IGeL in der Kritik

Durch die aktuellen Aktivitäten der Krankenkassen, der Bild-Zeitung und von Herrn Laumann kann man in die Situation ­kommen, IGeL gegen falsche Behauptungen verteidigen zu müssen.

Wichtig
  • Von der aktuellen Diskussion zu ­IGe-Leistungen braucht man sich nicht verunsichern zu lassen
  • Die im Beitrag vorgestellten Argumente sollen helfen, die Diskussion zu versachlichen und seriös „igelnde" Hautärzte bestätigen

Die „Bild" schrieb am 18. Mai 2015, dass 2014 etwa einem Drittel der GKV-versicherten Patienten IGe-Leistungen „aufgedrängt" worden seien. Man berief sich dazu auf eine Studie des WidO (AOK-Institut). Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung (K.-J. Laumann, CDU) sprach gegenüber Bild prompt von einer „Riesensauerei" und kündigte an, zu handeln.

Hat der Patient solche oder ähnliche Aussagen wahrgenommen, kann auch der Hautarzt in die Situation kommen, IGeL rechtfertigen zu müssen. Manchem fehlen dann schlagkräftige Argumente um die ­Diskussion zu versachlichen. Wir stellen deshalb Argumente für IGeL vor, die auch Laien nachvollziehbar sind. Wer dieser nicht bedarf, möge sich bestätigt fühlen.

Statistiken können auch lügen

Wie immer, können Statistiken auch lügen. Würde man die Zahlen (20 Millionen Fälle, etwa ein Drittel der Patienten) schon nur um solche IGeL-Angebote reduzieren, deren Charakter als Selbstzahler-Leistungen und Berechtigung selbst von den Krankenkassen nicht angezweifelt wird, wäre die „Sauerei" schon nur noch eine „Ferkelei". Selbst in der von „Bild" wiedergegebenen Tabelle werden „kosmetische Leistungen" unter den häufigsten IGe-Leistungen angeführt. Weitere Beispiele wären Babyfernsehen bei den Gynäkologen, Sportmedizin bei Hausärzten und Internisten, Wunsch-Zirkumzisionen und Sterilisationen bei Urologen. Vieles von dem, was Ärzte auf Grund gesetzlicher Vorgaben als IGe-Leistungen anbieten müssen, wird von Krankenkassen gerne bezahlt, teils werden dazu sogar Verträge mit Ärzten und ärztlichen Verbänden geschlossen. Beispiele: reisemedizinische Leistungen, erweiterte Vorsorgeunter­suchungen, Akupunktur bei Migräne, Ernährungsberatung. Spricht man hier nicht mit „doppelter Zunge"?

Nicht nur bei den im engeren Sinne „medizinisch notwendigen" IGe-Leistungen ist der Arzt verpflichtet, den Patienten „nach den Regeln der ärztlichen Kunst" zu behandeln. Stand der medizinischen Wissenschaft ist das, was Fachgesellschaften in Leitlinien und Empfehlungen darstellen oder in aktueller Fachliteratur gesichert ist. Andererseits bestimmt das Sozialgesetzbuch (§ 135), dass neue medizinische Verfahren nur dann als zu Lasten der GKV erbracht werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dazu eine Empfehlung gegeben hat und schließlich für die neue Leistung eine Gebührenziffer und deren Wert festgelegt werden. Das gesamte Verfahren dauert mindestens einige Jahre.

Erst dann medizinisch notwendig?

In dieser unsäglich langen Zeit kann der medizinische Fortschritt dem GKV-Patienten nur als IGe-Leistung zugute kommen. Wer will ernsthaft behaupten, die von der Wissenschaft empfohlene neue Behandlungs- oder Diagnose-Methode werde erst mit dem Abschluss der bürokratischen Mühen medizinisch notwendig? Beispiele für solche – quasi über Nacht – von der IGeL-Leistung zur Kassenleistung mutierte Leistungen sind das Hautkrebs-Screening, Akupunktur bei Rücken- und Knieschmerzen, Vorsorge-Koloskopie, Mammographie-Screening, intravitreale Injektionen bei feuchter Makuladegeneration, das PET-CT bei Brustkrebs. Wer bestimmt den medizinischen Fortschritt - die Krankenkassen oder die medizinische Wissenschaft?

Schließlich darf auch noch offensichtlich bezweifelt werden, dass in 20 Millionen Fällen die Leistungen „vom Arzt aufgedrängt" seien. Dass der Arzt mehr über mögliche IGe-Leistungen und ihren individuellen Nutzen weiß als die meisten Patienten und deshalb den Patienten von sich aus darauf ansprechen muss, ist naturgemäß.

Nicht bezweifeln sollte man aber auch, dass es Auswüchse gibt. Wie IGeL-Angebote seriös gestaltet und durchgeführt werden, ist regelmäßig Gegenstand der „IGeL-Tipps" in der „HAUT".

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