Patient im „Billigtarif“: Was geht mich das an?

Immer mehr Privatpatienten sind in speziellen Versicherungen oder Tarifen versichert, in denen Steigerungssätze nur unterhalb dessen erstattet werden, was die GOÄ vorsieht. Wie verbindlich ist das für den Arzt?

Ein Beispiel für solche Versicherungen ist die Krankenversorgung der Bundesbahn­beamten (KVB) der Beitragsklassen I bis III. Beispiele für spezielle Tarife von PKVen sind der Basis­tarif und die private studentische Krankenversicherung (PSKV). Auch auf den ersten Blick „normale“ Privatversicherungstarife können Erstattungshöchstsätze vorsehen (z. B. maximal 2,3-fach statt des nach GOÄ bis 3,5-fach möglichen Faktors). Diese Patienten sind zwar Privatpatienten, zahlen aber deutlich niedrigere Beiträge als in „Volltarifen“ – und solche Tarife enthalten oft keine Selbstbeteiligungen.

Wichtig: 

  • Vertragsärzte sind auch in der Privat­behandlung an von der KV geschlossene Verträge gebunden.
  • Der Patient ist verpflichtet, vor der Behandlung auf seinen besonderen Versicherungsstatus hinzuweisen. Unterlässt er das, darf der Arzt mit normalen GOÄ-Faktoren abrechnen.
  • Bei rein privatwirtschaftlich begründeten Einschränkungen darf der Arzt mit normalen GOÄ-Faktoren abrechnen.
  • Es empfiehlt es sich, bei der Anmeldung neue Patienten nach ihrem Versicherungsstatus und eventuellen Einschränkungen zu fragen.
  • Ein schriftlicher Behandlungsvertrag hilft, Unklarheiten und nachträgliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Verbindlichkeit für den Arzt

Versicherungs- oder Tarifbedingungen sind prinzipiell nicht bindend für die Abrechnung der ärztlichen Leistungen. Grundsätzlich kann der Arzt die Faktoren so bemessen, wie es die GOÄ vorsieht. Wie bei jedem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen, z. B., dass ein Bundesgesetz zwar die Abrechnung der Leistungen nach der GOÄ vorsieht, dies aber mit niedrigeren Faktoren. Meist beruht dies auf dem SGB V. Nach dessen § 75 müssen die KVen auch die Versorgung von Personen im Standard-, Basis- oder Notlagentarif sicherstellen. § 75 SGB V ist auch Grundlage für den Vertrag der KBV mit der KVB.

Ist der Arzt Mitglied des vertragschließenden ärztlichen Verbandes, ist der Vertrag in der Regel für ihn bindend. Deshalb gelten für Ärzte, die auch vertragsärztlich tätig sind, die KV-Verträge mit Kostenträgern auch dort, wo Privatliquidation erfolgt. Wo dies umstritten war, haben KVen durch entsprechende Satzungsänderungen Verbindlichkeit geschaffen. Doch meist ermöglichen diese Verträge die Privatabrechnung bei Patienten, die sozialpolitisch auch der GKV hätten zugeordnet werden können.

Aber auch Versicherungsbedingungen rein privatwirtschaftlicher Natur (z. B. die PSKV oder ein Tarif mit Begrenzung auf das 2,3-fache) können für den Arzt bei der Abrechnung verbindlich werden: Wenn die Patienten vor der Behandlung auf ihren Versicherungsstatus hingewiesen haben und der Arzt nicht erklärt, dass er „normal“ nach GOÄ abrechnen wird. Für diese Erklärung empfiehlt sich ein schriftlicher Behandlungsvertag, der auch vom Patienten gegengezeichnet wird.

Der Patient muss informieren

Nicht nur im Falle einer rein privatwirtschaftlichen Versicherung, auch in den anderen Fällen (z. B. KV-Verträge) muss der Patient den Arzt vor der Behandlung auf seinen besonderen Versicherungsstatus hinweisen. Das sehen die Versicherungs­bedingen vor. Im Nachhinein ist der Arzt nicht zur Reduzierung der Arztrechnung auf die „Versicherungsfaktoren“ verpflichtet. Ausnahmen könnten bei Notfallbehandlungen vorliegen. Falls Sie zugestehen, eine Arztrechnung im Nachhinein zu korrigieren, sollten Sie sich unbedingt die ursprügliche Rechnung zurückgeben lassen. Man kann – außer in Notfällen – eine Behandlung mit Einschränkungen der Abrechnung von vornherein ablehnen, Ausnahme: In den KV-Verträgen für auch vertragsärztlich tätige Ärzte besteht Behandlungspflicht durch die KV-Satzung. Ob man bei rein privatwirtschaftlich begründeten Einschränkungen die Behandlung zum „Billigsatz“ ablehnt oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Ratsam ist, bei neuen Patienten genau nach dem Versicherungsstatus und eventuellen Einschränkungen zu fragen.

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