4 wissenswerte Dinge über Eingriffsräume

Viele Arztpraxen bieten ambulante Eingriffe an und die Anzahl der ausführenden Praxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) steigt. Bei der Umsetzung eines Eingriffsbereichs sind Anforderungen einzuhalten, die sich wesentlich von den Anforderungen eines regulären Praxisbetriebs unterscheiden. Schon die notwendige Fläche entscheidet bei Bestandspraxen, ob eine entsprechende Umsetzung realisierbar ist oder ob neue Räume gesucht werden müssen.

1. Die Grundlagenermittlung und die Inbetriebnahme

Um eine Planung erfolgreich umzusetzen, werden neben Ärztinnen und Ärzten sowie Architektinnen und Architekten auch die Hygienefachplanerinnen und -planer benötigt. Mit letzteren kann das geplante OP-Spektrum abgestimmt werden. Sie stellen eine sogenannte „Hygienische Stellung­nahme“ mit konkreten Anforderungen aus, die z. B. im Grundriss und im Betriebsablauf umzusetzen sind. In der Stellungnahme werden zudem die Vorschriften aufgeführt, auf die sich die Hygieneplanung bezieht, u. a. zu finden im Bundesgesundheitsblatt 2018 der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-­Institut.1

Umnutzungsantrag

Im Zuge eines Umnutzungsantrags wird das Gesundheitsamt automatisch in die Betrachtung der Planung einbezogen. Es ist aber auch von Vorteil, den Kontakt zu der zuständigen Person im Gesundheitsamt aktiv zu suchen. In Kombination mit einer bereits involvierten Hygienikerin bzw. einem Hygieniker kann so die Planung zu einem sehr frühen Zeitpunkt besprochen werden und ein Grundriss kann relativ schnell finalisiert werden. 
Eine Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Eingriffsfläche ist die erfolgreiche Abnahme der Hygienefachplanung. Diese wird im Zuge der Fertigstellungsanzeige beim Bauamt eingereicht und nach positivem Bescheid vom Bauamt kann die Eingriffsfläche in Betrieb gehen.

2. Bauliche Maßnahmen – die Räume

Der Grundriss

Eine gute Grundrissgestaltung verbindet sinnvolle Arbeitsabläufe mit ausreichend Platz für die auszuführenden Arbeitsschritte, Stellflächen und die medizintechnische Ausstattung. Die Wegeführung für Patientenschaft, Personal und sterile bzw. verunreinigte Materialien ist detailliert auszuarbeiten. Sie muss individuell an die Gegebenheiten und die Praxisstruktur angepasst werden und muss auch die Barrierefreiheit einbeziehen. Ein Beispiel für einen Grundriss finden Sie in der Abbildung.

Grundsätzlich muss der Eingriffsbereich von der weiteren Praxisnutzung abgetrennt sein. Patientinnen und Patienten sowie Personal betreten die Fläche immer über separate Zugänge, die als Schleuse fungieren. Nur bei sehr geringem Infektionsrisiko wie bspw. bei Verletzungen der Haut kann die Hygiene­fachplanerin oder der Hygienefachplaner einer Abweichung zustimmen und der entsprechende Raum kann im Praxisbereich liegen.

Der Eingriffsraum

Nach der KRINKO-Definition soll der Operationsraum in sich abgeschlossen sein und möglichst wenig Türen aufweisen. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)2 nennt konkrete Anforderungen. So soll der Eingriffsraum mindestens 20 m² aufweisen. Hinweis: Auch hier muss ausreichend Platz vorhanden sein, um sicheres Arbeiten zu gewährleisten und um alle notwendigen Apparaturen und Bedarfsmaterialien platzieren zu können.

In Abstimmung mit der Hygienefachplanung ist es ggf. möglich, im Eingriffsraum einen Materialschrank zur Lagerung sowie einen Arbeitsplatz unterzubringen. Schranktüren benötigen hierbei eine umlaufende Dichtung und sind raumhoch auszuführen. Die notwendige Fläche zum Befüllen der Schränke ist ebenfalls einzukalkulieren.

Die Instrumentenvorbereitung

Für die Instrumentenvorbereitung ist ein eigener Rüstraum vorzusehen. Ist ein Materialschrank im Eingriffsraum zulässig, werden die Instrumente direkt dort gelagert und vor dem Eingriff bereitgelegt.
 

Die Mindestanforderung einer Personalumkleide ist die funktionelle Trennung der reinen und unreinen Seite. Je nach Räumlichkeit kann das ein einfacher Streifen im Bodenbelag sein; die Schränke für die Entkleidung und Bekleidung stehen dabei nebeneinander auf der entsprechenden Seite. Die Anordnung der jeweiligen Schränke kann auch den Weg und die Reinheit der Bekleidung vorgeben. 

Auf der unreinen Seite sind Sammelbehälter für unreine Kleidung, Waschbecken und WC-Anlage anzuordnen. Auf der reinen Seite gibt es geschützte Lagerflächen u. a. für reine Kleidung und die Händedesinfektion. Wenn eine Dusche gewünscht ist, wird sie auf der unreinen Seite vorgesehen.

Die Patientenumkleide/der Ruheraum

Werden Eingriffe ohne Narkose oder Sedierung vorgenommen, kann die Patientenschleuse aus nur einem Raum bestehen. Hier ist eine Umkleidemöglichkeit gegeben mit einem abschließbaren Schrank für Kleidung und Wertsachen. In der Regel betritt der Patient die Umkleide und verlässt diese auch, bevor der nächste Patient an die Reihe kommt. Ein Kreislaufverfahren kann in Abstimmung mit der Hygienefachplanung angewandt werden, sofern sich die Patientinnen und Patienten nicht umziehen müssen und die Wertsachen auch von außen erreichbar sind.

Erfolgen Eingriffe mit Narkose oder Sedierung, ist ein Aufwach- bzw. Ruheraum erforderlich. Neben gut zugänglichen Betten müssen hier ein hygienischer Handwaschplatz und eine Arbeitsfläche vorgesehen werden.

Der Entsorgungs- und Putzraum

Vorzuhalten sind eine Arbeitszeile mit Waschbecken, Lagermöglichkeiten für Reinigungsutensilien und -geräte, ein Ausgussbecken und Stellflächen für unreine Güter. 

3. Bauliche Maßnahmen – die Ausstattung

Oberflächen 

Oberflächen müssen glatt, fugenlos und abwischbar (desinfektionsmittelbeständig) sein. Sie müssen intakt sein; sie dürfen keine Beschädigung aufweisen. Schränke sind so auszuführen, dass keine Schmutzablagerungen möglich sind. Des Weiteren benötigen Schränke, die sich direkt im Eingriffsraum befinden, an Türen und Schubläden Dichtungslippen, um staubdicht zu schließen. Als Wandfarbe kann bspw. eine Latexfarbe mit der Nassabrieb­klasse 1 verwendet werden. Diese ist in einem großen Farbspektrum verfügbar, sodass sie auch als Gestaltungselement verwendet werden kann. Technische Einbauelemente sind dicht einzubauen und dürfen keine Hohlräume bzw. nicht zugängliche Flächen aufweisen: Leuchten als Reinraumleuchte, Heizkörper als Hygieneheizkörper, Bodenbelag als Bahnware mit Schweißnaht.

Lüftung

Lässt das Eingriffsspektrum eine Fensterlüftung zu, ist das Einbringen von Insektenschutzgittern notwendig. Die Gitter müssen dichtschließend sein, für Reinigungszwecke leicht entnehmbar und dürfen keine Beschädigung aufweisen. 

Wenn die Raumtemperatur eine Kühlung notwendig macht, dürfen keine handelsüblichen Klima-Splittgeräte verwendet werden. Das darin anfallende Kondensat sorgt für eine Verkeimung, die mit dem Luftstrom in den Raum geblasen werden kann. Für eine Kühlung gibt es spezielle Geräte, die als Umluftgerät mit den notwendigen Anforderungen die Luft kühlen. Diese Geräte können in der Regel an die bestehenden Klima-­Außengeräte mit angeschlossen werden. Da diese Geräte nur eine Umluft gewährleisten, wird die Zu- und Abluft weiterhin über das geöffnete Fenster gewährleistet. Inwieweit diese Geräte eine höhere Reinraumklasse erreichen, muss individuell mit der Hygieneplanerin oder dem Hygieneplaner abgestimmt werden.

4. Vertrauen schaffen

Um Patientinnen und Patienten zu gewinnen und auch zu binden, bieten viele Praxen im Vorfeld eines Eingriffs eine Begehung der Eingriffsräume an. Zum einen baut eine Besichtigung bei Patientinnen und Patienten Ängste ab und unterstützt die Praxen, Vertrauen herzustellen. Zum anderen ist die Transparenz, dass die Räume nach allen Vorschriften gebaut wurden und sauber und intakt aussehen, ebenfalls sehr nützlich, um Vorbehalte abzubauen.

Fazit
Eingriffsbereiche sind oft Teil einer Praxiseinheit. Für die Planung dieser Fläche sind mindestens 50–60 m² einzuplanen. Diese Summe bezieht sich auf das absolute Minimum an Technik und einen optimalen Bestandsgrundriss. Für Vorüberlegungen planen Sie besser eine größere Fläche ein und fragen Sie Ihre Architektin oder Ihren Architekten.

 

1 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Prävention postoperativer Wundinfektionen. Bundesgesundheitsblatt 2018;61 448–73, (s. S. 462).
2 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. „Bauliche und funktionelle Anforderungen an Eingriffsräume“ (4/2021).

Anja Knoop
Dipl.-Ing. (FH) Architektin
atmosphäre bommert . knoop . 
architekten PartGmbB
Moltkestraße 131, 50674 Köln
0221-16 89 61 50
info@atmo-architektur.de  
www.atmo-architektur.de

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung