Social Media in der ästhetisch-plastischen Chirurgie

Manuela Ottawa. Soziale Medien beeinflussen die Arzt-Patienten-Kommunikation in der ästhetisch-plastischen Chirurgie. Die Ergebnisse einer qualitativen Forschung der Autorin unter niedergelassenen plastischen Chirurginnen und Chirurgen in Österreich bestätigen dies. Social Media wirken sich auf das Gespräch mit Patientinnen und Patienten in unterschiedlicher Weise aus. Vor diesem Hintergrund sind die ­Akteure dieses Fachbereichs gefordert, betroffenen Personen mit entsprechendem kommunikativem Handeln zu begegnen. Der Fokus liegt dabei auf einem raschen ­Vertrauensaufbau.

Zitierweise: HAUT 2023;34(3):132-134.

Der Einfluss der sozialen Medien auf die Patientenwünsche in der ästhetisch-plastischen Chrirugie steigt enorm an. Empirisch belegt ist dies etwa durch die alljährlichen Patientenbefragungen der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chi­rurgie (DGÄPC). So ist der Anteil der Patientinnen und Patienten, die durch soziale Medien zum schönheitschirurgischen Eingriff motiviert wurden, von 2,3 % im Jahr 2020 auf 10,6 % im Jahr 2022 gestiegen – das  sind rund 360 % Steigerung innerhalb von drei Jahren. In der Zielgruppe der unter 30-Jährigen ist der Einfluss laut DGÄPC-Statistik1 noch stärker: 20,9 %, also jeder Zehnte, kommt mit einem durch soziale Medien motivierten Wunsch in die Praxen für plastische Chirurgie (Abb. 1).

 

Einfluss von ­sozialen ­Medien wirkt sich auf ­Arzt-Patienten-Kommunikation aus

Dass soziale Medien Menschen dazu antreiben, ihr Aussehen mithilfe ästhetisch-­plastischer Behandlungen zu optimieren, ist somit durch quantitative Studien belegt. Unerforscht waren bis dato hingegen die Auswirkungen dieses Einflusses auf die Arzt-Patienten-Kommunikation in der ästhetisch-plastischen Chirurgie. Im Rahmen ihrer Masterarbeit2 ging die Autorin dieser Thematik auf den Grund. Die Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung sollten dazu neue Erkenntnisse liefern. Die von Dezember 2021 bis März 2022 durchgeführten Forschungsinterviews mit niedergelassenen plastischen Chirurginnen und Chi­rurgen in Österreich gewährten Einblicke hinsichtlich deren Wahrnehmung des Einflusses sozialer Medien auf die Arzt-Patienten-Kommunikation sowie ihrer Reaktion darauf: 

  • vermehrt fordernde und falsch informierte Patientinnen und Patienten mit vorgefestigten Meinungen, 
  • unrealistische Wunschvorstellungen auf Basis geschönter Fotos und 
  • eine verstärkte Nachfrage nach ästhetisch-plastischen Behandlungen, die ästhetischen Trends folgen, ein stereo­types und künstliches Aussehen fördern sowie 
  • auch bei Nichtindikation zum Behandlungswunsch motivieren. 

Insbesondere bei Jüngeren wurde den sozialen Medien dahingehend ein Einfluss zugeschrieben. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die sogenannte „Snapchat dysmorphia“ – das exzessive Beschäftigen mit einem eingebildeten Mangel des körperlichen Aussehens3. Dies führt zu intensiven Optimierungen von Selfies (Abb. 2) mit dem Ziel, unrealistischen Schönheitsidealen zu entsprechen. Vor diesem Hintergrund fokussieren plastische Chirurginnen und Chirurgen auf einen raschen Vertrauens­aufbau – nicht zuletzt, um potenzielle innere Ursachen, beispielsweise psychopathologische Auffälligkeiten oder fehlende Selbst­bestimmung, als Auslöser für den Selbst­optimierungswunsch zu erkennen. So soll eine Entscheidung bezüglich der Sinnhaftigkeit einer Behandlung zum Wohle der Behandelten getroffen werden. Wertschätzung, Empathie, Authentizität und ein Gespräch auf Augenhöhe werden als Erfolgsfaktoren angesehen, wenn es darum geht, auf Verständnis bezüglich der ärztlichen Entscheidung zu stoßen.

Social-Media-Marketing unterstützt raschen Vertrauensaufbau, bei ­Vorher-nachher-Fotos scheiden sich die Geister

Um den raschen Vertrauensaufbau zu unterstützen, setzen plastische Chirurginnen und Chirurgen zunehmend selbst auf soziale Medien, denn: Durch ein entsprechendes Social-Media-Marketing können sich Patientinnen und Patienten vorab ein Bild vom Arzt bzw. von der Ärztin machen. Auch Vorher-nachher-Fotos werden dabei eingesetzt. Die Meinungen zu diesem – etwa in Deutschland verbotenen – Instrument zur Kommunikation von Behandlungs­ergebnissen in der Öffentlichkeit gingen auseinander: 

  • Die einen stehen Vorher-nachher-Visu­alisierungen skeptisch gegenüber, da insbesondere geschönte Ergebnisdarstellungen unerfüllbare Erwartungen schüren würden. 
  • Andere Chirurginnen und Chirurgen erachten Vorher-nachher-Bilder in den sozialen Medien als hilfreich für die Transparenz, zum Beispiel bezüglich der ästhetischen Umsetzung von Eingriffen. 

Die DGÄPC setzt sich für die Kennzeichnungspflicht von durch Software optimierten Fotos ein. „Die Perfektion, die von Filtern und spezieller Software in den sozialen Medien suggeriert wird, ist häufig realitätsfern. Filter strecken die Silhouette, idealisieren Proportionen, befreien die Haut von Makeln, vergrößern Augen und Lippen – teilweise auf eine groteske Art und Weise. Eine Kennzeichnungspflicht, wie bereits in Norwegen und Frankreich, von kommerziell genutzten und durch Software optimierten Bildern, wäre ein wichtiger Schritt“, unterstreicht DGÄPC-Präsident Dr. Alexander P. Hilpert4. Ziel einer solchen Kennzeichnung wäre, gerade jungen Menschen den Druck zu nehmen, einer vermeintlichen Perfektion nachzueifern.

Fazit

Über die Autorin
Mag. Manuela Ottawa, MA ist Absolventin des Masterstudiengangs Kommunikations­management und hat sich in ihrer Masterarbeit dem Einfluss der sozialen Medien auf die Arzt-Patienten-Kommunikation in der ästhetisch-plastischen Chirurgie gewidmet. Die Kommunikationsexpertin hat sich mit ihrem Unternehmen Kommumed Communications auf die strategische Kommunikation in der Medizin spezialisiert. Sie unterstützt Arztpraxen, Kliniken und Gesundheitsorganisationen bei der Planung und Umsetzung von Kommunikationsmaßnahmen, die untereinander abgestimmt und auf die Bedürfnisse aller Anspruchsgruppen ausgerichtet sind. Das Ziel: zufriedene Patientinnen und Patienten, motivierte Mitarbeitende, eine wohlwollende Öffentlichkeit und Partner, die die Unternehmenswerte mittragen.
Informationen unter www.kommumed.com

In jedem Fall sind Fachärztinnen und -ärzte für plastische und ästhetische Chirurgie – gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Einflusses sozialer Medien auf Patientenwünsche – in der Verantwortung, realistische Vorstellungen des Machbaren zu vermitteln. Sie können auf diese Weise die Chance wahrnehmen, sich von einer minderqualifizierten Konkurrenz abzugrenzen, die vor allem über Social-Media-Kanäle ästhetisch-plastische Behandlungen zu Dumpingpreisen anbietet. 

Literatur    

1. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgie (2022). DGÄPC-STATISTIK 2021-2022 – Zahlen, Fakten und Trends in der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie. Verfügbar unter https://www.dgaepc.de/aktuelles/dgaepc-statistik/dgaepc-statistik-2022/ 
2. Wagner-Ottawa M. Social Media in der ästhetisch-plastischen Chirurgie: Eine qualitative Untersuchung über den Einfluss von Sozialen Medien auf Patient:innen-Wünsche und ihre Auswirkung auf die Arzt-Patienten-Kommunikation. Unveröffentlichte Masterarbeit, Fachhochschule Wien der Wirtschaftskammer Wien, 2022.
3. Lyu Z, Jiao Y, Zheng P et al. Why do selfies increase young womens’s willingness to consider cosmetic surgery in China? The mediating roles of body surveillance and body shame. Journal of Health Psychology 2022;27(5):1205-1217.
4. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgie (2022, 14. Dezember). Einfluss von Social Media Kanälen verzeichnet enormen Anstieg. Verfügbar unter https://www.dgaepc.de/pressemitteilung-einfluss-von-social-media-kanaelen-verzeichnet-enormen-anstieg/ 

Korrespondenzadresse

Mag. Manuela Ottawa, MA
Kommumed Communications
E-Mail: m.ottawa(ett)kommumed.com

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