Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Kann ich eine MFA auch ohne Abmahnung fristlos kündigen, wenn sie mir eine augenscheinlich gefälschte Impfunfähigkeitsbescheinigung vorlegt? • Ich habe mit Genehmigung der KV zwei Weiterbildungsassistentinnen beschäftigt, dann aber vergessen, die Genehmigungen zu verlängern. Kann die KV deshalb Honorar von mir zurückfordern? • Kann eine Berufsausübungsgemeinschaft an der ASV teilnehmen?

Impfunfähigkeitsbescheinigung

Herr Dr. L. aus Unna

Ich habe meine MFA entsprechend § 20a Abs. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgefordert, mir einen Impf- oder Genesenennachweis bzw. eine Bescheinigung über die Impfunfähigkeit vorzulegen. Eine der MFA hat mir dann eine Bescheinigung über ihre vorläufige Impfunfähigkeit vorgelegt, bei der es sich meines Erachtens um eine Fälschung handelte. Eine Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit ist in § 20 Abs. 2 IfSG auch gar nicht vorgesehen. Nachdem ich die Bescheinigung dem Gesundheitsamt vorgelegt habe, bestätigte dieses, dass es sich um eine Fälschung handelt. Die MFA reagierte auf meinen Vorhalt nicht und besteht auf ihrer Impfunfähigkeit. Kann ich sie auch ohne Abmahnung fristlos kündigen?

Herr Rothfuß:

„Das Arbeitsgericht (ArbG) Lübeck bestätigte in einem Urteil vom 13.04.2022 (Az.: 5 Ca 189/22) die außerordentliche Kündigung einer Krankenschwester, die ihrem Arbeitgeber ein aus dem Internet heruntergeladenes Zertifikat über ihre vorläufige Impfunfähigkeit vorgelegt hatte. Durch die Vorlage hätte sie in schwerwiegender Weise gegen ihre auf § 20a Abs. 2 IfSG beruhende arbeitsvertragliche Nebenpflicht verstoßen. Da die Angestellte sich dort uneinsichtig zeigte, kam auch eine Abmahnung als milderes Mittel nicht in Betracht. Legt eine zur Vorlage nach § 20a IfSG verpflichtete Person also eine aus dem Internet 
heruntergeladene gefälschte Bescheinigung vor und zeigt sich uneinsichtig, kann sie fristlos gekündigt werden.“

Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten ohne Genehmigung

Herr Dr. N. aus Ulm

Die KV fordert von mir über 400.000 € zurück. Ich habe mit Genehmigung der KV zwei Weiterbildungsassistentinnen (WBA) beschäftigt, dann aber aufgrund eines Praxisumzugs vergessen, die Genehmigungen zu verlängern. Nun soll ich die Honorare für die von den WBA erbrachten Leistungen nach Ende der Genehmigung zurückzahlen, obwohl die Voraussetzungen für die Verlängerung vorlagen. Das kann doch nicht sein.

Herr Rothfuß:

„Das BSG hatte in seinem Beschluss vom 06.04.2022 (Az.: B 6 KA 16/21 B) ein Urteil des LSG Bayern vom 17.03.2021 (Az.: L 12 KA 126/16) bestätigt, dem eine ähnliche Konstellation zugrunde lag. Leistungen seien nur abrechenbar, wenn die Vertragsärztin selbst oder ein genehmigter angestellter Arzt oder WBA sie erbringt. Es sei unerheblich, aus welchen Gründen eine Genehmigung nicht beantragt wurde. Ebenso sei es irrelevant, ob eine Genehmigung erteilt worden wäre, wenn sie beantragt worden wäre. Es komme auf die tatsächliche Genehmigungserteilung an. Auch eine rückwirkende Genehmigung sei ausgeschlossen. Eine Vertragsärztin sei zudem selbst dafür verantwortlich, die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit ihrer Leistungen zu schaffen. Die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes oder eines Assistenten sei eben keine bloße Formalität, sondern diene der Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Demnach fürchte ich, dass Sie das Honorar zurückzahlen müssen.“

Teilnahme an ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung (ASV)

Herr Dr. A. aus Paderborn

Das interdisziplinäre Team unserer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) erfüllt die Voraussetzungen für die ASV. Jedoch wurde die institutionelle Benennung unserer BAG als Leistungserbringerin für die ASV mit der Begründung abgelehnt, dass eine BAG nicht zur Teilnahme an der ASV berechtigt sei. Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) dagegen schon. Kann das sein?

Herr Rothfuß:

„Das LSG Bayern sah in einem Urteil vom 08.04.2022 (Az.: L 12 KR 546/21) keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Ausschluss der BAG von der ASV. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V nennt als zur ASV berechtigt nur die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer sowie nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V gehören dazu zugelassene Vertragsärzte, zugelassene MVZ sowie ermächtigte Ärzte und Einrichtungen. BAGen sind nicht aufgeführt. Bei einer BAG handele es sich lediglich um eine Kooperationsform zugelassener Leistungserbringer. Die BAG selbst verfüge aber nicht über einen eigenen Zulassungsstatus. Damit sei eine BAG nicht selbst Leistungserbringer und daher auch nicht zur ASV berechtigt. Anders sei dies bei einem MVZ, das über eine eigene Zulassung verfüge. Diese Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt. Es liege keine unangemessene Benachteiligung vor, denn die in einer BAG tätigen Vertragsärzte hätten immer noch die Möglichkeit, selbst an der ASV teilzunehmen.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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