5 Steuertipps zum Jahresende

Zum Jahresendspurt gibt es einige wichtige Ansatzpunkte für eine sinnvolle Steuergestaltung.

1. Steuerprogression nutzen

Erwarten Sie im kommenden Jahr ein schlechteres Praxisergebnis oder anderweitige steuerlich relevante Einbußen, ist es möglich, dass Ihr Steuersatz 2023 niedriger liegt als 2022. Dann lohnt es sich im Einzelfall, Ausgaben in das laufende Jahr vorzuziehen und/oder Einnahmen in das Folgejahr zu verschieben. So nutzen Sie die unterschiedlichen Steuersätze jahresübergreifend aus.

Im Spitzensteuersatzbereich sind lediglich Zinsvorteile durch Steuerverlagerung zu erzielen. Der gesetzliche Spitzensteuersatz bleibt nach aktueller politischer Lage 2023 unverändert bei 42 % bzw. 45 % im Fall der Reichensteuer. Einkommensteuerverlagerungen führen hier zu keiner echten Steuerersparnis, sondern nur zu Zinsvorteilen. Dieser Zinsvorteil war in den vergangenen Jahren durch die Niedrigzinsphase gering, es sei denn, Sie waren mit Ihrem Girokonto im Minus. Aktuell beobachten wir einen Anstieg der Zinsen auch im Anlagebereich, sodass dieses Thema wieder an Relevanz gewinnt. Auf diesen Zinsvorteil zielen steuerverschiebende Maßnahmen ab. Um Steuerverschiebungen handelt es sich, wenn sich Ihr persönlicher (Grenz-)Steuersatz im Jahr 2023 gegenüber 2022 nicht ändert. Das trifft immer dann zu, wenn sich das zu versteuernde Jahreseinkommen in beiden Jahren bei Ledigen in etwa zwischen 60.000 € und 275.000 € bzw. bei Verheirateten etwa zwischen 120.000 € und 550.000 € bewegt. Bei einem zu versteuernden Einkommen unter 60.000 €/120.000 € und nahe 275.000 €/550.000 € ist stets der Einzelfall zu prüfen. 

Die Steuerverschiebung kann bei einem unveränderten (Grenz-)Steuersatz einen Zinsvorteil bringen, weil Sie Ihre Steuer und die Vorauszahlungsanpassung und gegebenenfalls den Versorgungswerkbeitrag jeweils ein Jahr später zahlen müssen. Die Steuerhöhe an sich bleibt aber gleich. Sofern Sie Ausgaben vorziehen bzw. Einnahmen hinausschieben, müssen Sie immer darauf achten, dass der Zinsverlust durch die Finanzierung einer solchen Maßnahme nicht höher ist als der Zinsgewinn durch die vorgezogene Steuerersparnis. 

2. Sonderausgaben berücksichtigen

Altersvorsorge

Durch die Zahlung von Sonderbeiträgen zur Altersvorsorge können Sie steuerlich profitieren. Zahlungen von Beiträgen zur Basisaltersversorgung (Versorgungswerk, Rürup-Produkt und gesetzliche Rentenversicherung) von jährlich bis zu insgesamt maximal 51.278 € bei Verheirateten bzw. 25.639 € bei Ledigen sind steuerlich abzugsfähig. Darüber hinaus geleistete Beiträge gehen steuerlich ins Leere.

Achtung: In 2022 werden von diesen (Höchst-)Beiträgen aber nur maximal 94 % als Sonderausgaben abgezogen. Zum Zeitpunkt der Beitragserstellung wird auf Regierungsebene diskutiert, die Beiträge schon ab 2023 zu 100 % steuerlich geltend machen zu können. Diese Entwicklung sollte zum Jahresende beobachtet und eine freiwillige Zusatzzahlung unter Umständen in das Jahr 2023 verlagert werden, aber nur dann, wenn dadurch die steuerlichen Höchstbeiträge für 2023 nicht überschritten werden. 

PKV-Beiträge

Fast keine Abzugsbeschränkung gibt es bei Beiträgen zur Krankenversicherung. Wenn Sie Vorauszahlungen von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung noch in 2022 bereits für die Jahre 2023 bis inklusive 2025 leisten, dann wirken sich diese steuerlich voll aus. Dadurch können Sie ggf. erreichen, dass sich in 2023 bis inklusive 2025 andere Versicherungen steuerlich auswirken, die sonst ins Leere laufen (z. B. Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung sowie gesondert zu zahlende Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung).

Mitgliedschaften und Spenden

Denken Sie daran, Ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden an gemeinnützige Institutionen und Vereine sowie an politische Parteien im Rahmen der steuerlich zulässigen Höchstsätze anzugeben.

3. Weitere Maßnahmen

Folgende Maßnahmen sind im Bereich der Einkünfteerzielung im Praxis­bereich oder bei der Vermietung von Immobilien zur Steuerverlagerung beziehungsweise Steuerersparnis denkbar:

  • Verlagerung von Einkunftsquellen auf nahe Angehörige, z. B. durch Schenkungen, durch die Bestellung eines Nießbrauchs an vermieteten Immobilien oder durch Anstellung in der Praxis.
  • Zeitlich vorgezogene Investitionen in medizinische Geräte, Einrichtungsgegenstände für die Praxis, in einen Pkw usw. (zeitanteilige Abschreibung).
  • Anschaffung sogenannter geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG): Das sind Gegenstände, die ohne Umsatzsteuer bis zu 800 € pro Stück kosten. Sie können im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben werden. Maßgeblich für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Investitionen ist das Lieferdatum der Wirtschaftsgüter. Der Zahlungszeitpunkt ist hier unerheblich, er kann also auch in 2023 liegen. 
  • Vorgezogene Erhaltungsaufwendungen für Praxisräume und vermietete Objekte mit Zahlung in 2022.
  • Anzahlungen bzw. vorgezogene Zahlungen für Hausreparaturen, wenn es sich um Praxisräume oder ein vermietetes Objekt handelt.*
  • Hinausschieben der Geltendmachung von Honorarforderungen gegenüber Privatpatientinnen und -patienten (Zahlungseingang erst 2023).*
  • Anzahlungen, soweit kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt, respektive vorgezogene Zahlungen und vorgezogene Einkäufe für Verbrauchsmaterial.*
  • Vorauszahlungen auf Dauerschuldverhältnisse wie beispielsweise Praxismietvertrag für maximal fünf Jahre.*
  • Der Abschreibungseffekt für bewegliche Wirtschaftsgüter kann auch vor der Anschaffung durch Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt werden. Er darf gebildet werden, wenn Ihre Praxis einen Gewinn von unter 200.000 € p. a. erzielt.

4. Nur wirtschaftlich Sinnvolles machen

Grundsätzlich gilt für jede Maßnahme, dass sie wirtschaftlich sinnvoll sein muss. Insbesondere Investitionen zur Steuereinsparung sollten wohlüberlegt und sorgfältig geprüft werden. Der Steuerspareffekt (ohne Kirchensteuer) beträgt maximal rund 44,3 % (Reichensteuer: rund 47,5 % inkl. Solidaritätszuschlag). Den Rest bezahlen immer Sie.

5. Wertpapierverluste verrechnen lassen

Bankkunden, die im ablaufenden Jahr Aktien und dergleichen mit Verlust verkauft haben, merken sich bitte den 15. Dezember vor. Wollen Sie diese Verluste in diesem Jahr mit Gewinnen aus solchen Anlagen bei anderen Geldinstituten über die Steuererklärung verrechnen lassen, müssen Sie bis spätestens dahin eine Verlustbescheinigung bei Ihrer Bank beantragen. Sie stellen den Antrag bei der Bank, bei der die Verluste angefallen sind, und geben die entsprechende Bescheinigung an Ihre Steuerberaterin oder ihren Steuerberater. Diese bzw. dieser setzt dann den bescheinigten Verlust in Ihrer Steuererklärung für 2022 an.

Aufbewahrungsfristen nutzen

Die nachfolgend genannten Unterlagen und Dokumente können Sie in der Regel mit Ablauf des 31.12.2022 vernichten. Bitte beachten Sie: Es besteht Aufbewahrungspflicht über den 31.12.2022 hinaus, wenn zu diesem Zeitpunkt

  • eine Außenprüfung für 2012 oder früher noch nicht abgeschlossen ist,
  • ein Rechtsbehelfsverfahren (Einspruch, Klage) für 2012 oder früher noch läuft oder
  • die Steuererklärung (2011) verspätet abgegeben wurde.

Bitte bewahren Sie die Unterlagen in diesen Fällen bis zum Abschluss des Verfahrens bzw. bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Abgabe der Steuererklärung auf.

Diese Unterlagen können jetzt ausgemistet werden

 
  • Bücher und Aufzeichnungen
 

letzte Eintragung 2012 oder früher

 
  • Inventare (Anlageverzeichnisse)
  • Jahresabschlüsse
 

Aufstellung 2012 oder früher. Dies sind in der Regel die Jahresabschlüsse für 2010 und früher

 
  • Buchungsbelege, z. B. Ein-/Ausgangs­rechnungen, Quittungen, Reisekosten­abrechnungen, Kontoauszüge
  • Buchhaltungsdaten der betrieblichen EDV
 

aus 2012 oder früher

 
  • Empfangener geschäftlicher Schriftverkehr
  • Kopien versandten geschäftlichen Schriftverkehrs
 

Empfang bzw. Versand im Jahr 2016
oder früher

 
  • Sonstige, für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen, z. B. Lohnunterlagen
 

Erstellung im Jahr 2016 oder früher

 

*Anmerkung: Diese Maßnahmen funktionieren nicht, wenn der Gewinn – ausnahmsweise – durch Vermögensvergleich (Bilanz) ermittelt wird.

Joachim Blum
Steuerberater, Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e. V.), Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.), Partner der Heilberufeberatung der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner
www.laufmich.de

 

Christoph Gasten
Dipl.-Finw., LL. M., Steuerberater
Partner der Heilberufeberatung der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner
www.laufmich.de

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung