Grundsteuerreform – Was Grundbesitzer jetzt beachten müssen

Die Grundsteuer wurde reformiert. Durch das Grundsteuerreformgesetz werden Eigentümer* von inländischem Grundbesitz zu einer Neubewertung ihres Besitzes im Jahr 2022 verpflichtet. Hierzu fordert das Finanzamt zur Abgabe einer neuen Steuererklärung auf – und die Frist ist denkbar knapp.

Was Eigentümer jetzt tun müssen, wird im folgenden Beitrag erläutert.  

Die Grundsteuerreform

Die Uhr tickt, denn der Prozess für die Neu­berechnung hat bereits seit dem 1. Januar 2022 begonnen. Vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022 ist eine sogenannte Feststellungserklärung in elektronischer Form beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Betroffen hiervon ist zunächst jeder Immobilienbesitzer, denn die Grundsteuer muss für sämtlichen Grundbesitz in Deutschland neu berechnet werden. Dazu zählen bebaute und unbebaute Grundstücke sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, aber auch die Ferienwohnung an der Nordsee. Das sind in Deutschland rund 36 Millionen Grundstücke. 

Der Grund hierfür ist, dass die bisherige Erhebung der Grundsteuer zu einer gravierenden und umfassenden Ungleich­behandlung bei der Bewertung von Grundvermögen führte, weil faktisch seit 1964 keine individuelle Werterhebung mehr erfolgt ist. Daher hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtslage bei der Bewertung von Grundstücken mit dem Einheitswert für verfassungswidrig erklärt und den Gesetz­geber zu einer gesetzlichen Neuregelung ab dem 1. Januar 2025 verpflichtet. Das zentrale Ziel der Reform: eine gerechtere Besteuerung von Grundbesitz. Aktiv werden müssen Grundstückseigentümer aber schon jetzt. 

Was ist die Grundsteuer überhaupt? Die Grundsteuer ist eine Steuer auf das Eigentum an Grundstücken. Sie wird von Gemeinden und Städten erhoben und dient als eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Finanzierung, den Ausbau und den Erhalt der kommunalen Infrastruktur wie z. B. von Schwimmbädern, Straßen, Schulen oder Kitas. Jeder Eigentümer von Grund und Boden ist dazu verpflichtet, die Grundsteuer jährlich an die zuständige Gemeinde zu zahlen. Sofern eine Wohnung oder ein Haus vermietet ist, kann die Grundsteuer über die Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. 

Was ist neu? 

Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grundsteuer gilt der Wert des Grundstücks bzw. des bebauten Grundstücks. Bisher wird die Grundsteuer anhand von Einheitswerten berechnet. In den alten Bundesländern gehen diese Daten auf das Jahr 1964 zurück, in den neuen Bundesländern sogar auf das Jahr 1935. Diese Einheitswerte werden mit einem einheitlichen Faktor, der sogenannten Steuermesszahl, und anschließend mit einem Hebesatz multipliziert. 
Die Bundesregierung hat sich zwar darauf geeinigt, auch weiterhin eine werteorientierte Grundsteuer zu erheben, statt des Einheitswerts gilt aber für die Festsetzung der Grundsteuer zukünftig der Grundsteuerwert. In der Folge werden die Steuermesszahl sowie die Hebesätze der Gemeinden angepasst. Eine Neubewertung erfolgt danach alle sieben Jahre.

Was jedoch gleich bleibt: Je mehr ein Grundstück wert ist, desto mehr Grundsteuer muss gezahlt werden.

Kommt es zu einer Mehrbelastung? 

Das ist ungewiss. Zunächst müssen die Werte der Grundstücke festgestellt werden. Spielten bisher nur die Größe des Grundstücks und die Gebäudefläche eine Rolle, kommt künftig als Faktor noch die Lage des Grundstücks hinzu. Dies könnte zu einer deutlichen Erhöhung der Grundsteuer für den Einzelnen führen. Gewissheit hierüber wird es vermutlich erst im Herbst 2024 geben. Denn erst wenn alle Daten bei den Finanzämtern eingegangen sind, beginnt die Berechnung der neuen Grundsteuer. Der von den Ämtern festgestellte Grundsteuerwert wird im Anschluss an die Kommunen weitergegeben, welche die neue Grundsteuer berechnen. 

Grundsätzlich ist mit der Reform keine Erhöhung des Gesamtaufkommens der Grundsteuer beabsichtigt. Sie setzt sich nur anders zusammen. Ein Bestandteil für die Berechnung ist der bereits genannte Hebesatz der Gemeinde, welcher von den Kommunen allerdings noch angepasst werden muss. Ob sie das auch tun werden, weiß man nicht – denn eine Verpflichtung hierzu besteht nicht. Fest steht aber: Für manche wird es künftig teurer werden, für andere jedoch günstiger. 
Gibt es ein einheitliches Bewertungsmodell? 

Nein. Eigentlich gilt das neue System bundes­weit. Jedoch wurde den Bundes­ländern die Möglichkeit eingeräumt, von einer Öffnungsklausel Gebrauch zu machen. Sie sieht vor, dass es den Ländern möglich sein soll, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. 

Während die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen sich bei der Neuberechnung am Bundesmodell orientieren, haben die restlichen Länder die Berechnung modifiziert. 

Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer landesgesetzlich geregelt. Das Saarland und Sachsen wenden grundsätzlich das Bundesmodell an, haben allerdings vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen eingeführt.

Bei der Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder, abgesehen von punktuellen Abweichungen, einheitlich das Bundesmodell an. 

Wer ist abgabepflichtig? 

Grundsätzlich sind alle Grundstückseigentümer abgabepflichtig, die zum Stichtag 1. Januar eines Jahres Eigentümer von Grundbesitz sind. Findet also beispielsweise im Juli 2022 ein Eigentümerwechsel statt, ist dennoch derjenige zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet, der zum 1. Januar 2022 Eigentümer war. 

Eine Besonderheit gilt bei Grundstücks- und Hausverwaltungen. Diese sind befugt, die Erstellung und die Abgabe der Feststellungserklärung für Grundstückseigentümer zu übernehmen. 
Für Mieter gilt, dass diese nicht zur Abgabe einer Grundsteuererklärung verpflichtet sind. Dies ist und bleibt Sache des Eigentümers. 

Hilfreich für die Beschaffung der notwendigen Angaben/Informationen können unter anderem der Kaufvertrag, der Grundbuchauszug und der Einheitswertbescheid sein. Darüber hinaus sind Daten über das System BORIS (Bodenrichtwertsammlung; z. B. www.boris.nrw ) abrufbar und einige Länder bieten sogenannte Grundsteuerviewer an. Über diese webbasierten Anwendungen können ebenfalls notwendige Informationen abgefragt werden.

Was müssen Grundstückseigentümer jetzt tun? 

Sie sollten beginnen, alle notwendigen Informationen über ihre Immobilie zu sammeln (s. Infokasten). Wenngleich die neue Grundsteuer erst im Jahr 2025 in Kraft tritt, endet die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung am 31. Oktober 2022. 

Was für Angaben werden benötigt?

Für die Feststellung des Grundsteuerwerts sind umfangreiche Angaben erforderlich. Im Einzelnen hängt das von der Art des Grundstücks und dem im jeweiligen Bundesland anwendbaren Modell zur Berechnung ab. Im Wesentlichen sind bei Wohngrundstücken folgende Angaben erforderlich:

  • Einheitswertaktenzeichen
  • Lage, Gemarkung, Flur und Flurstück
  • Eigentumsverhältnisse
  • Grundstücksart
  • Grundstücksfläche und ggf. Gebäudegrundfläche
  • Bodenrichtwert
  • Gebäudeart
  • Wohnfläche
  • Baujahr des Gebäudes
  • Quote am Miteigentum
  • Erklärung, ob das Grundstück zu mehreren Gemeinden gehört
  • Fand eine Kernsanierung statt?
  • Handelt es sich um ein Baudenkmal?
  • Besteht eine Abbruchverpflichtung?
  • Gibt es Grundsteuerbefreiungen?
 

 

Kommt der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nach, kann das Finanzamt Zwangsmittel oder auch einen Verspätungszuschlag festsetzen. Zudem können die Finanzämter eine Schätzung vornehmen – die dürfte in der Regel zu Ungunsten des Eigentümers ausfallen.

Praxistipp

Die Feststellungserklärung kann voraussichtlich ab dem 1. Juli 2022 über das Steuerportal www.elster.de abgegeben werden. Hierfür ist eine Registrierung auf dem Online-Steuerportal notwendig. Für die Anmeldung sind die persönlichen Daten inklusive der steuerlichen Identifikationsnummer notwendig – Achtung: nicht zu verwechseln mit der Steuernummer. Zu beachten ist auch, dass der Registrierungsprozess bis zu zwei Wochen dauern kann. 

Für einfach gelagerte Sachverhalte (unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) in Ländern, die bei der Grundsteuer das Bundesmodell anwenden, wird Grundstückseigentümern ab Juli 2022 unter www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de eine vereinfachte elektronische Übermittlungsmöglichkeit für die Steuererklärung zur Verfügung gestellt.

Wem das zu viel wird: Auch der Steuerberater kann bei der Feststellungs­erklärung der Grundsteuer behilflich sein. Denn die Erklärung kann, wie so vieles im Steuerrecht, komplex sein. 

 

Fazit

Mit der Grundsteuerreform kommt auf Steuerpflichtige bzw. deren Steuerberater und auch auf die Finanzämter eine erhebliche Mehrbelastung zu. Es wird sich zeigen, wie die Abgabepflichtigen und auch die Finanzämter mit dem zusätzlichen Zeitbedarf und dem Ressourcenproblem umgehen. 

Ob die Frist zum 31. Oktober 2022 eingehalten werden kann, ist daher noch fraglich. Wichtig ist, dass Grundstücks­eigentümer schon jetzt alle relevanten Daten zusammentragen, damit die Feststellungserklärung ab dem 1. Juli 2022 fristgerecht an das Finanzamt übermittelt werden kann. 

*Im Beitrag wird das generische Maskulinum verwendet. Mitgemeint sind dabei Personen jedweden Geschlechts (m/w/d).

Pascal Stückemann
Steuerberater bei der CURATOR Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH
mit Hauptsitz in der Schlossstraße 20, 51429 Bergisch Gladbach 
Tel.: 02204-9508-200 und einer Niederlassung in der Gohliser Str. 11, 04105 Leipzig. 
Tätigkeitsschwerpunkt der CURATOR ist die steuerliche und betriebswirtschaftliche 
Beratung von Ärzten, Zahnärzten und sonstigen Heilberuflern.
www.curator.de 

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