Vorschlag: Einführung einer Vier-Tage-Woche in der Arztpraxis

Ein Vorschlag aus der Ärzteschaft sieht vor, Arztpraxen mittwochs zu schließen.

Der Virchowbund, Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands, hat Arztpraxen im Januar dazu aufgerufen, den Praxisbetrieb auf eine Vier-Tage-Woche umzustellen. Die ambulante Versorgung durch niedergelassene Haus- sowie Fachärztinnen und -ärzte könne wie bislang an den Tagen Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag stattfinden. Der Mittwoch soll dagegen zur Bewältigung der Bürokratie und zur Fortbildung genutzt werden. Die Versorgung von Akutfällen übernähme, wie z. B. an Wochenenden der ärztliche Bereitschaftsdienst (erreichbar unter der Nummer 116 117).

Arztpraxen unter Kostendruck

Die Arztpraxen stünden durch die steigenden Energiepreise und die Inflation unter enormem Kostendruck. Auf der anderen Seite stehe ein budgetiertes Finanzierungssystem und die Streichung von Geldern, wie aktuell durch die Abschaffung der Neupatientenregelung. Zudem bildeten die Finanzverhandlungen mit den Krankenkassen und dem mageren Plus von 2 % nicht die Kostenentwicklung ab. „Für uns ist deshalb klar: Leistungen, die nicht bezahlt werden, können auch nicht erbracht werden. Deshalb müssen wir unsere Leistungen einschränken“, sagt der Bundesvorsitzende, Dr. Dirk Heinrich. Er will dies unter anderem auch als Zeichen gegen die immer stärker ausufernde Bürokratie in den Arztpraxen und als Mittel gegen den Fachkräftemangel verstanden wissen. Im Schnitt sind niedergelassene Ärztinnen und Ärzte 61 Arbeitstage pro Jahr und Praxis mit Verwaltungsarbeit belastet – Tendenz steigend.

Der Verband sieht weitere Vorteile einer Vier-Tage-Woche in Arztpraxen:

  1. Eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich mache den Beruf der medizinischen Fachangestellten (MFA) attraktiver und Arztpraxen wieder zu nachgefragten Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Aktuell leiden 75 % der haus- und fachärztlichen Praxen unter dem Fachkräftemangel, da u. a. die Krankenkassen ausgebildete MFA mit deutlich höheren Gehältern abwerben. MFA haben bislang keinen staatlichen Corona-Bonus erhalten.
  2. Im Hinblick auf die Unterfinanzierung und Budgetierung des ambulanten Bereichs sei die Konzentration auf vier Tage zur Patientenversorgung ein wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Praxisführung und Kostensenkung. Nicht zuletzt könnten Arztpraxen durch den Schließtag auch einen Teil der Energiekostensteigerung abfangen, da sie – anders als die Kliniken – kein staatliches Hilfspaket empfangen.
  3. Eine Vier-Tage-Woche sei familienfreundlicher und mache die Niederlassung attraktiver für junge Ärztinnen und Ärzte, speziell gegenüber der Anstellung im Krankenhaus. Für bereits Niedergelassene sei die Umstrukturierung eine Chance, aus dem „Hamsterrad“ auszusteigen. Jeder vierte bis jeder dritte Niedergelassene fühlt sich durch die Arbeit ausgebrannt.

„Die politische Untätigkeit und Fehlsteuerung der letzten Jahrzehnte zwingt die Ärzteschaft die Notbremse zu ziehen“, kritisiert Heinrich. „Andernfalls drohen noch schlimmere Folgen, auch für die Patienten.“ Auf Initiative des Virchowbundes haben erste Kassenärztliche Vereinigungen begonnen, den Honorarverteilungsmaßstab anzupassen, etwa in Berlin und Hamburg.

Auch der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands sieht in dem Vorschlag eine deutliche Verbesserung der Arbeitssituation und ein geeignetes Mittel, um Praxen wieder wirtschaftlich betreiben zu können.

Quelle: Virchowbund Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V., Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa)

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