Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Hier werden interessante Rechts-Fragen von Justiziarin Andrea Schannath (NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.) beantwortet, die unter anderem im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit an sie herangetragen werden.

Ärztlich attestierte Verhandlungsunfähigkeit

Herr Dr. P. aus Herne:

„In meine Praxis ist vor einigen Tagen ein Patient gekommen, der am selben Tag als Zeuge vor Gericht erscheinen sollte. Er klagte über Magen-Darm-­Beschwerden, sodass ich ihm eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit dem Hinweis, er sei nicht verhandlungsfähig, ausgestellt habe. Wie ich von ihm jetzt erfahren habe, will das Gericht diese Bescheinigung nicht anerkennen. Ist das möglich?“

Frau Schannath:

„Ja, das ist möglich, denn das Saarländische Oberlandesgericht hat bereits am 22.01.2007 entschieden, dass die ärztlich bestätigte Arbeitsunfähigkeit zur Vorlage beim Arbeitsgericht bestimmt sei und nichts über die Zumutbarkeit des Erscheinens bei Gericht besage. Aus einem Attest für die Bescheinigung einer Verhandlungsunfähigkeit muss vielmehr hervorgehen, dass das Attest zur Vorlage bei Gericht diene und aus welchem Grund der Patient ggf. verhandlungsunfähig ist. Es muss also die Art der Erkrankung und deren Auswirkungen dargelegt werden. Des Weiteren muss angegeben werden, wie lange die etwaige Verhandlungsunfähigkeit voraussichtlich bestehen wird. Ihre Bescheinigung erfüllt diese Kriterien nicht und kann daher vom Gericht abgelehnt werden.“

Mietvertrag: Kein Schriftform­erfordernis bei Optionsausübung

Frau Dr. K. aus Aichwald:

„Ich habe in meinem befristeten Mietvertrag ein Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um jeweils fünf Jahre, das ich sechs Monate vor dem jeweiligen Vertragsende geltend machen muss. Dieses Recht habe ich jetzt fristgemäß mit einem Computerfax ausgeübt. Mein Vermieter ist der Ansicht, dies wäre nicht rechtens, da in unserem Mietvertrag vereinbart sei, dass Vertrags­ergänzungen der Schriftform bedürfen. Ist das richtig?“

Frau Schannath:

„Nein, Ihr Vermieter irrt. Der Bundesgerichtshof hat am 21.11.2018 (Az.: XII ZR 78/17) entschieden, dass der Mieter eines Gewerberaumes nicht die gesetzliche Schriftform wahren muss, wenn er von einem ihm vertraglich eingeräumten Optionsrecht Gebrauch macht. Vielmehr genügt die Optionsausübung durch ein Computerfax. Nur die Vereinbarung eines Optionsrechtes als solches bedarf der gesetzlichen Schriftform, nicht aber die spätere Ausübung der Option. Denn durch die Optionsausübung wird kein neuer Mietvertrag abgeschlossen, sondern nur eine im Willen der Parteien ohnehin vorgesehene Verlängerungsmöglichkeit effektiv gemacht. Ihr Mietvertrag besteht also fünf weitere Jahre.“

Kein Honoraranspruch bei vorläufigem Berufsverbot

Herr Dr. L. aus Dresden:

„Einem Kollegen wurde aufgrund einer Vergewaltigung ein Berufsverbot gegenüber Patientinnen erteilt. Er hat aber weiterhin als Vertragsarzt gearbeitet und auch Leistungen gegenüber Patientinnen abgerechnet. Die Kassenärztliche Vereinigung hat jetzt sein Honorar berichtigt. Ist das zulässig, der Kollege hatte ja noch seine Zulassung?“

Fragen an die ExpertinHaben auch Sie Fragen an Andrea Schannath? Mitglieder des NAV-Virchow-Bundes erreichen sie montags bis donnerstags jeweils von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 030 288774-125

Frau Schannath:

„Ein Berufsverbot führt dazu, dass dem Arzt die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen ist und hat die weitere Folge, dass der Arzt bereits im Vorgriff auf den tatsächlichen Entzug der Zulassung unmittelbar aufgrund des Berufsverbots nicht mehr berechtigt ist, Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen und abzurechnen. Bei einer Tätigkeit, deren Ausübung eine behördliche Genehmigung oder wie die Tätigkeit des Vertragsarztes eine Approbation sowie eine besondere vertragsärztliche Zulassung voraussetzt, greift das Berufsverbot unabhängig davon ein, ob außerdem die erforderliche behördliche Genehmigung, die Approbation oder die Zulassung entzogen worden sind. Eine Honorarberichtigung war also rechtens, so hat auch das Bundessozialgericht am 24.10.2018 (Az.: B 6 KA 9/18 B) entschieden.“

 

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