Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

„Ich möchte während der Kindererziehung eine Sicherstellungsassistentin beschäftigen und habe die Genehmigung zur Beschäftigung einer Chirurgin beantragt. Die Kassenärztliche Vereinigung hat meinen Antrag abgelehnt, da zwischen dem Vertragsarzt und der Sicherstellungsassistentin Fachgebietsidentität bestehen müsse. Ist das rechtmäßig, schließlich sieht das Gesetz keine solche vor?“ Diese und weitere Fragen beantwortet Rechtsanwalt Sven Rothfuß.

Förderung bei bereits absolvierter Weiterbildung

Frau Dr. L. aus Offenbach am Main:

Ich bin niedergelassene Kinderärztin und beschäftige seit Kurzem eine Weiterbildungsassistentin. Die entsprechende Genehmigung wurde mir erteilt. Allerdings wurde die finanzielle Förderung abgelehnt, da die Ärztin bereits eine Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie absolviert hatte und sie daher von der Förderung ausgeschlossen sei. Während ihrer ersten Weiterbildung hat sie aber keine finanzielle Förderung erhalten. Kann es denn sein, dass die Weiterbildung deshalb nicht gefördert wird? 

Herr Rothfuß:

„Das Sozialgericht (SG) Marburg ging in einem Urteil vom 25.10.2023 (Az. S 11 KA 155/20) davon aus, dass die Ablehnung in einem ähnlichen Fall rechtmäßig war. Die 2019 in Hessen gültige Richtlinie zur Förderung fachärztlicher Weiterbildungen sah eine Förderung nur für die erste Weiterbildung vor. Die hessische Kassenärztliche Vereinigung (KV) hatte nach Auffassung des SG auch die Kompetenz, eine solche Regelung zu erlassen, sodass die Entscheidung auf Grundlage der Richtlinie als rechtmäßig eingestuft wurde. Ist eine Förderung in den entsprechenden Regelungen der KV für eine zweite Weiterbildung ausgeschlossen, muss auch keine gewährt werden. Zwar hielt auch das SG die hessische Regelung im Hinblick auf das Ziel der Stärkung der ambulanten Versorgung für nicht hilfreich. Der Fall zeigt jedoch, dass zu empfehlen ist, vor Abschluss eines Weiterbildungsassistentenvertrags die Förderungsfähigkeit zu prüfen.“

Fachgruppenwechsel und Versorgungsbedarf

Herr Dr. S. aus Düren:

Ich bin Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie und seit drei Jahren mit einem vollen Versorgungsauftrag in der hausärztlichen Versorgung tätig. Nun habe ich die Umwandlung meiner Zulassung in eine fachärztlich-internistische Zulassung im Rahmen des Sonderbedarfs beantragt. Mein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass durch meinen Wechsel in die fachärztliche Versorgung die hausärztliche Versorgung im Planungsbereich, die ohnehin bereits schlechter als die fachärztliche sei, sich noch weiter verschlechtere. Darf mein Sonderbedarfsantrag mit einer solchen Begründung abgelehnt werden?

Herr Rothfuß:

„Mit Urteil vom 27.09.2023 (Az. S 83 KA 203/21) hat das SG Berlin entschieden, dass bei der Entscheidung über einen Antrag auf Fachgruppenwechsel die Versorgungslage in der Arztgruppe, aus der herausgewechselt werden soll, nicht erheblich sei. Nach der Bedarfsplanungsrichtlinie sei lediglich die Versorgungslage in der Fachgruppe, in die hineingewechselt werden soll, maßgeblich. Ihr Antrag auf Wechsel in die fachärztlich-internistische Versorgung darf daher jedenfalls nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass sich die hausärztliche Versorgung dadurch verschlechtere.“

Fachgebietsidentität bei Sicherstellungsassistenz 

Herr Dr. E. aus Coburg:

Ich bin niedergelassener Orthopäde und möchte während der Kindererziehung eine Sicherstellungsassistentin beschäftigen. Daher habe ich die Genehmigung zur Beschäftigung einer Fachärztin für Chirurgie als Sicherstellungsassistentin beantragt. Die KV hat meinen Antrag abgelehnt, da zwischen dem Vertragsarzt und der Sicherstellungsassistentin Fachgebietsidentität bestehen müsse. Ist die Ablehnung rechtmäßig, schließlich sieht das Gesetz keine Fachgebietsidentität vor?

Herr Rothfuß:

„Nach einem Urteil des SG München vom 16.05.2023 (Az. S 43 KA 98/22) soll Voraussetzung für die Beschäftigung einer Sicherstellungsassistenz lediglich die Approbation als Arzt sein. Das Gericht ging nicht nur davon aus, dass keine Fachgebietsidentität zwischen Vertragsarzt und Sicherstellungsassistenz vorliegen müsse, sondern davon, dass eine Sicherstellungsassistentin überhaupt nicht über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen müsse. Solange die von Ihnen ausgewählte Kandidatin über eine Approbation verfügt, darf – wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen – Ihr Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung einer Sicherstellungsassistentin nach dieser Entscheidung nicht abgelehnt werden. Aber auch wenn diese Option besteht, sollten Sie immer auch an das erhöhte Haftungsrisiko denken, da Sie als Praxisinhaber den Facharztstandard schulden.“

► Weitere Fragen und Antworten finden Sie in unserer Rubrik Recht

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln

(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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