Die Folgen der Nachweisgesetzesänderung für Sie als Arbeitgeber

Ab dem 01.08.2022 gilt nun das reformierte Nachweisgesetz (NachwG). In Umsetzung der EU-Transparenz-Richtlinie änderte der deutsche Gesetzgeber das Nachweisgesetz und regelt weitergehende Informations- und Dokumentationspflichten, denen Arbeitgeber* schriftlich nachkommen müssen.

Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer danach ausführlicher als bisher über die wesentlichen Arbeitsvertragsbestandteile, so u. a. über die Zusammensetzung der Vergütung und das Verfahren bei einer Kündigungsschutzklage, informieren. Diese Verpflichtung gilt nicht nur bei Neueinstellungen. Auch Altarbeitnehmern, das heißt solchen Arbeitnehmern, die bereits vor dem 01.08.2022 eingestellt wurden, müssen Arbeitgeber auf das Verlangen des jeweiligen Arbeitnehmers binnen kurzer Frist die entsprechenden Auskünfte mitteilen. Bei jedem Verstoß droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 €.

Bisherige Rechtslage

Die Umsetzung des Nachweisgesetzes basiert auf der EG-Richtlinie 91/533 vom 14.10.1991 und erfolgte damit schon weitaus vor dem 01.08.2022. In dem bisherigen Nachweisgesetz war bereits allgemein geregelt, dass entweder der Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen oder dem Arbeitnehmer ein Schriftstück mit den Mindestangaben über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgehändigt werden musste. Konkret muss der Arbeitgeber vor dem 01.08.2022, das heißt nach der alten Fassung des Nachweisgesetzes binnen Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses über folgende Arbeitsvertragsbestandteile informieren:

  • Name und Anschrift der Vertrags­parteien;
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeits­verhältnisses;
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung;
  • Arbeitsort;
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit;
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts; 
  • Arbeitszeit;
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs;
  • Kündigungsfristen;
  • Allgemeiner Hinweis auf anwendbare Tarifverträge, Betriebs- und Dienst­vereinbarungen.

Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist ebenfalls schriftlich spätestens innerhalb eines Monats mitzuteilen, vgl. § 3 Nachweisgesetz. Auch können die Nachweispflichten nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden, vgl. § 5 Nachweisgesetz. 

Der Nachweis der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge erfordert keinen detaillierten, sondern nur einen allgemeinen Hinweis. Niedergelassene Ärzte sind grundsätzlich nicht tarifgebunden. Es existieren in der Regel keine Firmentarifverträge. Darüber hinaus sind keine Tarifverträge kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband anwendbar. Auf das Arbeitsverhältnis findet daher kein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Anwendung. Sollte in dem Arbeitsvertrag auf den Mantel- und Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte (MFA) partiell und statisch oder dynamisch Bezug genommen werden, so gelten diese Tarifverträge aufgrund einer sogenannten „arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel“. 
 

Neue Rechtslage beim Nachweisgesetz

Durch die seit dem 01.08.2022 in Kraft getretene Gesetzesänderung müssen Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz zusätzlich über Folgendes schriftlich informieren:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses;
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses;
  • den Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann;
  • sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit;
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung;
  • die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen;
  • sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung;
  • wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist;
  • das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Fristen

Der Arbeitgeber ist danach auch verpflichtet, die weiteren wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrages schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer unterzeichnet auszuhändigen. 

Konkret muss der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, die Niederschrift unterzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen, vgl. § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz. Die elektronische Form reicht nicht aus. Für ab dem 01.08.2022 einzustellende Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber bereits am ersten Arbeitstag die Niederschrift mit den Informationen über Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit vorlegen. Die weiteren Nachweise (Arbeitsort und Tätigkeitsbeschreibung) müssen spätestens in sieben Kalendertagen nach dem vereinbarten Arbeits­beginn vorliegen. Weitere Angaben (Urlaubsdauer und Informationen zum Kündigungsschutzverfahren) können innerhalb eines Monats nachgereicht werden. 

Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 01.08.2022 eingestellt wurden, gilt eine sogenannte „Hinweis- und Unterrichtungspflicht“ des Arbeitgebers über die wesent­lichen Arbeitsbedingungen im Sinne des Nachweisgesetzes, soweit der Arbeitnehmer den Arbeitgeber dazu auffordert. Nach Aufforderung gilt eine Frist von sieben Tagen für den Arbeitgeber. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, das Kündigungsschutzverfahren und die geltenden Tarifverträge müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden.

Praxishinweise 

Bei Neueinstellung nach dem 01.08.2022 sollte zukünftig ein Arbeitsvertrag gefertigt und ausgehändigt werden, der die verpflichtenden Mindestinhalte nach § 2 Nachweisgesetz enthält. Insoweit entfällt die Nachweispflicht für Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 4 Nachweisgesetz, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit den erforderlichen Angaben ausgehändigt wird. 

Den Verpflichtungen nach neuem Nachweisgesetz in Bezug auf Bestandsarbeitnehmer, das heißt allen vor dem 01.08.2022 eingestellten Arbeitnehmern, können Arbeitgeber durch ein Standardschreiben mit Hinweisen auf die neue Rechtslage nachkommen. Im Rahmen eines solchen Hinweisschreibens sollte klargestellt werden, dass es sich ausschließlich um eine reine Wissens­erklärung aufgrund des aktuellen Kenntnisstands gemäß § 2 Abs. 1 des Nachweisgesetzes ohne Rechtsbindungswillen handelt. Rechtlich bindend wird der Inhalt des Arbeitsverhältnisses allein durch den abgeschlossenen Arbeitsvertrag, der für das Arbeitsverhältnis geltenden Gesetze sowie die für das Arbeitsverhältnis geltenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Ferner sollte klargestellt werden, dass das Hinweisschreiben lediglich eine Dokumentation und Mitteilung nach dem aktuellen Kenntnisstand des Arbeitgebers entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des Nachweisgesetzes darstellt. Arbeitgeber sollten sich ausdrücklich vorbehalten, diesen Nachweis jederzeit zu ändern, zu ergänzen oder zu korrigieren.  

Die Verpflichtungen nach dem Nachweisgesetz sollten in Ansehung der nicht unerheblichen Bußgeldandrohung von 2.000,00 € erfüllt werden. Dem Arbeitnehmer steht nach allgemeinen Grundsätzen insoweit ein einklagbarer Erfüllungs­anspruch zu. Schadensersatz­ansprüche sind daneben möglich. 

* Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das ­generische Maskulinum verwendet werden. ­Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

Benedikt Büchling
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits-, Medizin- und Handels- und Gesellschaftsrecht
Freie-Vogel-Str. 367, 44269 Dortmund und Feithstr. 137a, 58097 Hagen
b.buechling@kanzlei-am-aerztehaus.de
www.kanzlei-am-aerztehaus.de 

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