Leitfaden Plausibilität
Viele Praxisinhaber stehen regelmäßig vor einem Dilemma. Die Patientenzahl steigt, man stößt an Zeitgrenzen. Überschreitungen von Prüfgrenzen können Prüfungen, sogenannte Plausibilitätsprüfungen auslösen. Diese sind zu Recht sehr gefürchtet. Denn hier steht der Vorwurf im Raum, dass der Arzt diese Leistungen womöglich nicht oder nicht selbst erbracht hat. Hier kann schnell der Vorwurf „Abrechnungsbetrug“ aufkommen. Im Gegensatz zur Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der es „nur“ um Geld geht, können hier ganz andere Strafen drohen: die komplette Streichung der Leistung und gegebenenfalls ein berufs- oder strafrechtliches Ermittlungsverfahren.
Dieser Leitfaden möchte eine Hilfestellung geben, wenn Prüfzeiten überschritten werden beziehungsweise Überschreitungen nicht zu vermeiden sind.
Tagesprofil > 12 Stunden
Ein Tagesprofil von über zwölf Stunden ist unbedingt zu vermeiden. Überschreitungen des Tagesprofils sind nur in wenigen Fällen argumentativ zu retten. Hier läuft man ganz schnell Gefahr, offensichtlich unplausibel zu sein. So sind zum Beispiel Gesprächsleistungen von mehr als zwölf Stunden pro Tag von vorneherein nicht zu verteidigen.
Hausärzte: typischerweise bei einer Häufung von Hausbesuchen, Gesundheitsuntersuchungen und Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung / Gesprächsleistungen.
Fachärzte: sehr viel Psychosomatik, auch in Kombination mit Haus- / Heimbesuchen, bei Psychiatern Kombination von Gesprächsleistungen beim Erstkontakt (Grundpauschale).
Zeitüberschreitungen sind möglich bei:
- Großen Praxen, ab ca. 1.300 Patienten
- Breitem Leistungsprofil (vielen QZV)
- Hochspezialisierten, zeitintensiven Leistungen
Pauschale Leistungskürzungen, obwohl man diese korrekt erbracht hat, sind auf keinen Fall sinnvoll. Es kommt also in dieser Konstellation darauf an, im Falle einer Prüfung plausibel darzulegen, dass man die abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbringen konnte.
Dabei kann man bei einer effizienten Praxisorganisation und entsprechendem Personaleinsatz auf die im EBM hinterlegten Prüfzeiten auch unterschreiten. Aber cave: bei bestimmten Leistungen – wie zum Beispiel der Psychosomatik ist eine Mindestdauer hinterlegt, hier von 15 Minuten. Diese Zeit darf man nicht „unterbieten“.
Aber längst nicht jede Überschreitung des Quartalsprofils löst eine Plausibilitätsprüfung aus. In der Regel muss ein zweites Kriterium vorliegen, quasi als Indiz, das eine Prüfung dann in Gang setzt.
Verdächtig sind Leistungen mit fraglicher Wirtschaftlichkeit bzw. fehlerhafter Leistungserbringung:
- Leistungen > 1,5-fachen des Fachgruppendurchschnitts. Dies gilt insbesondere je allgemeiner = wenig spezifisch die abgerechnete Leistung ist, zum Beispiel Gesprächsziffern
- Leistungen ohne qualifizierende Diagnosen, zum Beispiel bei der Psychosomatik
Aber zunehmend werden auch Leistungen, die im Fachgruppendurchschnitt abgerechnet und mit den erforderlichen qualifizierenden Diagnosen versehen worden sind, unter die Lupe genommen.
Hier geht es um Aspekte der Qualitätssicherung, beispielsweise:
- Akupunktur, Ultraschall, invasive Leistungen: Überprüfung der Umsetzung der Qualitätssicherungsvereinbarung bzw. Bilddokumentation.
- Psychosomatik: Dokumentation des ätiologischen Zusammenhangs (35100 EBM) und Gesprächsanlasses bzw. Inhalts (35110 EBM).
Und wer doch kürzen will oder muss, dem dient als Orientierung die Tabelle 1 mit den Daten einer Beispielpraxis für den budgetierten und freien Bereich. Diese gibt eine betriebswirtschaftliche Orientierung in Form von Euro Umsatz/Prüfminuten. Es empfiehlt sich dann natürlich insbesondere niedrig bewertete Leistungen mit wenigen EUR/Minute im budgetierten Bereich zu kürzen.
FazitBei einer Überschreitung des Quartalsprofils müssen
• Dokumentation/Qualitätssicherung
• Qualifizierende Diagnosen
• Wirtschaftlichkeit
bei den erbrachten Leistungen stimmen (Abb. 1). Dann sollte man auch im Falle einer Prüfung seine Zeitüberschreitung bereits mit der Stellungnahme erfolgreich argumentativ darlegen können.