Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

„In der Vergangenheit habe ich einige Zytostatikaverordnungen nicht unterzeichnet. Nun erreichte mich eine Regressforderung. Dabei wurde nicht infrage gestellt, ob die Verordnungen indiziert waren. Muss ich aufgrund eines reinen Formfehlers die Verordnungskosten für mehrere Jahre nun selbst tragen?“ Diese und weitere Fragen aus der Praxis beantwortet Rechtsanwalt Sven Rothfuß.

Fehlende Unterzeichnung

Frau Dr. G. aus Ludwigshafen

Ich bin Onkologin. In der Vergangenheit habe ich einige meiner Zytostatikaverordnungen nicht unterzeichnet. Da diese Medikamente sehr teuer sind, erreichte mich nun eine Regressforderung über mehr als 280.000 €. Dabei wurde nicht infrage gestellt, ob die Verordnungen indiziert waren. Kann es sein, dass ich nun aufgrund eines Formfehlers die Verordnungskosten für mehrere Jahre selbst tragen soll? Ich habe doch nicht einmal Einnahmen mit den Verordnungen erzielt.

Herr Rothfuß:

„In Fällen von nicht persönlich unterzeichneten Verordnungen hat die Rechtsprechung Regresse bisher regelmäßig bestätigt. Auch das SG Mainz hat in einem ähnlichen Fall mit Urteil vom 07.12.2022 (Az. S 3 KA 14/19) die Voraussetzungen eines Regresses dem Grunde nach bejaht. Allerdings hat es den Regress im Ergebnis abgelehnt, da die Forderung der Krankenkasse gegen Treu und Glauben verstoße. Es müsse eine Abwägung der Interessen der Kasse und des Arztes stattfinden. Das Interesse des Arztes überwiege, wenn die Höhe des Regresses geeignet sei, seine Existenzgrundlage zu gefährden. Außerdem sei relevant, ob die Arzneimittel grundsätzlich zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden konnten und, ob der Arzt mit den Verordnungen Einkünfte erzielt habe. Das SG Mainz sah im Ergebnis das Interesse des Arztes als vorrangig an und lehnte den Regress ab. Dieses Urteil ist allerdings das erste, in dem ein Regress wegen nicht unterzeichneter Verordnungen nach Treu und Glauben abgelehnt wurde. Bisher ist nicht abzusehen, ob andere Gerichte sich diesem Weg anschließen werden.“

Profil auf Arztbewertungsportal

Herr D. aus Greifswald

Ich habe festgestellt, dass das Bewertungsportal Jameda meine persönlichen Daten ohne meine Zustimmung veröffentlicht hat. Da ich nicht bereit bin, hierfür auch noch zu bezahlen, habe ich nur ein Basis- und kein Premiumprofil. Im Vergleich zum Premiumprofil kann ich aber keine eigenen Bewertungskriterien festlegen oder meine Veröffentlichungen angeben. Außerdem habe ich kein Profilbild und auf meiner Seite wird Werbung von Unternehmen geschaltet, nicht aber auf den Premiumprofilen. Damit wirkt mein Auftritt deutlich schlechter als der von Premium-Kunden. Muss ich diese Ungleichbehandlung hinnehmen, wenn ich kein Geld zahlen will, oder kann ich die Löschung meines Profils verlangen?

Herr Rothfuß:

„Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 13.12.2022 (Az. VI ZR 60/21) einen ähnlichen Fall entschieden. Die Portalbetreiber und vor allem die Nutzer hätten ein großes Interesse an einer möglichst vollständigen Aufnahme aller Ärzte, die für sie und ihre Leistungen infrage kämen. Dieses Interesse wiege auch bei einer unterschiedlichen Gestaltung von Basis- und Premiumprofilen schwerer als das Interesse eines Arztes an der Löschung seiner Daten. Die unterschiedliche Gestaltung von Basis- im Gegensatz zu Premiumprofilen hätten nichtzahlende Ärzte hinzunehmen. Ein Anspruch auf Löschung des Profils besteht daher nicht.“ 

Teil- neben Vollzulassung 

Herr Dr. R. aus Brandenburg an der Havel

Ich bin niedergelassener Urologe mit zwei 0,5-Versorgungsaufträgen (VA) in zwei verschiedenen Planungsbereichen. Nachdem einer der beiden Planungs­bereiche entsperrt wurde, habe ich mich um einen weiteren halben VA beworben. Ich bekam den ausgeschriebenen VA aber nicht. Der Zulassungsausschuss hatte meinen Antrag schon gar nicht geprüft, da ich bereits einen vollen VA besäße. Hätte ich denn nicht den neuen VA bekommen können unter der Bedingung, dass ich auf einen meiner beiden anderen halben VA verzichte?

Herr Rothfuß:

„Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits mit Urteil vom 12.02.2020 (Az. B 6 KA 25/19 B) entschieden, dass ein Arzt nicht mehr als einen vollen VA bzw. zwei halbe VA in eigener Person erfüllen könne. Dem folgte auch das Sozialgericht (SG) München in seiner Entscheidung vom 15.03.2023 (Az. S 38 KA 12/21). Es sah den Inhaber von zwei halben VA als ungeeignet gemäß § 20 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) an. Möchte ein solcher Bewerber für die Vergabe eines weiteren hälftigen VA berücksichtigt werden, müsste er vorher, für den Fall, dass ihm der ausgeschriebene VA zugesprochen wird, auf einen halben VA verzichten. Ohne eine entsprechende Erklärung bestehe für den Zulassungsausschuss auch keine Veranlassung den Arzt unter dem Vorbehalt, dass er auf einen halben VA verzichtet, zuzulassen.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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