Was gibt es Aktuelles aus der Gesundheitspolitik im Juni?

Arzneimittel: Kostenexplosion im Gesundheitssystem • Marburger Bund und VKA: Tarifkompromiss erzielt • Cannabislegalisierung: „Rückschlag für die Drogenprävention“ • Patientenschützer: Immer weniger Bereitschaft zu Hausbesuchen

Arzneimittel: Kostenexplosion im Gesundheitssystem

Die Entwicklung der Arzneimittelausgaben in Deutschland kennt seit Jahren nur eine Richtung: aufwärts. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Menschen werden immer älter, der medizinische Fortschritt ermöglicht komplexere Behandlungsmethoden und Risikogruppen benötigen zahlreiche teure und neue Medikamente. All diese Faktoren sind Kostentreiber, dennoch seien die Ausgaben je nach Patienten- und Risiko­gruppe extrem ungleich verteilt. Eine Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management und der Hochschule Aalen hat sich mit dieser Problematik befasst. Die verschiedenen Projektionen für das Jahr 2060 zeigen, dass die Arzneimittelausgaben voraussichtlich weiter drastisch steigen werden und die Politik zügig handeln sollte, um die Kostensteigerung einzudämmen. Politikerinnen und Politiker sollten wissen, woher die Kostensteigerung kommt – von den erhöhten Arzneimittelausgaben für Hochrisikogruppen, bei denen besonders kostspielige, neue Medikamente zum Einsatz kommen. „Daher sollten Entscheidungsträger die aktuell wohlwollende Bewertung neuer Medikamente für seltene Erkrankungen und die großzügige Preiserstattung überdenken, um die Kosten im Gesundheitssektor unter Kontrolle zu behalten“, so die Studienautoren. Es empfehle sich, die Erstattung neu zugelassener Medikamente im hochpreisigen Segment auf europäischer Ebene zu regeln und damit auch günstiger zu machen. Um die Medikamente bei der Preisgestaltung angemessen zu beurteilen, sollte ihr tatsächlicher Nutzen für Lebenserwartung und -qualität der Patienten strenger überprüft werden.


Hofbauer‑Milan V, Fetzer S, Hagist C.(2023). PharmacoEconomics (2023). DOI:10.1007/s40273-023-01240-3

Quelle: WHU – Otto Beisheim School of Management


Marburger Bund und VKA: Tarifkompromiss erzielt

Nach einer konfliktreichen Tarifrunde haben der Marburger Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) in der fünften Verhandlungsrunde eine Tarifeinigung erzielt. Die vereinbarten Eckpunkte sehen eine zweistufige lineare Gehaltssteigerung um insgesamt 8,8 % und eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in einer Gesamthöhe von 2.500 € vor (in diesem und im nächsten Jahr jeweils 1.250 € netto). Die Laufzeit der Vereinbarung beträgt 18 Monate. Dem Kompromiss zufolge steigen die Arzt-Gehälter in kommunalen Krankenhäusern mit Wirkung vom 1. Juli 2023 zunächst um 4,8 %; zum 1. April 2024 folgt eine weitere lineare Gehaltserhöhung um 4,0 %. Die Bereitschaftsdienstentgelte erhöhen sich im gleichen prozentualen Umfang. 

Quelle: Marburger Bund


Patientenschützer: Immer weniger Bereitschaft zu Hausbesuchen

Im Vorfeld des Deutschen Ärztetags übte die Deutsche Stiftung Patientenschutz massive Kritik an der scheinbar sinkenden Bereitschaft vieler Ärztinnen und Ärzte zu Hausbesuchen. „Ein Rückgang von mehr als 25 % in nur zehn Jahren ist alarmierend“, sagte der Vorsitzende Eugen Brysch der „­Neuen Osnabrücker Zeitung“. Verschärfend komme hinzu, dass fast 80 % der Hausbesuche bei über 75-Jährigen stattfinden. „Den oft vorerkrankten und immobilen Menschen fehlt häufig die Kraft zum Praxisbesuch“, so Brysch und forderte den Gesetzgeber auf gegenzusteuern. „Bisher unternimmt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nichts, die verpflichtenden Präsenzzeiten der Ärzte zu überprüfen. Das muss sich ändern“, betonte Deutschlands oberster Patientenschützer. Der Bundestag sei gefordert, „die Kassenärztlichen Vereinigungen zu einem Controlling der Erreichbarkeit ihrer Mitglieder zu verpflichten“.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung


Cannabislegalisierung: „Rückschlag für die Drogenprävention“

Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer Dr. Gerald Quitterer kritisiert das Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums und des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Cannabis im Rahmen eines „Zwei-Säulen-Modells“ zu legalisieren.

„Wenn die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Cannabislegalisierung umgesetzt werden, bedeutet dies einen bedeutenden Rückschlag für die Sucht- und Drogenprävention“, so Bayerns Ärztekammerpräsident. Der Grund: In mehreren Ländern sei es im Zuge einer Legalisierung zu einem Anstieg des Konsums sowie zu einer Zunahme cannabisbedingter Notaufnahmen gekommen. Auch habe man dort einen erhöhten psychiatrischen Behandlungsbedarf sowie einen Anstieg cannabisbedingter tödlicher Verkehrsunfälle und Suizide festgestellt. Und selbst die vom Gesundheitsministerium eigens in Auftrag gegebene Studie „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse (CaPRis)“ habe bei Cannabiskonsumierenden ein etwa doppelt so hohes Risiko für psychotische Störungen erfasst als bei der restlichen Bevölkerung. 

Die Erfahrungen mit Alkohol zeigten überdies, dass Kinder und Jugendliche trotz gesetzlicher Verbote leicht an legalisierte Drogen gelangen könnten – mit potenziell schwerwiegenden Folgen. Cannabiskonsum führe bei jungen Menschen schnell zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn, was negative Auswirkungen auf z. B. die soziale Kompetenz haben ­könne. Quitterer fordert die Regierung deshalb auf, ihre Legalisierungspläne aufzugeben und stattdessen mehr Mittel in die Prävention von Drogen und anderen Suchtmitteln zu investieren. 

Hintergrund: In Zukunft sollen Erwachsene eine bestimmte Menge Cannabis privat anbauen oder über eine nicht-gewinnorientierte Vereinigung beziehen können. Zudem soll Cannabis in regionalen Modellvorhaben in lizenzierten Fachgeschäften für Erwachsene erhältlich sein.

Quelle: Bayerische Landesärztekammer, Bundes­ministerium für Gesundheit

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