Digitalisierung ja, Datenweitergabe nein

Die diesjährige Ausgabe des TechnikRadar von acatech und Körber-Stiftung zeigt die Einstellungen der Deutschen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Begleitet wurde die repräsentative Bevölkerungsumfrage diesmal von einer Online-Befragung unter Medizinerinnen und Medizinern. Die Ergebnisse beider Untersuchungen belegen: Sowohl Teilen der Ärzteschaft als auch vielen Patientinnen und Patienten ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten nicht transparent genug.

Zitierweise: HAUT 2022;33(3):163-164.

Home-Office, Video-Konferenzen, Telefonsprechstunde beim Arzt – die Corona-­Pandemie hat die Relevanz der Digitalisierung deutlich gemacht. Das TechnikRadar 2022 zeigt, dass die Deutschen den Nutzen der Digitalisierung in verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen höher einstufen als das Risiko. Auf einer Skala von 0 (gar nicht nützlich) bis 10 (sehr nützlich) bewerten die Befragten den Nutzen der Digitalisierung etwa im Bereich Gesundheit mit 7,5 Punkten, das Risiko lediglich mit 4,6.

Grundsätzlich empfinden die Deutschen Technik eher als problemlösend: Befürworteten 2017 noch 35,5 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger die Aussage „Durch Technik entstehen mehr Probleme, als gelöst werden“, so sind es im aktuellen TechnikRadar nur noch 23,1 Prozent der Befragten.

Bei der Freigabe von Gesundheitsdaten sind die Deutschen aber verhalten. So lehnt es die Hälfte der Befragten (50,1 Prozent) ab, die eigenen Daten in personalisierter oder anonymisierter Form an private Forschungseinrichtungen weiterzugeben. Dem Hausarzt, Facharzt oder Krankenhaus würden hingegen mehr als 80 Prozent der Befragten ihre Daten zur Verfügung stellen. Umso interessanter wirkt in diesem Zusammenhang ein Befund aus der Umfrage unter 200 Medizinerinnen und Medizinern, die ebenfalls Teil des TechnikRadar 2022 ist: 

Nur 13,1 Prozent der befragten Ärzteschaft hat Kenntnis darüber, wer auf die digitalen Patientendaten Zugriff hat und welche Daten abgerufen werden. 

Elektronische Patientenakte: ein Viertel der Befragten kennt das Angebot nicht

Verhindert die Sorge um den Schutz sensibler Daten die Nutzung der im Jahr 2021 eingeführten elektronischen Patientenakte (ePA)? Das Interesse an der ePA ist grundsätzlich vorhanden: 46,8 Prozent der Befragten haben vor, die ePA zu verwenden. Allerdings kennen 24,4 Prozent der Befragten das Angebot gar nicht, nur 5 Prozent nutzen es aktuell. 20,2 Prozent der Befragten wollen die ePA aufgrund von Bedenken beim Datenschutz (50 Prozent) und Unklarheiten darüber, wer welche Daten einsehen kann (53 Prozent), nicht nutzen. Ein ernüchterndes Ergebnis aus Sicht der Befürworter der ePA, die sich von der Neuerung eine Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen sowie eine Verbesserung der Forschungs- und Vorsorge­möglichkeiten erhoffen.

Auch Medizinerinnen und Mediziner befürworten prinzipiell die ePA: In der begleitenden Umfrage geben 54,7 Prozent an, dass die Vorteile der ePA die Nachteile überwiegen. Dass die eigenen Interessen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens angemessen berücksichtigt werden, diesen Eindruck hat die Ärzteschaft allerdings weniger: Rund zwei Drittel der Befragten (66,5 Prozent) stimmen hier nicht zu.

Ärztinnen und Ärzte genießen hohes Vertrauen

Ein wachsender Anteil der Deutschen konsultiert bei gesundheitlichen Be­schwerden erst einmal das Internet: 27,2 Prozent der Befragten recherchieren vor dem Arzt­besuch zunächst im Netz. Fast die Hälfte der Befragten (45,3 Prozent) fühlt sich imstande, online Antworten auf ihre Fragen rund um das Thema Gesundheit zu finden und 63,2 Prozent sind der Meinung, diese Informationen auch kritisch bewerten zu können.

Die Begeisterung der Ärztinnen und Ärzte hält sich angesichts dieser neuen digitalen Gesundheitskompetenz allerdings in Grenzen. Fast ein Drittel der Befragten (30,7 Prozent) meint, die Digitalisierung gefährde das Arzt-Patienten-Verhältnis. Eine Mehrheit von 59,5 Prozent der befragten Ärzteschaft ist der Meinung, dass die Patientinnen und Patienten sowohl mit der Nutzung digitaler Angebote als auch mit deren Interpretation überfordert sind.

Das meiste Vertrauen genießen aber auch weiterhin Medizinerinnen und Mediziner, vor allem, wenn sie Diagnosen auf Basis langjähriger Erfahrungen erstellen: 82,7 Prozent der Befragten halten diese für sehr oder eher sinnvoll. Ärztliche Diagnosen auf der Basis von Datenbanken findet hingegen nur knapp die Hälfte der Befragten (45,4 Prozent) sinnvoll. Und Diagnosen auf der Basis künstlicher Intelligenz bewerten lediglich 27,5 Prozent der Interviewten positiv.

Information

https://www.acatech.de/publikation/technikradar-2022/  

Quelle: Christoph Uhlhaas, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.

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