Masernschutzgesetz: Das sollten Ärzte wissen

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Kinder wirksam vor Masern geschützt werden. Daher ist für sie künftig beim Eintritt in die Kindertagesstätte oder Schule ein altersgerechter Masernimpfschutz nachzuweisen. Auch Personen, die in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen arbeiten, sollen gegen diese gefährliche Infektionskrankheit geimpft sein. Diese Regelungen sind Gegenstand des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (sog. Masernschutzgesetz), welches am 01.03.2020 in Kraft tritt. Welche Konsequenzen sich daraus für Sie als Arzt ergeben, stellen wir im Folgenden dar.

 

Zukünftig ist jeder Arzt unabhängig von seinem Fachgebiet zur Durchführung von Schutzimpfungen, also nicht nur von Impfungen gegen Masern, berechtigt. So können beispielsweise Frauenärzte nicht nur die Patientin, sondern auch deren Partner impfen und Pädiater auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen. Zahnärzte dürfen aber nicht impfen.

Dokumentation

Die Impfungen müssen Sie dokumentieren. Neben dem Gesundheitsamt darf zukünftig jeder Arzt – also nicht nur der die Impfung durchführende Arzt – Schutzimpfungen in einen Impfausweis oder einer Impfbescheinigung nachtragen. Voraussetzung ist, dass der Patient die Impfung nachweist. Das kann z. B. durch einen Bluttest erfolgen. Wenn Antikörper nachgewiesen werden, hatte der Patient entweder schon Masern und ist somit immun oder er ist bereits geimpft.

  • wER MUSS GEIMPFT WERDEN?Kinder und Schüler, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden. Dazu zählen z. B. Kinderhorte, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen.
  • Personen, die bereits vier Wochen in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden oder untergebracht sind. Dazu zählen z. B. Heime, auch beispielsweise für Asylbewerber.
  • Personen, die in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen tätig sind. Dazu zählen z. B.: Arzt- und Zahnarztpraxen, Kinderhorte, Schulen, Heime, Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Tageskliniken, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe

Zu den Mitarbeitern in solchen Einrichtungen zählen z. B. Lehrer, Erzieher, Tagesmütter, medizinisches Personal, Küchen- und Reinigungspersonal, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten, Hausmeister. Diese Personen haben vor Beginn ihrer Betreuung oder Tätigkeit der Leitung der Einrichtung, also z. B. Ihnen als Praxisinhaber, durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, dass:

  • sie ausreichend gegen Masern geimpft sind oder
  • sie immun gegen Masern sind oder
  • wegen einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

 

Was gilt, wenn nur Kombinations­impfstoffe zur Verfügung stehen?

Die Impfpflicht gilt auch dann, wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten, wie z. B. Mumps, Röteln oder Windpocken enthalten.

Welche Ausnahmen bestehen hinsichtlich der Impfpflicht?

Wer mit einem ärztlichen Attest nachweist, dass eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen kontraindiziert ist, ist von der Impfpflicht befreit. Außerdem sind vor 1971 Geborene von der Impfpflicht befreit, da sie größtenteils immun sein dürften.

Was passiert, wenn Personen nicht geimpft sind?

  • Kinder ab Vollendung des zweiten Lebensjahres dürfen ohne ausreichenden Masernschutz ab dem 01.03.2020 nicht in Kitas usw. neu aufgenommen werden. Kinder, die unter zwei Jahre alt sind, müssen mindestens eine Masernschutz­impfung oder eine Immunität gegen Masern nachweisen, sonst dürfen Sie nicht neu aufgenommen werden. Kinder unter einem Jahr können ohne Nachweis aufgenommen werden.
  • Schulpflichtige Kinder dürfen auch ohne Nachweis einer Masernschutzimpfung weiter zur Schule gehen. Ein Schulausschluss kann bei schulpflichtigen Personen nicht erfolgen. Allerdings droht den Sorgeberechtigten ein Bußgeld in Höhe von 2.500 €, wenn sie ihr Kind trotz Aufforderung nicht impfen lassen.
  • Personen, die in Heimen usw. neu betreut oder untergebracht werden, dürfen die Räume, die der Gemeinschaftseinrichtung dienen, nicht mehr betreten. Davon ausgenommen sind Personen bei denen eine gesetzliche Unterbringungsverpflichtung, z. B. aufgrund des Asyl­gesetzes besteht.
  • Personen, die nach 1970 geboren sind, dürfen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen, wie z. B. Arztpraxen oder Krankenhäusern, ab dem 01.03.2020 nicht mehr neu eingestellt werden.

 

Wichtige Übergangsregelung

Für Kinder, die bereits vor dem 01.03.2020 eine Kita oder Schule besucht haben, Personen, die in Heimen usw. betreut oder untergebracht sind sowie für Beschäftigte in entsprechenden Einrichtungen, also z. B. auch für Ihr Praxispersonal, gilt eine Nachweisfrist bis zum 31.07.2021. Sie dürfen also noch in die Kita und Schule gehen, in Heimen betreut werden und das Personal in den entsprechenden Einrichtungen bis zum 31.07.2021 beschäftigt werden. Das bedeutet, dass Ihnen bis zum 31.07.2021 keine Sanktionen drohen, wenn Sie nicht geimpftes Personal weiterbeschäftigen.

Wird aber der Nachweis nicht bis zum 31.07.2021 erbracht, muss der Leiter der Einrichtung, also z. B. der Praxisinhaber, dies dem zuständigen Gesundheitsamt unter Angabe der personenbezogenen Daten, also z. B. Name, Geburtsdatum, übermitteln. Übermitteln Sie diese Daten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig, drohen wieder Geldbußen.

Geldbußen und Verbote

Das Gesundheitsamt kann dann diese Personen zur Beratung vorladen und sie zur Vervollständigung des Impfschutzes gegen Masern auffordern. Bei minderjährigen Personen, werden die Sorgeberechtigten, also in der Regel die Eltern, geladen. Weigern sich die Personen sich oder ihre Kinder auch weiterhin impfen zu lassen, können Geldbußen verhängt werden. Das Gesundheitsamt kann auch ein Verbot aussprechen, dass die Person in Kitas, Kinderhorten oder Schulen, keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstige Tätigkeiten ausüben darf, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten hat, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist.

Masernschutzgesetz: Was muss ich als Arzt jetzt konkret tun?

  • Bitte erkundigen Sie sich frühzeitig bei Ihren Mitarbeitern, die nach 1970 geboren sind, über die durchgeführten Masernimpfungen oder die Immunität gegen Masern.
  • Klären Sie die Mitarbeiter über die notwendigen Impfungen auf und dokumentieren Sie das schriftlich in der Personalakte.
  • Lassen Sie sich den vollständigen Impfschutz oder die Immunität durch ein ärztliches Attest nachweisen.
  • Machen Sie deutlich, dass Sie Mitarbeiter bei fehlendem Impfschutz oder fehlender Immunität ab dem 01.08.2021 nicht mehr beschäftigen können und daher kündigen müssen.
  • Lassen Sie sich bei fehlendem Impfschutz bzw. fehlender Immunität schriftlich von den Mitarbeitern bestätigen, dass sie sich nicht gegen Masern impfen lassen wollen und auch nicht immun sind.
  • Weigert sich ein Mitarbeiter sich impfen zu lassen, kündigen Sie ordentlich unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen. Da die gesetz­lichen Kündigungsfristen nach der Länge der Beschäftigungsdauer gestaffelt sind, kann die Kündigungsfrist bis zu sieben Monate zum Monatsende betragen.
  • Auch wenn eine Kündigung sicherlich unerfreulich ist, bleibt Ihnen letztlich bei Impfverweigerern keine andere Möglichkeit.

Wer darf nicht in der Praxis beschäftigt werden, der nach 1970 geboren ist?

  • Neueinstellungen ab 01.03.2020: Sie dürfen ab dem 01.03.2020 nur noch medizinisches Personal einstellen, dass Ihnen einen ausreichenden Impfschutz gemäß den STIKO-Empfehlungen gegen Masern nachgewiesen hat bzw. eine Immunität gegen Masern nachweisen kann. Beschäftigen Sie neu eingestelltes medizinisches Personal, dass keinen entsprechenden Nachweis erbracht hat, drohen Ihnen ab 01.03.2020 Geldbußen.
  • Bestehendes Personal ab 31.07.2021: Hat Ihnen ein Mitarbeiter, der vor dem 01.03.2020 schon bei Ihnen beschäftigt war, bis zum 31.07.2021 keinen Nachweis erbracht, dass er gegen Masern geimpft ist oder gegen Masern immun ist, dürfen Sie den Mitarbeiter nicht mehr weiterbeschäftigen. Ansonsten drohen Ihnen auch hier Geldbußen.

Wer bezahlt was im Zusammenhang mit der Masernschutzimpfung?

  • Die Kosten für die Durchführung der Schutzimpfung gegen Masern entsprechend den Empfehlungen der STIKO und die damit zusammenhängende Dokumentation im Impfausweis oder einer Impfbescheinigung tragen die gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungen.
  • Fehlt ein Impfausweis oder eine Impfbescheinigung, z. B. wegen Verlust des Dokuments, müssen Sie dem Patienten eine gesonderte Bescheinigung über den Impfstatus ausstellen, wenn er das wünscht. Sie können gegenüber dem Patienten eine Bescheinigung, ein Attest, einen Bericht oder/und Arztbriefe nach ärztlichem Ermessen nach der GOÄ in Rechnung stellen.
  • Wenn Patienten nachweisen wollen, dass sie gegen Masern immun sind, muss eine serologische Testung auf Masern-Antikörper erfolgen. Sie können dem Patienten dafür eine Beratung nach Nr. 1 GOÄ, eine kleine körperliche/symptombezogene Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ und eine Blutentnahme nach Nr. 250 GOÄ berechnen. Zusätzlich muss der Patient die Laborkosten für die Serologie im Labor, die nach Nr. 4396 GOÄ abgerechnet werden, bezahlen.
  • Wenn Patienten nachweisen wollen, dass eine medizinische Kontraindikation für die Masernimpfung besteht, müssen sie eine ärztliche Bescheinigung einholen. Sie können dafür die Nr. 75 GOÄ abrechnen.

► Das Masernschutzgesetz war zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, sodass Änderungen nicht ausgeschlossen werden können.

Justiziarin Andrea Schannath

Bei individuellen Fragen zu diesem, aber auch allen anderen beruflichen Themen, können sich Mitglieder des Virchowbundes an die Justiziarin Frau Andrea Schannath wenden:
Chausseestraße 119 b, 10115 Berlin, Fon: (030) 28 87 74-125, Fax: (030) 28 87 74-115;
E-Mail: andrea.schannath@virchowbund.de

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