Steuerbefreiung für Familienheim im Falle der Renovierung

Kinder können eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden hat.

Der BFH hatte mit seinem Urteil vom 28.05.2019 zu entscheiden, ob die Renovierung des Familienheims die Freistellung bei der Erbschaftssteuer verhindert.

► BFH Az.: II R 37/16

Nach einer Erbauseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Bruder erhielt der Kläger das Alleineigentum an einem Zweifamilienhaus. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 02.09.2015. Renovierungsangebote holte der Kläger erst ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016. Das Finanzamt hielt den Erwerb des Hauses für (erbschafts)steuerpflichtig, während der Kläger sich auf die Steuerbefreiung berief.

► Im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg, während der BFH die Entscheidung aufhob.

Steuerbefreiung für den Erwerb

Rechtssystematisch ist unter anderem der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem bebauten Grundstück von Todes wegen durch Kinder steuerfrei, soweit dies beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (sogenanntes Familien­heim). Streitig war in diesem Fall lediglich, ob der Kläger das Haus unverzüglich nach dem Erbfall als Familienheim genutzt hat.

Unverzügliche Selbstnutzung

Nach Ansicht der Richter erfolgt eine Handlung unverzüglich nur, wenn sie innerhalb einer nach den „Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit“ vorgenommen wird. Dies bedeutet vereinfacht, dass ein Erwerber zur Erlangung der Steuer­befreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss. Zieht der Erwerber innerhalb dieses Zeitraums ein, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass eine unverzügliche Bestimmung der Wohnung zur Selbstnutzung als Familienheim vorliegt.

Hat der Erwerber nach einer Bedenkzeit den Entschluss zum Einzug gefasst und benötigt er weitere Zeit für eine Renovierung der Wohnung für eigene Wohnzwecke sowie für die notwendige Durchführung des Umzugs ist unter Berücksichtigung dieser gesamten Umstände ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall als erforderlich anzusehen, urteilten die Richter.

Nach Ablauf von sechs Monaten muss der Erwerber glaubhaft darlegen:

  • zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung als Familienheim entschlossen hat
  • aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war
  • warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat

Umstände in seinem Einflussbereich, wie eine Renovierung der Wohnung, sind ihm nur unter besonderen Voraussetzungen nicht anzulasten. Da der Kläger erst mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch Angebote von Handwerkern eingeholt und damit erst mit der Renovierung begonnen hatte sowie keine substanziellen Gründe für diese Verzögerung vorgetragen hat, wies der BFH die Klage ab.

HinweisAufgrund einer Entscheidung des FG Münster vom 31.01.2013 - 3 K 1321/11 hatte der BFH die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung aus zwingenden Gründen zu klären. Hierzu stellt der BFH mit seinem Urteil vom 23.06.2015 - II R 13/13 fest, dass eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für ein Familienheim ausscheidet, wenn der Erwerber von vornherein an der Selbstnutzung gehindert ist und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht.

► Bestätigt durch gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 03.03.2016, S. 3812, Tz. 1

Der BFH hat nun für Rechtsklarheit gesorgt: „Unverzüglich“ im Zusammenhang mit der Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bedeutet einen Zeitraum von sechs Monaten. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung diese Grundsätze anwendet. Erben sollten, wenn sie die Steuerbefreiung für das Familienheim in Anspruch nehmen wollen, diese zeitliche Obergrenze beachten.

Steuerberater Dennis Janz
LL.M., zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (FernUniversität Hagen) und Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK) ist Partner der Radloff | Ploch & Partner mbB, Dortmund.
www.radloff-ploch.de

 

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