Steuervorteile mit Tücken beim Mietwohnungsneubau

Mit der Förderung des Mietwohnungsneubaus wurde ein Versprechen der Bundes­regierung aus dem aktuellen Koalitionsvertrag eingelöst. Seit dem 01.01.2019 besteht die Möglichkeit einer Sonderabschreibung für neu angeschaffte oder hergestellte Neubauwohnungen, die der Vermietung dienen. Damit mit der Steuerförderung eine steuermindernde Wirkung erzielt werden kann, sollten einige Punkte beachtet werden.

Die Vermögensanlage anhand des Erwerbs neuer Immobilien ist seit Jahrzehnten eine beliebte Wertanlage. Die Förderung dieser Wertanlage wurde mit Zustimmung des Bundesrats vom 28.06.2019 erstmalig für Veranlagungszeiträume ab dem 01.01.2019 verabschiedet.

Grundsätze der Förderung

Die Sonderabschreibung kann für die Anschaffung und Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegen sind in Anspruch genommen werden. Das gilt unabhängig von der Zuordnung der Wohnung zum Privat- oder Betriebsvermögen. Gelten sonst grundsätzliche Differenzierungen, können in diesem Fall Privatpersonen, Unternehmer sowie Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) von der Förderung profitieren. Als Vermieter einer zu Wohnzwecken vermieteten Immobilie können aktuell im Privat- und Betriebsvermögen 2 % bzw. 2,5 % Abschreibung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes jährlich steuermindernd geltend gemacht werden. Durch die Einführung der Sonderabschreibung können seit 2019 für neu erworbene Wohnungen zusätzlich bis zu maximal 5 % Abschreibung im Jahr der Anschaffung und in den folgenden drei Jahren steuermindernd berücksichtigt werden (s. Infokasten Beispiel 1).

Beispiel 1: Auswirkung der Förderung für Neubesitzer einer Immobilie

Die Anschaffungskosten der neu erworbenen Wohnung betragen 200.000 €. Es handelt sich um einen Neubau (Bauantrag Dezember 2018), somit sind 2 % Abschreibung p.a. möglich. Nach alter Gesetzeslage konnten somit 4.000 € Abschreibung jährlich steuermindernd geltend gemacht werden. Aufgrund der Förderung des Mietwohnungsneubaus erhöht sich dieser Abschreibungs­betrag in den ersten vier Jahren erheblich. Bei einem vollen Ansatz der Förderung ergibt sich folgende Rechnung:

2020
2 % Abschreibung: 4.000 €
zuzüglich 5 % Förderung: 10.000 € ergibt in Summe: 14.000 €

2021
2 % Abschreibung: 4.000 €
zuzüglich 5 % Förderung: 10.000 € ergibt in Summe: 14.000 €

2022
2 % Abschreibung: 4.000 €
zuzüglich 5 % Förderung: 10.000 € ergibt in Summe: 14.000 €

2023
2 % Abschreibung: 4.000 €
zuzüglich 5 % Förderung: 10.000 € ergibt in Summe: 14.000 €

► Somit ergibt sich eine Gesamtabschreibung in den ersten vier Jahren von insgesamt 56.000 €. Bei einem Steuersatz von 30 % können Sie somit in den ersten vier Jahren insgesamt 16.800 € an Steuerersparnis bewirken.

 

Zeitlicher Rahmen

  • Auf einen BlickNeue Wohnung liegt in der Europäischen Union
  • Größe der Wohnung beträgt mindestens 23 qm und ermöglicht einen selbstständigen Haushalt
  • Fertigstellung der Wohnung und Anschaffung der Wohnung im selben Jahr
  • Wohnungen werden durch Baumaßnahmen aufgrund eines Bauantrags zwischen dem 31.08.2018 und 01.01.2022 neu geschaffen 
  • Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen einen Wert von 3.000 € pro qm Wohnfläche nicht 
  • Die Wohnung dient im Jahr der Herstellung/Anschaffung und den folgenden neun Jahren der langfristigen Vermietung

Für die Herstellung und Anschaffung von förderungsbegünstigten Wohnungen ist der Bauantrag oder die Bauanzeige das entscheidende zeitliche Kriterium. Wer seinen Bauantrag nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt hat bzw. stellt, kann die Förderung in Anspruch nehmen. Ob es über 2021 hinaus eine weitere Anwendung bzw. Anpassung des Gesetzes geben wird, ist noch nicht ersichtlich. Die aktuelle Zielsetzung der Bundesregierung soll eine zeitnahe Investition bewirken und den Wohnungsmarkt möglichst schnell entlasten.

Für die Anschaffung von Wohnungen birgt der Begriff „neu“ Interpretationsspielraum. Eine Wohnung, die Sie im Jahr 2020 erwerben ist für Sie persönlich „neu“. Der Gesetzgeber definiert diesen Begriff sehr eng. Als „neu“ im Sinne der Förderung gilt lediglich die Anschaffung einer Wohnung, die in dem Jahr ihrer baulichen Fertigstellung durch den Vermieter angeschafft wird. Fallen Jahr der Fertigstellung und Anschaffungsjahr auseinander, ist ein Anspruch auf Sonderabschreibung nicht gegeben.

Eckpunkte einer neuen Wohnung

Die Bundesregierung legt bestimmte Voraussetzungen an den Wohnungsbegriff fest. Eine neue Wohnung muss mindestens eine Größe von 23 qm vorweisen, um unter das neue Gesetz zu fallen. Zusätzlich muss die Wohnung einen selbstständigen Haushalt ermöglichen. Dies beinhaltet die notwendigen Nebenräume wie eine Küche und ein Bad mit Toi­lette. Durch diese Voraussetzungen werden auch neue Möglichkeiten geschaffen. Demnach gilt die Förderung auch für Erweiterungen wie z. B. ein neuer Dachgeschossausbau. Ausgeschlossen von der Förderung sind allerdings sämtliche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen. 

Steuerfallen vorprogrammiert

Zwar ist die Vermietung zu Wohnzwecken eine der gesetzlichen Voraussetzungen für den Abzug der Sonderabschreibung für Vermieter. Jedoch gilt auch dort: Kein Gesetz ohne Ausnahmen. 
Kurzfristige Vermietungen

Derzeit entscheiden sich immer mehr Vermieter gegen ein dauerhaftes Mietverhältnis mit einem Mieter. Mitunter wird die Wohnung über eine Internetplattform wie beispielsweise AirBnB angeboten und für kurzfristige Aufenthalte an wechselnde Mieter vermietet. Liegt somit eine kurzfristige Vermietung vor, ist dies für die Förderung vollständig schädlich. Auch für einen Zeitraum, in dem ein langfristiges Mietverhältnis vorlag, wird die Sonderabschreibung dann nicht mehr gewährt.

Baukostenobergrenze

Eine weitere Einschränkung ist die sogenannte „Baukostenobergrenze“. Die Sonderabschreibung darf lediglich in Anspruch genommen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 € pro qm Wohnfläche nicht übersteigen. Diese Begrenzung weist nicht nur eine Steuerfalle auf, sie ist in Zeiten des nachhaltigen Wertesystems auch kritisch zu beurteilen. Entscheidet man sich für eine nachhaltige Bauweise oder ist man aufgrund von Auflagen etc. an höhere Baukosten gebunden, werden diese durch die Sonderabschreibung nicht gefördert, da man schnell über die Obergrenze investiert. Diese Begrenzung umfasst auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, also Kosten die nach der Fertigstellung anfallen und dem Anschaffungs- bzw. Herstellungsvorgang zugerechnet werden.

Aktuell wird die Anhebung des Maximalbetrags für die Anschaffungs- und Herstellungskosten diskutiert. Ob es tatsächlich zu einer Anhebung der Maximalbeträge kommt, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. 

Veränderte Lebensumstände

Wenn z. B. aufgrund von persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen ein Objekt innerhalb von neun Jahren zuzüglich des Jahres der Anschaffung/Herstellung selbst bezogen oder veräußert wird und diese Veräußerung nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegt, gibt es keine Förderung. Eine in Anspruch genommene Förderung wird dann von dem zuständigen Finanzamt rückgängig gemacht und der im Beispiel 1 ausgerechnete Steuervorteil muss vollständig zurückgezahlt werden.

Beispiel 2: Obergrenze und Bemessungsgrundlage

Sollten Sie eine Wohnung mit Gebäudeanschaffungskosten in Höhe von 300.000 € und 100 qm Wohnfläche erwerben, weisen Sie Anschaffungskosten in Höhe von 3.000 € pro qm Wohnfläche aus und sind somit berechtigt die Sonderabschreibung in Anspruch zu nehmen. Diese können Sie jedoch maximal auf 2.000 € pro qm, somit in der Summe 200.000 €, steuermindernd geltend machen. Sie wären deshalb berechtigt maximal 5 % zusätzliche Abschreibung auf den Anteil von 200.000 € im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie in den folgenden drei Jahren in Anspruch zu nehmen.

Besonderheiten

Sofern die Anschaffungskosten innerhalb der Baukostenobergrenze liegen, können Vermieter die Sonderabschreibung nutzen. Diese Wertgrenze dient jedoch lediglich der Berechtigung oder Nicht-­Berechtigung für einen Abzug der Sonderabschreibung. Liegen die Kosten in dieser Begrenzung, gehört der Vermieter unter Voraussetzung der zusätzlichen Kriterien zum Begünstigten-Kreis der Förderung. 
Die Bundesregierung hat allerdings eine weitere Begrenzung festgelegt: Eine Begrenzung auf maximal 2.000 € pro qm als abzugsfähige Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung (s. Infokasten Beispiel 2).

Fazit

Die neue Sonderabschreibung lässt eine Investition in den Wohnungsneubau besonders in den ersten Jahren durchaus attraktiv wirken. So steht im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr sowie in den folgenden drei Jahren ein hohes Abschreibungsvolumen zur Verfügung, welches die Steuerlast insbesondere bei einem hohen Steuersatz effektiv sinken lässt. Die Sonderabschreibung beinhaltet aber einige Stolperfallen, die zu Nachzahlungen führen können. Wir empfehlen zur optimalen Nutzung der Sonderabschreibung den Steuerberater hinzuzuziehen. Er kann nicht nur die gesetzlichen Voraussetzungen auf den individuellen Lebenssachverhalt übertragen, sondern in den Folgejahren eine wirtschaftlich sinnvolle und steuermindernde Gestaltung entwickeln. So kann die Förderung der Bundesregierung als effektives „Steuersparmodell“ in Anspruch genommen werden.

 

Joachim Blum
Steuerberater, Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e. V.)
Christoph Gasten
Dipl.-Finw., Steuerberater
Beide Partner Heilberufeberatung der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner
www.laufmich.de

Stand: April 2020

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