Sichere Praxisvernetzung – Schlüsselfaktor für das digitale Gesundheitswesen

Die elektronische Patientenakte (ePA) bildet den Dreh- und Angelpunkt für ein digital-­vernetztes Gesundheitswesen, indem sie medizinische Daten für Leistungserbringer sowie Patientinnen und Patienten digital zugänglich macht. Den nächsten großen Schritt in Richtung einer ganzheitlichen ärztlichen und pflegerischen Versorgung markiert ab 2025 die neue Telematikstrategie 2.0. Welche zukunftsweisenden Konzepte für die Patientenversorgung bringt diese mit sich? Und welche Cybersicherheitsrisiken sollten im Auge behalten werden?

Zukünftig werden alle Berufsgruppen, Gesundheitsdienstleister und -einrichtungen sowie Anwendungen in einer digitalen Versorgungskette vernetzt. Sämtliche Gesundheitsdaten, Befunde, Diagnose- und Behandlungsschritte werden dann zentral in der ePA gespeichert.

Mehr Zeit für die Patientenversorgung

Die so gewonnene Transparenz über alle Versorgungsschritte soll die nahtlose Zusammenarbeit aller Leistungserbringer und einen schnellen Informationsaustausch ermöglichen. Zeitfresser wie die Mehrfacherfassung von Daten, das Einscannen von Medikationsplänen und Arztbriefen oder die Anfertigung von Datenträgern zur Übermittlung von Röntgen- oder MRT-Bildern entfallen. Der Effizienzgewinn entlastet das medizinische Personal und schafft zusätzliche Kapazitäten für die Patientenversorgung – ein klarer Vorteil angesichts des branchenweiten Fachkräftemangels. 

Hybride Praxis als Zukunftsmodell?Digitale Kommunikation und sichere Vernetzung bilden die Grundlage für zukunftsweisende Konzepte wie die sogenannte „hybride Praxis“. In ihr werden digitale und analoge Prozesse miteinander kombiniert. So erfolgen z. B. die Terminvergabe sowie Anmelde- und Anamnese­prozesse digital. KI-basierte Chatbots befragen Patientinnen und Patienten vor dem Praxisbesuch zu ihren Symptomen und können so hilfreiche Vorarbeit leisten. Auch eine Erstberatung per Online-Sprechstunde kann für Entlastung im oftmals eng getakteten Praxisalltag sorgen, indem die Notwendigkeit einer Vor-Ort-Konsultation vorab geklärt wird.

Ganzheitliches Bild

Mit der ePA als zentraler Datenbasis gewinnen Ärztinnen und Ärzte ein ganzheitlicheres Bild ihrer Patientinnen und Patienten. Die Gefahr, dass wichtige Angaben fehlen – etwa zu Medikamenten, die von unterschiedlichen Fachärztinnen und -ärzten verordnet wurden und Wechselwirkungen zur Folge haben können – kann so minimiert werden. Informationen müssen nicht länger bei anderen Praxen angefragt werden. Sie sind über die ePA direkt verfügbar. Auch die digitale Auswertung von Untersuchungsergebnissen sowie KI-gestützte Verfahren können in Diagnose und Therapie unterstützen. 

Schlüsselfaktor sichere IT-Infrastruktur

Die Mehrwerte des digitalen Gesundheitswesens kommen jedoch nur dann zum Tragen, wenn eine leistungsstarke und gut abgesicherte IT-Infrastruktur die Grundlage bildet. Mit der Verlagerung von Gesundheitsdaten in die TI-Cloud rückt der Patientendatenschutz ab 2025 einmal mehr in den Fokus. Rund 200.000 Leistungserbringer sollen dann nutzerfreundlich und standortunabhängig im Rahmen der Telematik 2.0 auf behandlungsrelevante Informationen zugreifen können. Der Zugang über das Internet macht den Schutz des Praxisnetzes und dessen sichere Anbindung an die Telematikinfrastruktur zu Schlüsselfaktoren. Beides zu gewährleisten, ist Sache der Praxisinhaberinnen und -inhaber. Bei ihnen liegt somit auch das Haftungsrisiko, falls sensible Informationen aufgrund mangelnder IT-Sicherheit in falsche Hände geraten. 

Schutzmaßnahmen für das Praxisnetz

Cyberrisiken entstehen z. B. dann, wenn sog. Sicherheits-Patches (ein Softwareupdate, um Sicherheitslücken zu schließen) für Router, Firewalls oder WLAN Access Points nicht rechtzeitig durchgeführt werden oder die Firmware der Geräte veraltet ist. Auch eine unzureichende Kontrolle des Netzwerkzugangs kann zum Einfallstor für Cyberangriffe werden. Praxisverantwortliche sind daher gut beraten, ihr Netzwerk zu segmentieren, sodass beispielsweise das Patienten-WLAN strikt vom Praxisnetz getrennt ist. Auch eine rollenbasierte Beschränkung des Netzwerkzugriffs und Maßnahmen zur Nutzer-Authentifizierung tragen dazu bei, das Risiko für Cyberattacken und deren Ausbreitung nachhaltig zu verringern.

Cybersecurity-as-a-Service-­Modelle bieten Praxen die Möglichkeit, Netzwerkverwaltung und -schutz an spezialisierte IT-Dienstleister auszulagern.

René Martin
Gesundheitsökonom und Telematik­experte beim deutschen Netzwerk­hersteller LANCOM Systems. Er befasst sich mit der strategischen Bedeutung der IT-Sicherheit im Gesundheitswesen. 
rene.martin@lancom.de
www.linkedin.com/in/peter-rene-martin-436736271   

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung