Voraussetzungen für einen steuer­begünstigten Anteilsverkauf der Praxis

Viele Ärztinnen und Ärzte bieten höchst unterschiedliche Leistungen an. Die verschiedenen Tätigkeitsbereiche sind dabei organisatorisch oft getrennt und damit selbstständig. In diesen Fällen kann bei einem Verkauf eines Teils der Tätigkeiten eine Steuerermäßigung greifen.

Beim Verkauf der Arztpraxis als Ganzes kann der Gewinn entweder regulär im Rahmen der „außerordentlichen Einkünfte“ oder nach der „Fünftel-Regelung“ mit einem ermäßigten Steuersatz versteuert werden (§§ 16 und 34 EStG). Diese Steuervorteile greifen auch, wenn nur ein Teil der Praxis mit einem separaten Tätigkeitsfeld verkauft wird. Dieser Teil muss allerdings eine gewisse Selbständigkeit aufweisen:

  1. Es muss sich entweder in den Teilpraxen um wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Patientenkreisen handeln oder
  2. die Medizinerin bzw. der Mediziner übt bei gleichartiger Tätigkeit in den Teilpraxen diese in voneinander getrennten Bereichen aus. Folgende Merkmale kennzeichnen z. B. die mögliche Abgrenzung:
  • ein eigener Wirkungskreis,
  • eine gesonderte Buchführung,
  • eigenes Personal,
  • eine eigene Verwaltung,
  • ein eigenes Anlagevermögen,
  • eine ungleiche betriebliche Tätigkeit,
  • ein eigener Patientenstamm.

Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen sind mitzuverkaufen. Im Medizinkontext sind in der Regel eher immaterielle Wirtschaftsgüter gemeint, z. B. der Patienten­stamm.

Der Fall vor dem Finanzgericht München

Eine Allgemeinmedizinerin war auch als Prüfärztin für Studien selbständig tätig. Sie verkaufte ihre Praxis, führte aber ihre Prüfarzttätigkeit als Selbständige fort. Für den Gewinn aus dem Praxisverkauf wollte sie die Steuerermäßigung nutzen. Das Finanzamt meinte, dass keine begünstigungsfähige Teilbetriebsveräußerung gegeben war. Das FG München bestätigte mit Urteil vom 29.11.2017 (AZ. 1 K 311/16), dass der Verkauf der Praxis nicht ermäßigt zu versteuern ist. Zwar handelte es sich um wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten, die auch unterschiedliche Patientenkreise hatten, jedoch waren es keine organisatorisch selbständigen Praxisteile. Folgendes fehlte:

  • eigenes Personal
  • getrennte Praxisräume
  • getrennte Gewinnermittlungen
  • „unabhängige“, eigene Patientenkartei

Die Patientenkartei als Allgemeinärztin war auch sehr wichtig für ihre Prüfarzttätigkeit. Vermutlich stammten bis zu 80 % der Probandinnen und Probanden für die Medikamentenstudien aus dieser Kartei. Somit waren die Patientinnen und Patienten der Allgemeinarztpraxis eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Prüfarzttätigkeit. Damit konnten die Richter in keinem Fall mehr von jeweils selbstständigen Tätigkeitsbereichen ausgehen.

Praxistipp

Leider gab es keine höchstrichterliche Entscheidung. Die Revision beim Bundesfinanzhof (AZ. VIII R 36/18) wurde im März 2022 zurückgenommen. Das Urteil des FG ist damit rechtskräftig. Entscheidend für die Qualifizierung einer Praxis als Teilpraxis sind danach räumlich, personell und organisatorisch hinreichend klar und eindeutig voneinander getrennte Tätigkeitsbereiche. 

Daniela Sterzing, Steuerberaterin, Erfurt

Quelle: ECOVIS Webservice GmbH

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