Das ändert sich 2022 im Gesundheitsbereich

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet voran: Die elektronische Patientenakte (ePA) bekommt mehr Funktionen, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) wird weiter digitalisiert. Ab Januar ist die Pflegereform in Kraft und es könnte sein, dass Cannabis bald legal verkauft werden darf. Ein Überblick, was sich 2022 im Gesundheitsbereich ändert.

Corona-Sonderregeln verlängert 

Das Bundesministerium für Gesundheit hat die pandemiebedingte Sonderregelung verlängert: 

  • Das Kinderkrankengeld kann auch 2022 je versichertem Kind grundsätzlich für 30 statt zehn Tage in Anspruch genommen werden. Alleinerziehende haben Anspruch auf 60 statt 20 Tage.
  • Die Regelungen zur finanziellen Entlastung von Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen gelten bis zum 31. März. Die Zahlung des Pflegeunterstützungsgelds wird wegen der Pandemie von zehn auf 20 Arbeitstage verlängert. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 können den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € monatlich auch für Hilfen außerhalb der geltenden Regelung einsetzen, um so Corona-bedingte Versorgungsengpässe auszugleichen. Und eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst, um die Pflegebedürftigkeit festzustellen, kann ohne Untersuchungen des Versicherten in seinem Wohnbereich erfolgen. Die Einstufung erfolgt dann nach Aktenlage und einer telefonischen Befragung.
  • Auch die geltenden Sonderregeln in der ambulanten ärztlichen Versorgung werden im Zuge der vierten Infektionswelle bis zum 31. März verlängert. Dazu zählen die telefonische Krankschreibung bis zu sieben Kalendertagen bei Erkältungssymptomen oder das vermehrte Angebot an Videosprechstunden.  
  • Krankenhausärztinnen und -ärzte können eine Arbeitsunfähigkeit für eine Dauer von bis 14 Kalendertagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus bescheinigen. Die Regelung tritt am 31. Mai außer Kraft.

Corona-Impfpflicht für besondere Berufsgruppen ab März

Die neue Bundesregierung hat kurz nach ihrem Amtsantritt ein neues Impfpräventionsgesetz beschlossen. Das Gesetz sieht erstmals auch eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vor:

  • für das Personal von Arztpraxen
  • Kliniken
  • Rettungsdiensten
  • Pflegeeinrichtungen
  • Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderungen betreut werden sowie sozialpädagogische Zentren

Die Impfpflicht soll ab dem 15. März gelten. Konkret heißt das: Personen, die z.B. in Arztpraxen und Zahnarztpraxen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen tätig sind, müssen bis zum 15. März 2022 entweder geimpft oder genesen (im Sinne der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung) sein. Ausgenommen sind Personen, die aufgrund medizinischer Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Sozialversicherungsbeiträge bleiben stabil 

Damit die Sozialversicherungsbeiträge nicht steigen, hat der Bund eine zusätzliche Milliardenhilfe beschlossen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen bekommen, umgesetzt über einen Zuschuss an den Gesundheitsfonds, 2022 einen ergänzenden Zuschuss von 14 Milliarden Euro. So sollen die Zusatzbeiträge der Versicherten bei durchschnittlich 1,3 % bleiben. Insgesamt erhält die gesetzliche Krankenversicherung damit im kommenden Jahr 28,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln.

Beitragsbemessungsgrenze bleibt ebenfalls stabil 

Die Beitragsbemessungsgrenze bleibt auf dem Niveau von 2021. Sie ist die maßgebende Rechengröße für die Sozialversicherung und wird entsprechend der Entwicklung der Löhne und Gehälter jährlich angepasst. Dadurch ändern sich die Einkommensgrenzen, von denen oder bis zu denen Beiträge zu zahlen sind. In den letzten Jahren wurde diese meist erhöht. Das ist diesmal anders. Ab dem 1. Januar 2022 beträgt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unverändert 58.050 € im Jahr. Die Versicherungspflichtgrenze in der GKV liegt unverändert bei 64.350 € brutto im Jahr.

AU wird weiter digitalisiert 

Die gelben Zettel, die die Ärztin oder der Arzt bei einer Krankschreibung gesetzlich Versicherten ausstellt, sollen allmählich weniger werden. Seit dem 1. Oktober übermitteln Ärztinnen und Ärzte die Krankmeldungen bereits digital an die gesetzlichen Krankenkassen. Dass auch die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber von der Krankmeldung erfährt, dafür sind bislang noch die Angestellten selbst zuständig. Doch nicht mehr lange: Ab dem 1. Juli 2022 sollen die gesetzlichen Krankenkassen die Krankmeldungen auch den Arbeitgebern digital zur Verfügung stellen. Damit wird der „gelbe Schein“ Stück für Stück digitalisiert. Er verschwindet aber nicht ganz: Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, den Patientinnen und Patienten ein Belegexemplar auszustellen.

Elektronische Patientenakte mit mehr Funktionen

Arztberichte, Befunde, Röntgenbilder – all dies kann theoretisch bereits seit einem Jahr in der ePA hinterlegt werden. Ab Januar sollen auch der Impfausweis, das gelbe U-Heft für Kinder, das Zahnbonus-Heft und der Mutterpass in der ePA gespeichert werden können. Versicherte bekommen die Möglichkeit, über ihr Smartphone oder Tablet für jedes in der ePA gespeicherte Dokument einzeln zu bestimmen, wer darauf zugreifen kann. Bei einem Krankenkassenwechsel können Patientinnen und Patienten ihre Daten aus der ePA übertragen lassen. Der Gebrauch der ePA bleibt freiwillig. Zu Jahresbeginn werden auch die ersten privaten Krankenversicherungen die ePA anbieten. Sie hatten mit dem Start auf die wesentlich umfangreicheren Funktionen und die deutlich präziseren Datenschutz-Regeln gewartet.

Pflegereform in Kraft 

Die große Koalition hat sich vor der Bundestagswahl auf eine Pflegereform geeinigt. Demnach wird die Pflegeversicherung ab 2022 vom Bund mit einer Milliarde Euro jährlich bezuschusst. Der Beitragszuschlag für Kinderlose wird um 0,1 Prozentpunkte angehoben. Dadurch würde die Pflegeversicherung laut Bundesgesundheitsministerium zusätzlich 400 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Damit Pflegebedürftige von steigenden Kosten nicht überfordert werden, zahlt die Pflegeversicherung bei der Versorgung im Pflegeheim künftig einen Zuschlag. Dieser soll mit der Dauer der Pflege steigen: Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 5 % des Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 %, im dritten Jahr 45 % und danach 70 %.

Außerdem werden in der ambulanten Pflege die Sachleistungsbeträge um 5 % erhöht und der Leistungsbetrag der Pflegeversicherung zur Kurzzeitpflege wird um 10 % angehoben. Ab dem 1. September 2022 sollen zudem nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif bezahlen. Ein bundeseinheitlicher Personalschlüssel soll die Einstellungen zusätzlicher Pflegekräfte erleichtern und so dem Mangel an Pflegekräften entgegenwirken.

Kontrollierter Cannabis-Verkauf? 

Die Parteien der Ampel-Koalitionen wollen den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken legalisieren. Darauf hatte sich im November die Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege der Koalition geeinigt. Geplant ist eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften. So solle die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden. Wann die Legalisierung umgesetzt werden soll, steht noch aus. Unter Medizinern ist die Legalisierung umstritten. Zu den möglichen Risiken gehören Psychosen, Störungen des Bewusstseins und der kognitiven Fähigkeiten, klare Einschränkungen der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik.

Mehr Aufklärung über Organspende

Die Zahl der Menschen, die einen Organspendeausweis besitzen, ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen. Dennoch wissen noch immer nicht genügend Menschen über das Thema Organspende Bescheid. Hausärztinnen und Hausärzte kommt deshalb eine aktivere Rolle bei der Aufklärung über die Organspende zu. Ab März 2022 sollen sie ihre Patientinnen und Patienten alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespende informieren. Das sieht das Gesetz „zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ vor, dass der Bundestag im Januar 2020 verabschiedet hatte. Ab März soll zudem ein neues Organspenderegister an den Start gehen. Dort soll dann eine Spendererklärungen auch elektronisch abgegeben oder widerrufen werden können.

Tattoo-Farben verboten 

Ab Januar tritt eine neue EU-Verordnung für Tattoo-Farben in Kraft. Mehr als 4.000 chemische Stoffe, die für Tattoo-Tinte und Permanent-Make-up verwendet werden, sind dann verboten. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sieht in den Chemikalien ein Gesundheitsrisiko. Sie können Hautallergien und andere schwerwiegendere Auswirkungen auf die Gesundheit wie genetische Mutationen und Krebs verursachen, schreibt die ECHA. Das Verbot ist in der sogenannten Reach-Verordnung festgehalten. „Reach“ steht für Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien. Etwa 12 % der Menschen in Europa haben ein Tattoo. Studien darüber, wie groß das Gesundheitsrisiko durch die chemischen Substanzen in den Farben tatsächlich ist, gibt es bisher nicht.

Verschoben: Elektronisches Rezept 

Ursprünglich sollte das elektronische Rezept ab Januar 2022 Pflicht werden. Die Einführung wurde Ende Dezember jedoch verschoben. Das teilte das Bundesministerium für Gesundheit in einem Schreiben den anderen Gesellschaftern der gematik GmbH mit. Darin heißt es, dass die erforderlichen technischen Systeme noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehen würden. Die Testphase für das E-Rezept soll daher verlängert werden.

Zukünftig sollen Ärztinnen und Ärzte gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten Rezepte nur noch digital ausstellen. Versicherte, die kein elektronisches Rezept wünschen, können aber auch weiterhin einen Papierausdruck des E-Rezepts erhalten.

Quelle:Stiftung Gesundheitswissen

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung