So vermeiden Sie die Versteuerung von stillen Reserven aus dem Praxis-Pkw

Die Abzugsfähigkeit des Pkw im Rahmen der Praxistätigkeit der Ärztin oder des Arztes* ist ein wichtiges und beliebtes Thema im Austausch zwischen Arzt und Steuerberater. Der Kauf eines Pkw und die Abbildung im Betriebsvermögen bringt dem Arzt aber nicht nur steuerliche Vorteile – es sind auch die steuererhöhenden Folgen zu beachten.

Im Folgenden betrachten wir die verschiedenen Steuerarten (Umsatzsteuer und Einkommensteuer) sowie die typische steuerliche Abbildung des Pkw im Betriebsvermögen. Als Gestaltungsmodell möchten wir in diesem Zusammenhang die jüngst durch den Bundesfinanzhof abgesegnete Variante des sogenannten „Ehegatten-Vorschaltmodells“ vorstellen. Soweit die inhaltlichen und formellen Voraussetzungen erfüllt werden, lässt sich mit diesem Modell ein wesentlicher Steuervorteil generieren. 

Umsatzsteuer

Kauf

Da Finn (s. Beispiel) lediglich umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen erbringt, steht ihm kein Vorsteuerabzug zu. Somit muss Finn den Bruttopreis von 45.700,00 € an das Autohaus zahlen und erhält keine Vorsteuererstattung seitens der Finanzverwaltung. Er ist somit wirtschaftlich im Zeitpunkt des Kaufes mit dem vollständigen Kaufpreis belastet.

Laufende Nutzung

BeispielDer selbständige Arzt Finn Fahren hat einen Grenzsteuersatz von 42 %. Finn möchte gerne einen neuen Audi Q3 für 45.700,00 € brutto erwerben. Das Fahrzeug hat einen Bruttolistenpreis von 50.000,00 €. Das Fahrzeug möchte Finn die nächsten fünf Jahre fahren.

Da Finn einen weiten Weg zur Praxis fahren muss, nutzt er das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich (Anteil der betrieblichen Fahrten sowie der Fahrten zwischen Wohnung und Praxis zur Gesamtfahrleistung). Finn führt kein Fahrtenbuch und tätigt als Arzt lediglich umsatzsteuerfreie Umsätze. Nach fünf Jahren Nutzung des Fahrzeugs möchte Finn den Audi für 20.000,00 € verkaufen.

Die Abbildung in der Einzelpraxis ist umsatzsteuerlich unspektakulär. Eine umsatzsteuerliche Besteuerung der privaten Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten außerhalb der ärztlichen Tätigkeit ist aufgrund des fehlenden Vorsteuerabzugs nicht vorzunehmen.

Verkauf

Auch die Veräußerung des Fahrzeugs hat umsatzsteuerlich für Finn keine Auswirkungen (§ 4 Nr. 28 Umsatzsteuergesetz). Die Veräußerung unterliegt nicht der Umsatzsteuer.

Einkommensteuer

Kauf

Mit Kauf des Fahrzeugs wird der Pkw in Höhe des Kaufpreises in das Anlageverzeichnis der Praxis aufgenommen. Finn schreibt das Fahrzeug nun über einen Zeitraum von sechs Jahren (betriebs­gewöhnliche Nutzungsdauer) mit jährlich 7.616,00 € ab. Zusätzlich macht er sämtliche laufende Betriebskosten (3.000,00 € p. a. für Versicherung, Tanken, Kfz-Steuer und Reparaturen) steuerlich geltend. Die Abschreibung und die laufenden Betriebskosten in Höhe von insgesamt 10.616,00 € mindern Finns Steuerbelastung.

Laufende Nutzung

Da Finn das Fahrzeug zu mehr als 50 % für seine ärztliche Tätigkeit nutzt, aber auch private Fahrten mit dem Fahrzeug durchführt, muss er die Privatnutzung steuer­erhöhend berücksichtigen. Hierfür wendet er die sogenannte 1 %-Methode auf den Bruttolistenpreis des Fahrzeugs an. Steuererhöhend sind somit jährlich 6.000,00 € als Einnahme anzusetzen. Nach Abzug der Kosten kann Finn somit nur noch 4.616,00 € steuerlich geltend machen. Bei einem Steuersatz von 42 % entspricht dies einer jährlichen Steuerentlastung von rund 1.939,00 €.

Verkauf

Da das Fahrzeug Betriebsvermögen der Praxis war, muss Finn den Gewinn aus dem Verkauf des Fahrzeugs versteuern. Ein etwaiger Restbuchwert des Anlagevermögens dürfte hier gewinnmindernd abgezogen werden. Er muss somit den Erlös von 20.000,00 € abzüglich des Restbuchwerts von 7.616,00 € mit einem Steuersatz von 42 % versteuern, was einer Steuerbelastung von rund 5.200,00 € entspricht.

Fazit der bisherigen steuerlichen Abbildung

In unserem Beispiel erzielt der Arzt in den ersten fünf Jahren eine Steuerentlastung von rund 9.694,00 €. Im Jahr der Veräußerung hat der Arzt eine Steuerbelastung von 5.200,00 € zu tragen. Wie man an diesem einfachen Rechenbeispiel erkennt, ist der Pkw im Betriebsvermögen häufig kein Steuersparmodell, mitunter sogar ein Nullsummenspiel. Abhilfe in ausgewählten Fällen und unter strengen Voraussetzungen kann und soll nun das Ehegatten-Vorschaltmodell bringen. 

Praxishinweis zum Leasing
Sollte Finn den Pkw nicht kaufen, sondern leasen, wird der Pkw steuerlich kein Betriebsvermögen. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen nicht zu versteuern. Bei einem Vergleichszeitraum von fünf Jahren ist ein Leasingvertrag im Vergleich zu einem Kauf des Pkw jedoch häufig (deutlich) teurer. 

Alternative zum Kauf durch den Praxisinhaber: Ehegatten-Vorschaltmodell

Bei dem Ehegatten-Vorschaltmodell wird der Pkw nicht durch den Praxisinhaber, sondern durch den Ehegatten des Praxisinhabers oder einer befreundeten Person erworben. In unserem Fall erwirbt Finns Frau, Fiona Fahren den Audi Q3 für 45.700,00 €. Im Anschluss schließen Fiona und Finn einen fremdüblichen Leasingvertrag über das Fahrzeug mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer monatlichen Leasinggebühr von 650,00 € brutto ab. 

Praxistipp

Da Finn und Fiona Ehepartner sind muss der Leasingvertrag zu fremdüblichen Bedingungen abgeschlossen werden (Laufzeit, Leasinggebühren, (Schrift-)Form, …). 

Wir empfehlen Ihnen daher sich beim Kauf des Fahrzeugs gleichzeitig ein Leasingangebot einzuholen und die dort geregelten Konditionen und Bedingungen dem Leasingvertrag zugrunde zu legen.

 

Sämtliche Fahrzeugkosten (3.000,00 € p. a.) werden durch Finn getragen. Eine Sonderzahlung für das Fahrzeug von Finn an seine Frau sowie eine Kaufoption nach Ablauf des Leasingvertrags wurden vertraglich ausgeschlossen. Auch in diesem Fall verkauft Fiona das Fahrzeug nach fünf Jahren für 20.000,00 €.

Steuerliche Folgen in der Arztpraxis und beim Ehegatten

Umsatzsteuer

Arztpraxis

Finn zahlt an seine Frau eine Brutto-Leasing­rate. Da er aufgrund der steuerfreien Heilbehandlungsleistungen nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann er sich die in der Leasingrate enthaltenen Vorsteuer­beträge nicht von der Finanzverwaltung erstatten lassen. Dies wäre aber auch der Fall, wenn er das Fahrzeug über ein Autohaus geleast hätte.

Die private Mitnutzung des Fahrzeugs ist umsatzsteuerlich irrelevant (s. Umsatzsteuer, laufende Nutzung). Die spätere Veräußerung erfolgt nicht durch Finn, sondern durch seine Frau und ist somit ebenfalls umsatzsteuerlich für Finn nicht von Bedeutung.

Ehegatte

Fiona erwirbt das Fahrzeug für einen Brutto­kaufpreis von 45.700,00 €. Sie tritt als umsatzsteuerliche Unternehmerin auf, da sie das Fahrzeug an ihren Mann verleast. Zwar ist sie in den Grenzen der Kleinunternehmerreglung tätig (22.000,00 € p. a.), auf die Anwendung der Kleinunternehmer­regelung verzichtet Fiona aber (Wahlrecht).

Durch den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung erhält sie die gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 7.297,00 € vom Finanzamt erstattet. Gleichzeitig muss sie die Umsatzsteuer aus den Leasingraten an das Finanzamt abführen. Dies sind jährlich rund 1.245,00 €. (Hinweis: auf fünf Jahre begrenzen). Über die gesamte Laufzeit des Vertrags erhält sie somit 7.297,00 € vom Finanzamt erstattet und zahlt ca. 6.225,00 € über einen Zeitraum von fünf Jahren an das Finanzamt zurück.

Verkauf des Fahrzeugs durch den Ehegatten

Nach fünf Jahren wechselt Fiona von dem Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung der Kleinunternehmer­regelung. Im Jahr der Veräußerung muss sie somit auf die 20.000,00 € Verkaufserlös keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Eine Korrektur der erstatteten Vorsteuer beim damaligen Kauf erfolgt nach Ablauf von fünf Jahren ebenfalls nicht. Umsatzsteuerlich hat Fiona somit ein Vorteil von rund 1.072,00 € im Vergleich zu einem Kauf durch Finn erwirkt.

Einkommensteuerliche Abbildung

Arztpraxis

Finn macht in seiner Praxis die Leasingraten neben den sonstigen Kosten steuermindernd geltend. Dies sind in Summe p. a. rund 10.800,00 €. Dagegen muss Finn auch beim Ehegatten-Vorschalt­modell eine private Nutzung des Fahrzeugs versteuern. Dies sind unverändert rund 6.000,00 € p. a. In Summe macht Finn somit jährlich einen Kostenüberschuss von 4.800,00 € mit einem Steuersatz von 42 % steuermindernd geltend. Über einen Zeitraum von fünf Jahren handelt es sich um eine Gesamtsteuer­ersparnis von rund 10.080,00 €. Ein Veräußerungsgewinn ist von Finn, anders als im Ausgangsfall, nicht zu versteuern, da seine Frau Eigentümerin des Fahrzeugs ist und dieses veräußert.

Ehegatte

Fiona erzielt sonstige Einkünfte durch die Vermietung des Fahrzeugs an ihren Ehemann (keine gewerb­liche Tätigkeit laut Gesetz). Sie erzielt jährlich Nettoeinnahmen in Höhe von 12 x 546,00 € (Leasingrate) = 6.552,00 €. Dagegen kann Fiona die Abschreibung des Fahrzeugs in Höhe von 6.400,00 € jährlich gewinnmindernd geltend machen. So entsteht für Fiona jährlich ein Gewinn in Höhe von 152,00 €. Da dieser Gewinn unterhalb des Freibetrags von 256,00 € liegt, entfällt hierauf keine Steuerlast. Über einen Zeitraum von fünf Jahren hat Fiona somit keine Steuerbelastung.

Veräußerung des Fahrzeugs

Die Veräußerung des Fahrzeugs ist anders als im Ausgangsfall (bei dem Finn das Fahrzeug gekauft hat) für Fiona steuerlich nicht relevant. Es handelt sich um ein privates Veräußerungsgeschäft eines Gegenstands des täglichen Gebrauchs. Der Veräußerungsgewinn in Höhe von 20.000,00 € ist somit steuerlich nicht relevant.

Wann ist das Ehegatten-Vorschaltmodell sinnvoll?
 
  • Beim Erwerb eines Fahrzeugs, für das zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Praxisabgabe ein hoher Restwert erwartet wird. 
  • Bei Nutzung des Fahrzeugs ausschließlich durch den Leasingnehmer. Wird das Fahrzeug auch durch den Leasinggeber (hier der Ehepartner) genutzt, besteht die Gefahr, dass das Finanzamt die private Nutzung durch den Ehegatten ebenfalls der 1 %-Regel und der unentgeltlichen Wertabgabe der Umsatzsteuer unterwirft oder das Modell gänzlich versagt.
 

 

Fazit

Finn erzielt in unserem Beispiel bei der typischen Abbildung des Pkw im Betriebsvermögen über einen Zeitraum von fünf Jahren einen steuerlichen Vorteil von insgesamt rund 5.000,00 €. Durch die Gestaltung des Ehegatten-Vorschaltmodells erzielen Fiona und Finn gemeinschaftlich im gleichen Zeitraum einen steuerlichen Vorteil von rund 11.000,00 €. Wie Sie sehen, kann in ausgewählten Fällen das Ehegatten-Vorschalt­modell eine effektive Gestaltungsoption zur Steuerersparnis sein.

Da das Modell hohe gesetzliche Anforderungen und insbesondere komplexe steuerliche Komponenten rund um den Lebenssachverhalt der Ehegatten umfasst, raten wir Ihnen vor Umsetzung des Modells Kontakt mit Ihrem Steuerberater aufzunehmen, um die Anwendung des Modells dem Grunde nach prüfen zu lassen. 

Auf einen Blick

Was muss ich beim Ehegatten-Vorschaltmodell beachten?

  • Fremdübliche Konditionen des Leasingvertrags müssen fremdüblich vereinbart werden.
  • Es bedarf eines schriftlichen Vertr ags.
  • Die vertragliche Vereinbarung muss tatsächlich durchgeführt werden.
  • Keine Kaufoption des Praxisinhabers nach Ablauf der Leasinglaufzeit.
  • Eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten schränkt die Handlungsfreiheit ein.
 

 


1 Werte gerundet
2 Hinweis: Neben der privaten Nutzung des Pkw besteht auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Praxis eine Abzugsbeschränkung. Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis können nur mit der Entfernungspauschale steuerlich berücksichtigt werden. Aus Vereinfachungsgründen wird an dieser Stelle auf eine weitere Kürzung des Betriebsausgabenabzugs verzichtet.
3 Hinweis: An den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist Fiona fünf Jahre gebunden.
4 Hinweis: Auch die von Fiona an das Autohaus gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 7.296,00 € ist steuerlich betrachtet eine Ausgabe. Im Gegenzug stellt die Erstattung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt in gleicher Höhe eine Einnahme dar, sodass sich im Ergebnis hieraus keine Auswirkung ergibt.

*Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das ­generische Maskulinum verwendet werden. ­Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

Joachim Blum
Steuerberater, Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e. V.), 
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.)
Partner der Heilberufeberatung der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner
www.laufmich.de

Christoph Gasten
Dipl.-Finw., LL. M., Steuerberater 
Partner der Heilberufeberatung der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner
www.laufmich.de

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