Leitlinie Handekzem: Schweregradeinteilung und Therapie-Stufenschema aktualisiert

Handekzeme sind häufige entzündliche Hauterkrankungen, die nicht nur das indi­viduelle Wohlbefinden der Betroffenen einschränken, sondern oft auch Auswirkungen auf den Beruf haben. Das Handekzem ist die Nummer 1 unter den Berufskrankheiten. Subtypen erkennen, Schweregrad einstufen, die richtige Therapie und ursachen­bezogene Präventionsmaßnahmen einleiten – das sind die Themen der S2k-Leitlinie „Diagnostik, Prävention und Therapie des Handekzems“, die unter der Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e.V. (DDG) entstanden ist. Die Schwere­gradeinteilung und das Stufenschema zur Therapie stehen besonders im Fokus. Neue medikamentöse Behandlungsansätze mit Biologika und „kleinen Molekülen“ und ihre vielversprechenden Behandlungsmöglichkeiten werden vorgestellt.

Zitierweise: HAUT 2023;34(6):268-269.

Das Handekzem (HE) gehört zu den häu­figsten entzündlichen Haut­erkran­kungen. 9,1 % der Gesamtbevölkerung sind betroffen (1-Jahres-Prävalenz). Zu den Auslösern/ Ur­sachen gehören wiederholte Schä­di­gun­gen der Hautbarriere durch hautreizende und allergieauslösende Stoffe, die in die Haut eindringen und ein Ekzem auslösen. Es gibt auch eine genetische Komponente.

Eine häufige Berufskrankheit

Die Haut an den Händen und Handgelenken ist gerötet, es juckt und schmerzt. Hautrisse, Schwellungen, Bläschen und Entzündungen mit nässenden Läsionen, die dann Krusten bilden, beeinträchtigen Beruf und Freizeit. „Für die Betroffenen sind diese Symptome sehr einschränkend und belastend, denn die Hände sind unsere wichtigsten Werkzeuge. Daher ist es nicht überraschend, dass das Handekzem eine der verbreitetsten Berufskrankheiten ist und es die Statistik der gesetzlichen Unfallversicherung an­führt“, sagt Prof. Andrea Bauer, Ober­ärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. Zu den be­sonders risikoreichen Branchen mit viel „Feuchtarbeit“ gehören beispielsweise das Gesundheitswesen, das Friseur­gewerbe, die Metallindus­trie, Reinigungsbetriebe oder Berufe in der Nahrungsmittel­industrie und in der Gastro­nomie.

Der Schweregrad des HE reicht von sehr leich­ter Ausprägung bis zu schweren chro­ni­schen und schmerzhaften Verläufen, die zu langen Krankschreibungen und Verlust des Arbeitsplatzes führen können. „Das chro­nische Handekzem hat eine hohe ge­sund­heits­ökonomische und sozialmedi­zi­ni­sche Bedeutung“, erklärt Bauer, Leitlinien­koordinatorin und stellvertretende Vor­sit­zende der Arbeitsgemeinschaft für Be­rufs-­ und Umweltdermatologie in der DDG. 

Schweregrad und Stufenschema

In der aktualisierten Leitlinie, die sich in die Bereiche Klassifikation, körperliche Un­ter­suchung und Diagnostik, Expo­sitions­bewertung, Prävention sowie Therapie glie­dert, werden zwei Aspekte besonders akzentuiert. Die Definition des Schwere­grades und der Chronizität (was für die Auswahl der Therapieoptionen und den Prozess der Anerkennung als Berufskrankheit relevant ist) und das Stufenschema der The­rapie. „Zur Bewertung der Handekzem­schwere bieten sich ergän­zend der sogenannte Hand eczema severity index (HECS) -Score oder der ,validierte Photographic guide‘ an“, erläutert Bauer.

Klassische und neue Therapie­optionen

Zur Behandlung des Handekzems stehen zahlreiche topische, physikalische und sys­temische Therapieoptionen zur Verfügung, die sich am Schweregrad orientieren. Einen kompakten Überblick gibt eine Abbildung mit den wichtigsten Therapieempfehlungen. Topische Glukokortikosteroide mit niedrigem atrophogenem Potenzial sind The­rapie der ersten Wahl beim leichten HE (Stufe 1) und beim mittelschweren bis schweren HE (Stufe 2). Empfohlen wird von den Leitlinienautorinnen und -autoren eine einmal tägliche Behandlung mit Gluko­kortikoiden. Sie ist ausreichend und mög­licherweise sogar einer zweimal täg­lichen Anwendung überlegen. Es habe sich zudem gezeigt, dass die Wirksamkeit einer systemischen Behandlung mit Alitretinoin durch eine zusätzliche topische Therapie mit Glukokortikoiden gesteigert wird. Der Wirkstoff Alitretinoin wird seit Jahren erfolgreich als orale Therapie bei Stufe 2 und Stufe 3 (persistierendes mittelschweres und schweres HE) eingesetzt.

In der Leitlinie wird zudem ein Ausblick auf zukünftige medikamentöse Thera­pieoptionen gegeben. „Die ersten Ergebnisse aus den Phase-III-Studien mit Biologika (Anti-IL-4/IL-13-Antikörper) in der Indikation atopisches Hand- und Fußekzem und mit topischen Januskinase (JAK) -In­hi­bi­toren in der Indikation chronisches Hand­ekzem sind vielversprechend“, betont Bauer. Hier eröff­nen sich neue Be­hand­lungs­möglichkeiten für das atopische und das chro­nische HE. Eine Wirksamkeit von Anti-IL-13-Antikörpern beim atopischen HE und von sys­te­mi­schen JAK-Inhi­bi­to­ren beim atopischen und chronischen HE ist aufgrund der Wirkprinzipien ebenfalls zu erwarten, aber bisher nicht mit aus­reichender Evidenz belegt. 

„Wir erhoffen wir uns von der Leitlinie, dass sie hilft, die Lebensqualität der Patien­tinnen und Patienten mit Handekzem zu verbessern“, ergänzt Prof. Silke Hofmann, Chefärztin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS-Universitätsklinikum Wupper­tal. Für die Beauftragte der DDG-Me­dien­arbeit ist es zudem denkbar, dass die Krankheitslast insgesamt zurückgeht, da die Ar­beits­fähigkeit von Patientinnen und Patienten mit Handekzem durch eine leitliniengerechte Therapie gesteigert werden kann und krankheitsbedingte Fehlzeiten abnehmen. 

Die Aktualisierung erfolgte auf Grundlage der europäischen Leitlinie „Guidelines for diagnosis, prevention and treatment of hand eczema“ aus dem Jahr 2022. Beteiligt waren neben der DDG die Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) in der DDG, die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI), die Deutsche Kontaktallergie-Gruppe e.V. (DKG) der DDG, der Berufs­verband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA).

Literatur    

1. Bauer A et al. S2k-Leitlinie Diagnostik, Prävention und Therapie des Handekzems. https://derma.de/fileadmin/user_upload/Leitlinien/013-053l_S2k_Diagnostik-Praevention-Therapie-Handekzem_2023-05.pdf   
2. Bauer A, Worm M. Neue Leitlinie und neue Therapie­möglichkeiten beim Handekzem. Dermatologie 2023;74:425-429. doi.org/10.1007/s00105-023-05143-4  

Quelle: Dagmar Arnold, Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG).

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