenformate ausführlich dokumentiert und analysiert, sowie die Dauer verschiedener Behandlungen gemessen, die jeweils benötigten Ressourcen identifiziert und damit alle Abläufe sorgfältig geplant. So wurde am Ende nicht nur ein neuer digitaler Terminkalender, sondern eine umfassende, verbesserte Termin- und Ressourcenstruktur eingeführt, die an unseren individuellen Prozessen ausgerichtet ist. Dadurch hat sich nicht nur der Tagesablauf in der Praxis deutlich entzerrt – z. B. werden Wartezeiten beim Patienten und Überstunden bei Mitarbeitenden vermieden – sondern sie bietet für uns auch eine betriebswirtschaftliche Planungsgrundlage. 

Optimierte Terminstruktur

Heute ist dieser digitale Kalender das Herzstück der Betriebsstruktur. Dreidimensional konzipiert, bildet er auf Basis der detaillierten Analyse räumliche, zeitliche und personelle Ressourcen ab. Dank einer Schnittstelle zum Praxisverwaltungssystem kann nahtlos zwischen den verschiedenen digitalen Lösungen der Web-Software und dem internen Workflow gewechselt werden, was die tägliche Arbeit erleichtert. Zudem ermöglicht ein Echtzeitkalender sowohl Medizinischen Fachangestellten als auch der Patientenschaft, Termine flexibel zu buchen oder zu ändern – ohne Zeitverzögerung, und schafft neue und effizientere Kommunikationswege zwischen allen Akteuren. 
Meine Mitarbeitenden haben das System schnell verstanden und sich direkt wohl gefühlt. Dazu beigetragen hat, dass sie von Anfang an in den inkrementellen Transformationsprozess eingebunden waren und gemeinsam mit der Praxisleitung erarbeitet haben, welche Verbesserungen im Betriebsablauf angestrebt werden. Dadurch ist auch die Akzeptanz zu Veränderungen in unseren Teams überdurchschnittlich hoch. Geholfen hat zudem, dass der gesamte Prozess stets von erfahrenen Expertinnen und Experten begleitet wurde. 

Digitale Tools als Systemlösung

Das Angebot an Online-Services, insbesondere die Möglichkeit der Online-Terminvereinbarung, wird von unserer Patientenschaft positiv angenommen. Dank digitalen Lösungen können sämtliche Unterlagen wie Rezepte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Überweisungen und Transportscheine, online bereitgestellt werden.

Fazit
Die erfolgreiche Implementierung digitaler Services in unserem Hausarzt-Zentrum verdeutlicht, dass der digitale Wandel in der medizinischen Versorgung möglich ist, wenn man sich darauf einlässt und Digitalisierung nicht nur mal eben „nebenher“, sondern mit Strategie und einem festen Ziel angeht. Durch den strukturierten Einsatz von Change-Management-Prozessen konnten die Betriebsabläufe nachhaltig verbessert, die Effizienz gesteigert und die Zufriedenheit von Patientenschaft sowie medizinischem Personal erhöht werden. Die Digitalisierung eröffnet somit also auch Möglichkeiten, die medizinische Versorgung qualitativ hochwertig, individueller und patientenorientierter zu gestalten, um am Ende bestmögliche Behandlungserfolge zu erzielen. Als ganzheitliche Systemlösung unterstützen E-Health-Anwendungen außerdem auch das betriebswirtschaftliche Management der Arztpraxis.

 

Dr. med. Rita Bangert-Semb
Gründerin 
Hausarzt-Zentrum
wiesloch@hausarzt-zentrum.com 

Alexander R. Baasner M. Sc.
Psychologe & Director Medical
Operations
samedi GmbH
alexander.baasner@samedi.de

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