Aktuelle Urteile für Ärztinnen und Ärzte

Zur ärztlichen Begutachtung darf eine Begleitung mitgebracht werden • Ein Gutachten für einen Entschädigungsprozess ist ausreichend • Ganz dünnes Eis bei Geschlechtsverkehr mit einer Patientin

 

Sozialrecht: Zur Begutachtung darf eine Begleitung mitgebracht werden

Zwar darf eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der ein Gutachten für einen Patienten erstellen muss, entscheiden, ob eine Vertrauensperson des Patienten mit dabei sein darf. Das gelte immer dann, wenn das „zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege – insbesondere mit Blick auf eine unverfälschte Beweiserhebung – erforderlich ist“. In dem konkreten Fall ging es um einen Mann, der sich gegen die Herabsetzung seines Behinderungsgrads von 50 auf 20 wehrte. Der mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte Orthopäde lehnte die Begutachtung ab, weil der Patient verlangt hatte, dass seine Tochter oder sein Sohn als Vertrauensperson während der Untersuchung zur Beruhigung für ihn anwesend seien – zu Unrecht. Das Bundessozialgericht entschied, dass solche Begleitpersonen nicht pauschal abgelehnt werden dürfen. Das Persönlichkeitsrecht gebiete es, dass der Mann begleitet werden darf.

§§ BSG, B 9 SB 1/20 R

 

Ein Gutachten für einen Entschädigungsprozess ist ausreichend

Klagt ein 57-jähriger Mann nach einer Beschneidung aufgrund einer Vorhautverengung über Impotenz und Schmerzen (was zu Depressionen bei ihm führte), so reicht es an Unterstützung durch seine (gesetzliche) Krankenkasse, wenn die über den Medizinischen Dienst ein Gutachten zu dem Fall anfertigen lässt, um etwaige Entschädigungsansprüche wegen eines vermeintlichen Behandlungsfehlers zu prüfen. Kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine Beschneidung nicht geeignet sei, Beschwerden wie Impotenz zu verursachen, so muss die Kasse nicht ein weiteres Gutachten einholen. Das gelte auch dann, wenn die Therapeutin dem Mann eine „Anpassungsstörung nach Penisoperation“ bescheinigt und er argumentiert, dass seine Frau noch nicht als Zeugin vernommen worden ist. Die Kasse hat ihrer gesetzlichen Hilfspflicht durch das Einholen des Gutachtens ausreichend entsprochen.

LSG Niedersachsen-Bremen, L 16 KR 432/22


Strafrecht: Der Sex mit einer Patientin bewegt sich auf ganz dünnem Eis

Auch wenn die Patientin eines Orthopäden und Osteopathen die (auch sexuelle) Nähe zu ihrem Therapeuten sucht, kann sich der Arzt des sexuellen Missbrauchs strafbar machen. In dem konkreten Fall war die Frau innerhalb eines Jahres 30-mal in Behandlung, in denen sich die beiden immer nähergekommen waren. Trotz des Einverständnisses und sogar Initiative der Patientin sei die Strafbarkeit damit nicht vom Tisch. Auch wenn die Patientin mit den sexuellen Handlungen im Rahmen des Behandlungsverhältnisses ausdrücklich einverstanden war, versteht es sich in den meisten Fällen von selbst, dass ein Arzt dieses besondere Verhältnis missbraucht. Das Oberlandesgericht Hamm verwies den Fall an die Vorinstanz zur genaueren Prüfung zurück. Insbesondere sei zu ermitteln, ob m sich die beiden wirklich „auf Augenhöhe“ begegneten. Es müsse näher dargelegt werden, „wie sich die beiderseitige sexuelle Anziehung – auch schon vor der ersten Tat – manifestiert habe“.

OLG Hamm, 5 RVs 60/22

 


Quelle: Redaktionsbüro Wolfgang Büser

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